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Nach dem Anschlag von CharlestonRassistisches Manifest

Die Einschusslöcher an der Kirche werden entfernt, damit ein Gottesdienst abgehalten werden kann. Ein Text des mutmaßlichen Täters wird bekannt.

Blumen in der Nähe des Tatortes in Charleston Foto: reuters

Charleston ap | Vier Tage nach dem Massaker von Charleston will die überwiegend schwarze Gemeinde der betroffenen Kirche am Sonntag einen Gottesdienst abhalten. Vertretern der Emanuel African Methodist Episcopal Church zufolge wird ein sehr emotionaler Dienst mit etlichen Teilnehmern erwartet. Bereits am Samstag wurde eine kleine Gruppe Gemeindemitglieder in das Gotteshaus geführt, um einen ersten Eindruck von den Räumen nach der Tötung von neun Menschen am Mittwoch zu bekommen.

Außerhalb der Kirche ziehen die USA die Schlüsse aus dem Massaker des 21 Jahre alten mutmaßlichen Täters Dylann R., der am Mittwoch knapp eine Stunde an einem Bibelkreis in der Kirche teilgenommen und dann auf die Gläubigen geschossen haben soll. Zum einen wurden die landesweit geführten Debatten über eine Reform der Waffengesetze sowie Gewalt gegen Schwarze durch die Tat befeuert. Zum anderen wurde eine Kontroverse über die historische Flagge der Südstaaten entfacht.

Reinigungspersonal säuberte am Samstag den Innenraum der Kirche, damit am Sonntag der Gottesdienst stattfinden konnte. Einschusslöcher seien am Tatort herausgeschnitten worden, damit man die eigentlichen Einschläge nicht mehr sehen könne, sagte das 75 Jahre alte Gemeindemitglied Harold Washington.

Hunderte Menschen zogen am Wochenende in verschiedenen Märschen durch die Stadt im US-Staat South Carolina, um den Opfern zu gedenken und gegen Rassismus zu demonstrieren. Bei einem friedlichen Zug riefen die Teilnehmer „Schwarze Leben zählen“ und „Wir können nicht mehr“, auf einem anderen „Stoppt weißen Terrorismus“.

Symbol des Hasses

Eine andere größere Menge protestierte dagegen, dass die Flagge der Konföderierten vor dem Regierungssitz von South Carolina gezeigt wird. „Nehmt sie runter!“, riefen die Demonstranten. Diese sei ein Symbol des Hasses, nicht des Erbes vergangener Tage. Anschließend sangen sie das Bürgerrechtslied „We Shall Overcome“ (“Wir werden es überwinden“). Eine genaue Zahl der Protestierenden wollte die Polizei nicht nennen, sprach aber von Hunderten, wenn nicht Tausenden Menschen.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat von 2012, Mitt Romney, forderte, die Flagge der Konföderierten ab sofort nicht mehr vor dem Regierungssitz von South Carolina zu zeigen. „Zieht sie ein, um die Opfer von Charleston zu ehren“, schrieb er auf Twitter. Bereits zuvor hatte US-Präsident Barack Obama gesagt, die Flagge gehöre ins Museum. Bürgerrechtsaktivisten äußerten sich ähnlich.

Die Flagge zeigt auf rotem Grund ein blaues Kreuz mit den 13 Staaten, die sich im 19. Jahrhundert im Streit über die Sklaverei abspalten wollten und im amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 gegen die Zentralregierung in Washington kämpften. South Carolina war der letzte Staat, der das Symbol noch auf der Kuppel seines Parlamentsgebäudes aufzog. Im Jahr 2000 wurde der neun Meter hohe Flaggenmast allerdings versetzt und steht nun nur noch in der Nähe des Regierungssitzes.

Manifest im Internet

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton sprach eine Reform der Waffengesetze an. Ihr Ziel sei ein Waffenrecht nach gesundem Menschenverstand, sagte Clinton in San Francisco.

Das FBI steckt währenddessen in den Ermittlungen zu einem rassistischen Pamphlet, das am Samstag im Internet entdeckt worden war. Es ist nicht klar, ob R. es selbst geschrieben hat. Auf Bildern, die dem Schreiben beigefügt sind, ist er mit der Flagge der Konföderierten zu sehen, außerdem gibt es eine Nahaufnahme einer Pistole des Kalibers, das in der Kirche benutzt wurde.

In dem sogenannten Manifest versichert der Autor, er sei nicht in einer rassistischen Haushalt aufgewachsen. Doch habe er sich zu Gewalt entschlossen, nachdem er im Internet über kriminelle Taten Schwarzer gegen Weiße recherchiert habe. Er habe Charleston wegen des hohen Anteil von Schwarzen gewählt.

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23 Kommentare

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  • man macht sichs leicht, Waffengesetz keine Waffen keine Morde, . ne ne., das ist mir zu einfach. möglicherweise haben wir Menschen uns selber und unsere Welt nicht im Griff, dass jemand eine Waffe hat, sagt nix über sein Tun aus !

