Nach dem Putsch des Militärs: Todesfolter in Myanmar
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft der Militärjunta in Myanmar vor, Oppositionelle zu Tode zu foltern.
Darin dokumentiert HRW sechs Fälle zwischen Mai und Juli 2022 zu Tode gekommener Gegner der Junta aus den Regionen Yangon, Mandalay und Sagaing. Fünf Personen seien innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Verhaftung oder ihrem Verhör gestorben.
Die Leichen zeigten laut einer von HRW angefragten Notärztin Spuren an Körper oder Kopf, die auf Folter hindeuteten: „Es gibt so viele Anzeichen von Missbrauch und Folter, dass es schwer ist, genau zu bestimmen, was letztendlich zum Tod der Menschen führte.“ Der Bericht nennt verbrühte und mit Säure verätzte Haut, fehlende Zähne, gebrochene Knochen, tiefe Wunden und schwere Blutergüsse.
Bei den sechs dokumentierten Fällen, zu denen Zeugenaussagen gesammelt werden konnten, handelt es sich laut der HRW-Myanmar-Expertin Manny Maung nur um „die Spitze des Eisberges“.
Tod im Militär und Polizeigewahrsam an der Tagesordnung
Die myanmarische Menschenrechtsorganisation Assistance Association for Politicial Prisoners (AAPPB) beziffert die Zahl der in Polizei- und Militärstationen seit dem Putsch zu Tode Gekommenen auf mindestens 73. Die Gesamtzahl der kurz nach ihrer Festnahme Getöteten gibt AAPPB sogar mit mindestens 690 an. Oft seien die Menschen im Rahmen von Militäroperationen in Gebieten ethnischer Minderheiten getötet worden.
AAPPB gibt die Gesamtzahl der seit dem Putsch vom Militär getöteten Zivilisten mit 2.273 und der noch Inhaftierten mit 12.355 an (Stand Montag).
Die im Untergrund operierende Gegenregierung, die sich Nationale Einheitsregierung (NUG) nennt, hat am Montag die Zahl der in den letzten elf Monaten getöteten sogar Zivilisten mit mindestens 3.010 angegeben, die das oppositionsnahe Webportal Irrawaddy berichtete. Demnach seien von Juntakräften auch 20.153 Gebäude zerstört worden.
HRW beklagt, dass die Junta nur wenige Todesfälle in Gewahrsam zugebe und dann meist Vorerkrankungen oder Herzversagen verantwortlich mache. Untersuchungen über die Todesursache würden nie eingeleitet. Ein Attest oder Angaben zur Todesursache hätten die Angehörigen in den dokumentierten Fällen nicht erhalten, selbst wenn es Autopsien gab. Vielmehr seien Familien unter Druck gesetzt worden, die Leichen sofort einzuäschern.
Nach Einschätzung von HRW stellen die weit verbreiteten und systematischen Übergriffe der Junta seit dem Putsch – darunter Mord, Folger und unrechtmäßig Verhaftung – Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!