Nach dem Krim-Referendum: Die Fronten sind geblieben
Nach dem deutlichen Ausgang des Referendums bereitet Russland die Aufnahme der Krim vor. Barack Obama will dagegen das Ergebnis niemals anerkennen.
MOSKAU/BRÜSSEL rtr/dpa | Bei dem Referendum über einen Anschluss der Krim an Russland stimmten dem amtlichen Endergebnis zufolge 96,77 Prozent für einen Anschluss. Die Beteiligung lag bei etwa 82 Prozent.
Das russische Parlament wird nach den Worten des Vizepräsidenten der Staatsduma, Sergej Newerow, schon in naher Zukunft die gesetzlichen Grundlagen für die Aufnahme der Krim-Region in die Russische Föderation schaffen. „Die Ergebnisse des Krim-Referendums zeigen eindeutig, dass die Bewohner der Krim ihre Zukunft als Teil Russlands sehen“, sagte Newerow am Montag. Auch der Vizepräsident des Oberhauses, des Föderationsrates, Iljas Umachanow, sagte, er rechne mit keinen Verzögerungen. Die beiden Parlamentskammern würden so rasch wie möglich die nötigen Entscheidungen treffen.
Der Aufnahmeantrag der Krim wird zunächst Staatspräsident Wladimir Putin zugeleitet. Dieser reicht das Ansinnen an die Parlamentskammern weiter, die dann einen Vertrag zwischen Russland und der Krim ausarbeiten. Wenn dieser unterzeichnet ist, muss der russische Verfassungsgerichtshof den Vertrag absegnen. Danach stimmen erneut Staatsduma und Föderationsrat ab.
Kurz nach dem Referendum kündigte die moskautreue Krim-Führung für diesen Montag eine Sondierungsreise nach Russland an. „Eine Delegation wird in Moskau den Prozess eines Beitritts zu Russland besprechen“, teilte Regierungschef Sergej Aksjonow in Simferopol mit. In der Stadt bejubelten Tausende Menschen den nun möglichen Beitritt der Krim zur Russischen Föderation. Der zentrale Leninplatz war in ein Meer aus russischen Fahnen und Krim-Flaggen gehüllt.
Der Westen bleibt bei seiner Linie
Weder die Ukraine noch der Westen erkennen das Ergebnis an. Die EU und die USA verurteilten den Volksentscheid als eklatanten Bruch des Völkerrechts.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kündigte eine deutliche Reaktion an. Er sagte der Bild-Zeitung (Montag): „Auf das völkerrechtswidrige Referendum auf der Krim wird Europa eine klare und bestimmte Antwort geben.“ Die Lage sei „hochgefährlich“, dennoch müssten sich „jetzt alle Anstrengungen darauf richten, eine weitere Eskalation zu vermeiden“.
In einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama verwies der russische Präsident Wladimir Putin auf das freie Recht der Menschen zur Selbstbestimmung. Nach Angaben der Regierung in Moskau betonte Putin zudem, die neue ukrainische Führung tue nichts gegen„ ultranationalistische und radikale Gruppierungen, die die Lage destabilisieren und friedliche Bürger terrorisieren“.
Obama bekräftigte, dass die USA und die internationale Gemeinschaft die Abstimmung auf der Krim niemals anerkennen werden. Die Abstimmung verletze die Verfassung der Ukraine und habe unter Druck einer russischen Militärintervention stattgefunden, sagte Obama nach Angaben des Weißen Hauses. Er signalisierte weitere Sanktionsschritte in Zusammenarbeit mit der EU. Eine diplomatische Lösung sei nicht möglich, solange russische Truppen weiter auf ukrainischem Gebiet stünden.
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