    • @Georg Schmidt:

      Das unbegrenzte Vertrauen in dne vermeintlich realen Schutzzweck der Norm ist wohl eher "typisch deutsche Obrigkeitsgläubigkeit"?

       

      Morde sind ja so schon verboten, und die zugehörige Rechtslage schein das nur begrenzt verhindern zu können?

  • Was auffällt: Daß ausgerechnet dieser Täter nicht von der Polizei erschossen wurde.

  • Das US-Waffenrecht ist das Grundübel in den USA. Weniger Waffen, weniger Erschossene, so einfach ist das.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Warm haben Sie sich eigentlich entschlossen solche Hypothesen ohen Methodik und Begründung ad nausemam vorzutragen.

       

      Sachlich richtiger wird dieser Unfug dadurch auch nicht.

       

      Und falls es Ihnen weiterhilt, es gibt kein "US-Waffenrecht". Auf Bundesebene ist da eher wenig...

       

      Es handelt sich um county- und Staatsrechte. Nur für den Fall das Sie Ihre Hypothese nochmal überarbeiten wollen.

      • @KarlM:

        Überarbeiten Sie doch erstmal Ihre eigenen Hypothesen.

         

        Meine können Sie ja gern zu widerlegen versuchen, aber bitte streng wissenschaftlich.

      • @KarlM:

        Fakt ist, dass ein Staat existiert, der USA heißt, und dort gibt es auch ein Waffenrecht. Wie das geregelt ist, ob auf Bundes- oder Country-Ebene ist doch erst mal zweitrangig. Allerdings ist es schon bedenklich, wenn eine derart wichtige Sache nicht auf Bundesebene geregelt ist, finde ich.

        • @solde:

          Ich würde mir ungerne z.B. von einer Mehrheit aus Bayern, Schwaben, Sachsen, Rheinländern usw. vorschreiben lassen, dass ich bei mir in Niedersachsen ein Gewehr tragen müsste.

           

          Warum sowas staatlich einheitlich geregelt werden soll, müssten Sie mal erläutern.

        • @solde:

          Diese Antwort beweist nur völlige Unkenntnis der Verfassungsordnung der USA. In den USA Liegt *jegliche* Gesetzgebungskompetenz bei den Einzelstaaten. Der Bund hat innenpolitisch nur wenige Kompetenzen und gewisse Anexkompetenzen. So hat auch jeder US-Bundesstaat z.B. sein eigenes Strafrecht. Dinge, wie die Frage, ob auf Mord die Todesstrafe steht, entscheidet also jeder Staat für sich. Der Bund hat diesbezüglich keinerlei Kompetenz. Diese Vielfalt haben die USA groß gemacht. Also ist *selbstverständlich* auch das Waffenrecht auf Einzelstaatenebene geregelt.

  • Da ist aber schlecht recherchiert worden, au weia. 1. Die fragliche "Rebel Flag" war historisch gesehen, die Battle Flag von North Virginia . Sie war zu keinem Zeitpunkt des amerikanischen Bürgerkrieges jemals die Flagge der Konföderierten. 2. Die 13 Sterne stehen mitnichten für "die" 13 Staaten, die sich abspalten wollten. Zum einen bestanden die CSA, je nach Stichtag, überhaupt nicht aus 13, sondern aus 11, 14 oder 16 Staaten, vor allem aber symbolisieren die 13 Sterne der Rebel Flag die sog. Thirteen Colonies, also jene Gründerstaaten, die sich ursprünglich zu dem Staatenbund "USA" zusammengeschlossen hatten. Damit sollte Bezug auf die, aus Sicht des Südens, "ursprünglichen" Intentionen der Gründung der USA genommen werden, womit wir auch, 3., beim eigentlichen Kriegsgrund wären. Es ging um die Frage: Bund souveräner Staaten oder zentral regierter Bundesstaat? Die Frage des Sklaverei war zum einen nur der Auslöser, zum anderen herrschte auch in einem beträchtlichen Teil der Nordstaaten Sklaverei. So eindeutig wie in dem Artikel nahegelegt steht die Rebel Flag nicht für Sklaverei oder Rassismus (so gibt es übrigens in der black community des Südens auch Bestrebungen einer subversiven Aneignung, nicht zuletzt, um die Bandbreite dessen zu erweitern, was als "southern heritage" erzählt wird). Und die meiste Zeit hat die Sklaverei in USA unter den "Stars and Stripes" verbracht, die insofern genauso für Sklaverei stehen müssten - oder eben genauso nicht. Dass ändert alles freilich nichts an dem Umstand, dass die Rebel Flag für viele Schwarze eine Zumutung ist, nicht zuletzt, weil sie von vielen Rassisten als genau solche gemeint ist. Es ist komplex...

    • @Heide Gehr:

      Und was ändert das nun an der Tatsache, daß 9 Menschen von einem Rassisten erschossen worden sind?

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Hä? Dieses Verbrechen ungeschehen machen oder allgemein den schlechten Lauf der Dinge nachträglich ändern zu können ist eine Ewartung, die wohl JEDEN Leserkommentar überfordern muss. Ich hatte nur auf Aussagen in dem Artikel Bezug genommen, die mir nicht gut recherchiert erschienen.

