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Nach den Ausschreitungen in HeidenauEndlich scharfe Worte

Politiker äußern sich zu Flüchtlingen und dem rechten Mob in Heidenau – und werden für ihre Deutlichkeit gelobt. Zu Recht?

Zu Besuch in Heidenau: Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) Foto: reuters

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU)

Das sagt er: „Die Proteste waren friedlich angemeldet, unter Einfluss von Alkohol sind sie eskaliert, die Poilzei hat sie die Lage dann in Griff bekommen. Ich finde, wir können jetzt auch nicht jede Demonstration unter Generalverdacht stellen.“ (MDR)

„Diejenigen, die gegenüber Flüchtlingen, egal aus welchen Gründen sie nach Deutschland gekommen sind, Hass und Angst schüren und die Polizeibeamte angreifen und verletzen, stellen sich außerhalb unserer Wertegemeinschaft“

Das meint er: Diese Flüchtlinge sind einfach nach Deutschland gekommen. Und jetzt werden auch noch deutsche Polizisten verletzt. Das passt nicht zusammen mit unserer christlich-demokratischen Wertegemeinschaft.

So reagieren Medien: „Bundesinnenminister Thomas de Maizière verurteilte in scharfen Worten die Angriffe gegen Flüchtlinge in Heidenau“ (Tagesspiegel)

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU)

Das sagt er: „Hier sind Grenzen überschritten worden, die ich kaum noch in Worte fassen kann. Und da werden wir das Gewaltmonopol des Staates auch zum Einsatz bringen. Es kann nicht sein, dass Aslybewerber, Hilfskräfte oder Polizisten angegriffen werden aus blindem Hass.“

Das meint er: Diese Flüchtlinge haben unsere Grenzen überschritten. Und jetzt muss der Staat das ausbaden.

So reagieren Medien: „Dieses mal bleibt es nicht bei den üblichen Betroffenheitsbekundungen. Tillich kündigt erstmals eine harte Hand an.“ (ZDF)

„Um die Aslyantenunterkünft (sic!) wird zur Zeit eine Sonderzone eingerichtet...“ (ZDF)

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU)

Das sagt er: „Es hat Alkohol ‚ne Rolle gespielt, Menschen haben sich hochgeschaukelt. Das hat nichts mit Protest zu tun, wir werden uns das nicht gefallen lassen.“

Das meint er: Wegen so ein paar alkoholisierten Bürgern müsst ihr doch jetzt nicht so einen Aufriss machen.

So reagieren Medien: „Ulbig hatte bereits zuvor die Ausschreitungen scharf verurteilt.“ (Sächsische Zeitung)

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD)

Das sagt er: „Wir dürfen niemals tolerieren, dass Menschen in unserem Land bedroht oder angegriffen werden. Dagegen müssen wir mit aller Härte des Rechtsstaates vorgehen.“

Das meint er: Mit der Vorratsdatenspeicherung wäre das nicht passiert. Außerdem dürfen wir das scheinbar nicht tolerieren, können es aber trotzdem tun.

So reagieren Medien: „Bundesjustizminister Heiko Maas hat die Gewalt in Heidenau scharf verurteilt.“ (MDR)

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD)

Das sagt er: „Eine ernste Situation für uns alle. Wir lassen uns das nicht gefallen. Wir weichen auch nicht zurück.“

Das meint er: Das ist voll fies von den Typen da. Und unfair. Wir haben doch so viel für euch getan, damit ihr alle Jobs habt.

So reagieren Medien: „Dulig hat zu einem stärkeren gesellschaftlichen Engagement aufgefordert.“ (Leipziger Volkszeitung)

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5 Kommentare

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  • Also um auch etwas dazu gesagt zu haben: das sind nichts weiter als Aufforderungen der eigenen Meinung möglichst ungefiltert Raum zu verschaffen.

    Politischer Irrsinn ist nicht besser auszudrücken.

    MfG.

  • "unter dem einfluss von alkohol eskaliert..."

    Klingt ja fast so als wär der Innenminister gern selbst mitgelaufen, wäre da nicht dieser fiese Alkohol, der an allem Schuld ist!

    • @Der Packer:

      meine eltern haben ohne einfluß von alkohol hitler zugejubelt. allerdings auch ohne einfluß der lektüre seines buches mein kampf, daß ihnen wie allen ehepaaren zur trauung geschenkt wurde. jahre später meinten sie: "wie konnten wir nur?"

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Die Zusammenstellung von Herrn Wrusch ist sehr vielsagend. Maiziere schiebt es einfach auf den Einfluß von Alkohol. (Er schlägt vor, Alkohol bei Demonstationen zu verbieten) Tillich (war ein Jahr im Urlaub, hatte nichts mitbekommen bisher) kündigt erstmals eine harte Hand an. Ulbig und Dulig wollen es sich nicht gefallen lassen. (Man muss sich ja schließlich nicht alles gefallen lassen? Oder?) Herr Maas ist jetzt erstmal vorsichtig mit Aktionen, da er noch nicht weiß, wie das mit Netzpolitik.org ausgehen wird. Frau Merkel bezeichnet nach heftigem Drängen zu einer Stellungnahme die Geschichte als 'inakzeptabel'. (Sie hatte von dem Flüchtlingsproblem bisher auch noch nichts gehört). Herr Lammert findet sogar, daß es 'peinlich für unser Land' sei. Der Bundespräsident ist vollständig abgetaucht und fühlt sich nicht zuständig, da er selbst kein Flüchtling sei und laut Webseite 'über den Parteien stehe'. Sind wir durch diese hektischen Äußerungen der letzten 2 Tage der Lösung des Problems irgendwie näher gekommen? Nein, gar nicht. Das Flüchtlingsproblem besteht weiterhin. Die fremdenfeindlichen und rechtsradikalen Horden laufen weiter frei herum. Die Ursachen der Flüchtlingsströme werden noch nicht einmal diskutiert.

  • Das ist doch Quatsch, wenn ein Innenminister sich darauf bezeiht, dass Demonstrationen friedlich angemeldet worden seien. Ist schon jemals eine Demonstration angemeledet worden, die offen eingestanden unfriedlich sein wollte??? Und doch reicht dann die Intelligenz der CDU um bei zart linken Demos nicht so gewollten Umtrieben einen Riegel vorzuschieben, von denen die Städte vor der Genehmigung über das Innenminsiterium informiert werden. Warum ist der Elan der CDU in einigen BUndesländern dabei also so gering?

     

    Wenn die Demonstrationen unerwartet oder unverhinderbar doch unfriedlich werden, wäre doch der Einsatz des Instrumentariums von Wasserwerfern bis sonst was auch mal bei Rechten drin. Es geschieht nicht? DIe identifizieren sich latend auch mit rechtsextremen Demonstranten. Oder um es mal mit der CDU-Kandidatin als nächste Minsiterpräsidentin von Rheinlnad.Pfalz zu sagen: Der Hitlergruß ist eine Meinungsbekundung. Interessant dabei: Es handelt sich um eine Vertraute der Kanzlerin.

     

    Und scharfe Worte? Es sind längst scharfe taten dringlich. Die CDU hinkt der Zeit hinterher und begreift es wie bei der Atomkraft wohl erst, wenn wiederholt ein GAU auftritt. Wieviele Chancen aber haben wir in dem Fall? Wir brauchen lernfähigere Politiker.