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Nach dem Machtwechsel in der AfDDurchmarsch des rechten Flügels

Die Stellvertreter der neuen Parteivorsitzenden bestätigen den Rechtsruck in der Führungsmannschaft. Der Lucke-Flügel wird abgestraft.

Die Vorsitzende und ihr Stellvertreter Jörg Meuthen (li.) Foto: dpa

Essen taz | Er wird es nicht leicht haben. Jörg Meuthen, der neben Frauke Petry bis Dezember zweiter Vorsitzender der AfD ist und danach ihr Stellvertreter wird, sagt von sich, dass er für keinen der Flügel in der AfD stehe. Doch er soll die Wirtschaftsliberalen im Bundesvorstand vertreten.

Wobei die Frage ist, wie groß dieser Flügel nach der Niederlage Bernd Luckes gegen Frauke Petry künftig noch sein wird – und ob er von irgendjemand im Bundesvorstand dabei Unterstützung bekommen wird.

Jörg Meuthen, 54, verheiratet und Vater von fünf Kindern, Professor für Volkswirtschaft und Finanzwissenschaft an der Hochschule Kehl, ist stellvertretender Landeschef in Baden-Württemberg. Er kandidierte für die AfD bei der Europawahl.

Die drei Vizechefs der Partei kommen allesamt aus dem rechten Lager: Der Nationalkonservative Alexander Gauland, Fraktionschef in Brandenburg, ist wieder dabei. Bevor er die AfD mit gründete, war er vierzig Jahre Mitglied der CDU. Bei seiner Vorstellung sagte dieser unter Jubel, er sei „gegen rote Linien in der Partei“. Er bekam fast 84 Prozent der Stimmen.

EU als „linksradikales Projekt“

Zweite Stellvertreterin ist die Lebensschützerin Beatrix von Storch, die für die AfD im Europarlament sitzt und gerne gegen Abtreibung und Gendermainstreaming polemisiert. 2014 nahm sie an einer Demonstration von Lebensschützern teil, die ein generelles Verbot von Abtreibung und Sterbehilfe forderten. Sie bekam fast 87 Prozent.

Der dritte Stellvertreter, Albrecht Glaser aus Hessen, gilt als Intimfeind Luckes und beschrieb die EU bei seiner Vorstellung als „linksradikales Projekt“. Als Besitzer wurden bis zum Redaktionsschluss unter anderem Julian Flak von der Jungen Alternative aus Hamburg, der ehemalige ARD-Korrespondent Paul Hampel und Alice Waidel aus Niedersachsen gewählt, die bei ihrer Vorstellung eine Tirade gegen die etablierten Medien losließ.

Die Gewählten haben eines gemeinsam: Sie stehen alle auf einer Liste, die der rechte Flügel zu Beginn des Parteitags unter dem Mitgliedern verteilt hat. Die Überschrift: „Für eine gemeinsame und starke AfD ohne den Weckruf“.

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14 Kommentare

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  • die AFD wird sich wie die Lega Nord an der Front National orientieren und den Nationalismus erneuern. Dafür sind monetaristischen Einzelthemen nicht breit genug.

    Marine LePen wurde bereits im Bremer Weser-Kurier interviewt, nach dem FN-Parteitag in Lyon 2014.

    Die Medien werden die AFD weiter salonfähig machen.

  • @DERKOMMENTATOR:

    Die Wählenden balgen sich in der Mitte. Ja. Aber Petry fischt im Tümpel der Nichtwähler. Wie viele der Wahlberechtigten das sind, wissen Sie vermutlich.

     

    (Und Vorsicht vor sogenannten MenschenfischerInnen. Wie alle Petry-Jünger haben sie mit ihrem Fange nur eines im Sinn: Sie hauen ihn in die Pfanne.)

  • Es wird die AfD Wähler kosten. Bei den letzte Wahlen kamen viele Stimmen von CDU, FDP, Linken... und nur sehr wenige von rechten Parteien. Es ist einfach so: Wenn man nicht gerade in Dresden lebt, liegt das Wählerpotential in der politischen Mitte. Warten wir mal ab, wie es weitergeht.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Die Auswirkungen dieses Rechtsrucks werden viel schlimmer sein als man jetzt wahr haben will. Die etablierten Parteien werden sich allesamt nach rechts wenden. Die CSU ist längst selbst zu einer (mindestens) rechtpopulistischen Krawallbude geworden, CDU folgt in weiten Teilen auf dem Fuße und die SPD? Die werden genau das Gleiche tun. Die Grünen? Wenn sich da nicht sehr bald die Basis wehrt, dann werden dort auch die Lenkbewegungen nur noch in eine Richtung gehen...