  • Ich dachte immer, die Idee, man könne Löcher einfach ausschneiden, wenn man sie nicht mehr sehen will, sei ein nicht besonders lustiger Witz...

    • @mowgli:

      Nun, warum sollten Leute, die an einen rauschebärtigen alten Mann oben in den Wolken glauben, der Vater eines von einer Jungfrau geborenen Kindes ist, welches später in den Himmel auffuhr, nicht auch glauben, daß man Löcher durch ausschneiden entfrenen kann?

  • Wenn etwas "ein Symbol des Hasses" ist, dann kann es durchaus zugleich auch eines des "Erbes vergangener Tage" sein. Wer das nicht realisiert hat bsiher, der weiß von Deutschland wahrscheinlich nicht sehr viel mehr, als dass sie da Lederhosen tragen, Oktoberfest feiern, Schlange stehen vor Neuschwanstein und wenn sie nicht gerade besoffen sind den Mercedes bauen. Der Rest ist höchstens Hollywood-Klamauk.

  • Schon wieder lügt eine Präsidentschaftskandidat..

    genau wissend das es hauptsächlich county- und Staats-Rechts" ist...

     

    Aber leider sind solche sinnlosen "Vorschläge" bereits Tradition.

    • @KarlM:

      Sie müßten ja schon von Berufs wegen wie auch als Waffennarr und NRA-Fan an Lügen gewöhnt sein. Stellen Sie die auch alle in Frage?

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Ganz schön mutig sich anzumaßen mir eine "Törichte" Einstellung zu unterstellen.

         

        Fragt sich nur warum Sie meinen dafür die Bewertungskompetenz zu haben?

         

        Immerhin haben Sie ja nun eine Projektionsfläche gefunden...

        • @KarlM:

          "Ganz schön mutig sich anzumaßen mir eine "Törichte" Einstellung zu unterstellen."

           

          Soll das eine Drohung sein?

           

          Und warum sollten Sie über eine Bewertungskompetenz verfügen, die Sie anderen Leuten absprechen?

          • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

            Aber ganz und garnicht!

             

            Ich unterstelle Ihnen, wie den meisten meiner Kritiker denkende Menschen zu sein! Alles was ich kritisiere ist die schlecht fundierte Entscheidungsgrundlage die bei diesen Kommentaren durchscheint!

             

            Nun mach ich meine Arbeit schon eine Weile und habe so eine Einschätzungsmöglichkeit die absehbar recht weitgehend ist. Erkenntnisstand:

             

            Vor 2000 war bekannt das sich mit einfachen Baumarkartikeln jede Munition, auch selbst laborierte mit ca. 8-10 Schuss Minute verschießen läßt.

             

            Dann kam Luty, wir haben natürlich seine MP und Kurzwaffenanleitungen nachgebaut und getestet. AUS und GB leider auch schon darunter das solche Baumarkt-PMs mit vollst Teileliste und ohne Fräse/Drehbank einfach zusammengesteckt werden können:

            https://www.youtube.com/watch?v=Dv33pCUkLRM

             

            Das sind 3 Tage Bastelarbeit... und damit können 120 -150 Schuss/min abgegeben werden.

             

            Dann noch die Arbeiten der HöV Bremen, die in Folge von Winneden nach 2011 untersuchten wie das tatsächliche Gefahrenpotenzial ist. Da weißt u.a. ein Bremer Ballistiker nach, wie sich -deutlich primitiver als Luty- mit nur minimal verändertem Stahlrohr 20-30 gezielte Schüsse/min mit konventioneller und selbst laborierter Munition abgeben lassen. Dazu gibt es auch aktuelle Arbeiten die sich der elektronischen Schussauslösung widmen und so enorme Feuergeschwindigkeiten erreichen..

            dafür braucht es wedre Spezialmaschinen noch teife technische Kenntnisse. Es gibt ubiquitär Bauanleitungen als Text und Bilddokument, das kann jeder nachbauen.

             

            So ist in etwa mein Erkenntnisstand.

            • @KarlM:

              Und warum soll Ihre Arbeit Ihnen eine realistischere Einschätzung der US-Waffengesetze und ihrer gesellschaftlichen Auswirkungen ermöglichen? Sind Sie etwa Soziologe?

    • @KarlM:

      Auch ich finde, dass die Zustände, die da geschildert werden, zum wahnsinnig werden taugen. Aber wenn wir nun alle (taz, KARLM, Mowgli etc.) aufhören, uns um eine verständliche Ausdrucksweise zu bemühen, ist auch keinem geholfen.

      • @mowgli:

        Völlig richtig, die geschilderten Zustände von jahrhundertelangem "Rassenhass" und dessen fortgesetzter Duldung sind eigentlich einer sauberen Analyse wert.

         

        Dazu will ich gerne Sachinformation beitragen, was auch den Verweis auf die bisherigen recht sinnfreien, da ohne erkennbaren Sicherheitsgewinn vorgetragenen , "Verschärfungsvorschläge".