Nach dem Machtwechsel im Kongo: Das sind neue Töne
Im Kongo protestieren Studierende gegen die Erhöhung der Studiengebühren. Präsident Tshisekedi unterstützt sie und verurteilt die Polizeigewalt scharf.
Kaum im Amt, sieht sich Kongos neuer Präsident Félix Tshisekedi mit der sozialen Frage konfrontiert – in dem bitterarmen 90-Millionen-Einwohner-Land ist das Überleben für die Mehrheit der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Vier Menschen starben am Sonntag in der südlichen Bergbaumetropole Lubumbashi, als die Polizei gegen demonstrierende Studenten vorging. Die Protestierenden forderten Strom und fließendes Wasser an der Universität sowie eine Senkung der Studiengebühren.
Am Montag weiteten sich die Proteste auf eine Hochschule in Bukavu im Osten des Landes aus sowie auf die technische Hochschule der Hauptstadt Kinshasa. Auch der öffentliche Nahverkehrsbeteiber Transco in Kinshasa trat wegen unbezahlter Löhne in den Ausstand.
Grund für die Studentenproteste ist die Erhöhung der zu jedem Semesterbeginn fälligen Einschreibgebühr von 9.200 auf 16.050 kongolesische Franc (von 5 auf 8,60 Euro) zum Jahreswechsel. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen im Kongo liegt bei knapp über einem Euro am Tag. Die Proteste am Montag blieben friedlich, nachdem am Sonntag in Lubumbashi drei Studenten von der Polizei erschossen und ein Polizist getötet worden waren.
Präsident Tshisekedi verurteilte am Montag die Polizeigewalt scharf. Die von seinem neuen Kabinettschef Vital Kamerhe unterzeichnete Erklärung kondolierte den Hinterbliebenen aller Toten, sprach von „legitimen Forderungen“ der Studierenden und kritisierte, Polizeikommissar Bertin Yaweh habe „befohlen, ohne Vorwarnung auf friedliche Studenten zu schießen, als diese eine Audienz mit dem Provinzgouverneur von Oberkatanga verließen“. Der Kommissar werde suspendiert und vor ein Militärgericht gestellt, die Gebührenerhöhung sei ausgesetzt.
Der erste friedliche Machtwechsel
Das sind neue Töne in der Demokratischen Republik Kongo. Tshisekedi, Führer von Kongos ältester Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), hatte das Amt des Präsidenten am 24. Januar von Joseph Kabila übernommen, nachdem er zum Sieger der Präsidentschaftswahl vom 30. Dezember erklärt worden war.
Zwar sind sich die meisten unabhängigen Beobachter einig, dass Tshisekedis Sieg das Ergebnis von Fälschungen war. Den eigentlichen Wahlsieger Martin Fayulu vom größten Oppositionsbündnis Lamuka wollte das Kabila-Lager verhindern und mit der Bevorzugung Tshisekedis spaltete es die Opposition. Dennoch richten sich jetzt große Erwartungen auf den ersten friedlichen Machtwechsel in der Geschichte des Landes. Jubelnde UDPS-Anhänger skandierten bei der Amtseinführung am Donnerstag ihre alte Parteiparole „Das Volk zuerst“.
Wie weit Tshisekedis Macht geht, wird sich erst noch zeigen: Im Parlament, das am Montag erstmals neu gewählt zusammentrat, und damit auch in der zukünftigen Regierung behält das Kabila-Lager die Mehrheit. Aber immerhin versöhnt er mit seinen ersten Schritten auch solche Oppositionellen, die ihm zuvor Ausverkauf an Kabila vorgeworfen hatten.
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