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @1714 (Profil gelöscht):

      Wenn die AfD die gerade von der SPD freigeräumte soziale Flanke besetzt, könnte es brenzlig werden. Wirtschaftsliberale weg, Weg frei für das Nationale und Soziale.

    • @1714 (Profil gelöscht):

      Die CSU hat immer für sich beansprucht, dass es keine Partei rechts von ihr im Parlament geben darf. Eine "rechtspopulistische Krawallbude" war das ja von Anfang an. Nur im Parlament drückt man sich etwas vornehmer aus.

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @1714 (Profil gelöscht):

      Tja, so funktioniert das stumpf-, blöd-, wahn- und schwachsinnige Surfen auf dem Zeitgeist des Kreislaufes des geistigen Stillstandes seit der "Vertreibung aus dem Paradies" eben - nur die gebildete Suppenkaspermentalität auf systemrationaler Sündenbocksuche wundert sich und strampelt beharrend auf ihr "verantwortungsvolles" Demokratieverständnis in Kreuzchen auf dem Blankoscheck, damit die "Treuhänder" dieses ... verdammtnochmal ... ;-)

  • Auweia, jetzt kommt der gemeine Pegidiot & AfD-Fanboy aber arg in Argumentationsnöte: Armin Paul Hampel (ex Bonner Generalanzeiger, ex-SAT1/RTL, ex-MDR) als neuer Stellvertreter) also "Lügenpresse" plus "GEZ-sozialistisch-gesponsortes Mainstreammedien-Objekt!

     

    Vielleicht können die den ja als Konvertiten der Öffentlichkeit verkaufen. Solche sind bei Fundamentalisten, Schwulen- oder Immigrantenhassern ja immer gern gesehen.

  • Sehr geehrte Sabine am Orde,

     

    Sie benutzen den euphemistischen Begriff Lebensschützerin ohne zu apostrophieren oder ihn klar(er) als Propagangdabegriff der Rechte einzuordnen.

     

    Wie wäre es stattdessen so? "Zweite Stellvertreterin ist die Lebensschützerin[ultra-/Rechtskonservative] Beatrix von Storch [...]"

     

    Viele Grüße

  • Man kann das irgendwie nicht verstehen, warum Frau Petry dem rechten Flügel angehört.

     

    Ihr Mann ist ein Pfarrer.

    Sie lebt in einem Pfarrhaus.

    Sie selbst war getauft worden.

     

    Aber Christentum erlaubt keine Diskriminierung z.B. von Flüchtlingen oder anders denkenden.

     

    Vor allem ehrenamtlich wirkt Frau Petry im Gleichstellungsbeirat des Freistaates Sachsen mit! Und nach dem Gleichbehandlungsgesetz dürfen keine Menschen (z.B. Flüchtlinge) aufgrund der Herkunft irgendwie benachteilt werden. Auch aufgrund einer anderen Religion (z.B. Muslime) dürfen lt. dem Gleichbehandlungsgesetz in keiner Weise benachteiligt werden. Und die Politik des rechten Flügels der AfD ist besonders gegen Flüchtlinge und Muslime ausgerichtet.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Stefan Mustermann:

      Manche nennen es Widersprüche.

       

      Von einigen Mafiabossen ist bekannt, dass sie ihre Gegner zwar massakrieren ließen, zugleich aber äußerst kinderlieb waren. Sehr anschaulich kommt dieses Thema - zugespitzt - in der Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde zum Tragen.

       

      Vielleicht ist die politische Seite von Frau Petry eine Mrs. Hyde?

    • @Stefan Mustermann:

      Die CDU/CSU ist genau so drauf, achtet meist nur mehr auf ihre Wortwahl. Auch Christen.

    • @Stefan Mustermann:

      Eine Wolfin im Schafspelz?!

  • Die AfD verabschiedet sich: Statt einer bürgerliche Protestpartei, wird sie eine Parte mit Ausschlag nach Rechts und Rechtsextrem - einem Politikmodell, was nicht populär ist und was regelmäßig bei Wahlen verliert. Die AfD endet offenbar wie Schill und STATT vorher. Bislang scheint es in Deutschland unmöglich, eine neue bürgerliche Partei zu gründen. Die CDU und CSU trinken derweil Champagner - ein Ende der AfD ist in Sicht. Auch das selbstgefällige und pseudo-freundliche Auftreten der Gewinner wird ein übriges tun, um diese Partei auf den Schrottplatz zu bugsieren. Aber: Sie wollen es so, sie wollten es und sie wußten, was sie taten.