Nach Verbot durch Innenminister: Hamas-Spendenverein verteidigt sich
Die wegen Spenden an Hamas-Sozialvereine verbotene IHH wirft dem Innenminister rechtswidriges Verhalten vor. Doch Geld gab sie auch an Organisationen, die "Märtyrer"-Familien helfen.
BERLIN taz | Bisher galt Mustafa Yoldas als moderater Vertreter der islamistischen Milli-Görüs-Bewegung. In Hamburg verhandelt der Arzt als Vorsitzender des Rates der islamischen Gemeinschaften mit dem Senat über einen Staatsvertrag. Doch seit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Montag die "Internationale Humanitäre Hilfsorganisation" (IHH) wegen Transfers an Sozialvereine der Hamas in Höhe von 6,6 Millionen Euro verboten hat, steht Yoldas als Terrorunterstützer da. Denn zuletzt war er auch Vereinsvorsitzender der IHH.
Am Mittwoch hat Yoldas in Berlin vor der Presse seine Sicht dargelegt. Sein Verein habe "im Dienste der Humanität" gehandelt, sagte er. "Das Geld ist nicht der Hamas zugute gekommen, sondern notleidenden Menschen." Die IHH habe weltweit Projekte unterstützt, nur einen kleinen Teil in Gaza. Das Verbot nannte er "schändlich, ungerecht, inhuman und rechtswidrig". Man werde klagen, derzeit prüften Juristen, ob eine einstweilige Anordnung zur Aufhebung des Verbots Chancen habe.
Doch das Verbot ist nicht aus der Luft gegriffen. Es stützt sich auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2004. Zwei Jahre zuvor hatte der damalige Innenminister Otto Schily (SPD) den Verein Al-Aqsa verboten, das Gericht hatte nichts auszusetzen. Auch die Unterstützung von Hamas-Sozialvereinen sei eine "mittelbare Unterstützung der terroristischen Aktivitäten von Hamas", hieß es im Urteil.
Wie aus der Verbotsverfügung gegen die IHH hervorgeht, floss auch hier Geld an zwei Organisationen, die einst auch Al-Aqsa unterstützt hatte: Die "Islamic Society" und die "Islamic Charitable Society Hebron", die beide der Hamas zugeordnet werden. Als Schwerpunkte haben sie laut Verbotsverfügung die Unterstützung von Waisen und Angehörigen von "Märtyrern".
Yoldas wollte auf mehrmaliges Nachfragen am Mittwoch zunächst nicht klar sagen, ob sein Verein gewusst habe, dass die "Islamic Society" zur Hamas gehöre. Schließlich sagte er, man habe davon erst im Februar erfahren, danach habe man mit einer neu gegründeten Organisation zusammengearbeitet. Ihr Name: "Salam", Frieden. In der Verbotsverfügung wird die "Salam-Society" jedoch als "Tarnorganisation" bezeichnet, die den Empfänger Hamas verschleiern soll.
Yoldas sieht die Dinge so: Deutschland mache sich durch das Verbot zum "willfährigen Vollstrecker" Israels. De Maizière müsse die Dinge auch mal von der anderen Seite sehen "und nicht nur mit der Brille des Mossad". Solche Töne dürften wohl kaum für mehr Verständnis sorgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative