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Nach Terroranschlag in ChristchurchNeuseeland verschärft Waffenrecht

Vor einer Woche erschütterte ein rechter Anschlag auf zwei Moscheen mit 50 Toten das Land. Jetzt verbietet die Regierung Sturmgewehre und halbautomatische Waffen.

Nach Schätzungen sind in Neuseeland mehr als 1,2 Millionen Schusswaffen im Umlauf Foto: reuters

Wellington dpa | Neuseeland will nach dem rassistisch motivierten Anschlag auf zwei Moscheen Sturmgewehre und halbautomatische Waffen verbieten. Dies kündigte Premierministerin Jacinda Ardern am Donnerstag in Wellington an. Der Verkauf von solchen Waffen ist mit sofortiger Wirkung bereits nicht mehr erlaubt.

Bei dem Anschlag wurden am vergangenen Freitag in der Stadt Christchurch 50 Menschen getötet und Dutzende verletzt. Als mutmaßlicher Täter sitzt ein 28 Jahre alter Rechtsextremist aus Australien in Untersuchungshaft. Ihm droht lebenslanges Gefängnis.

Mit dem Verbot der Schusswaffen drückt Ardern mächtig aufs Tempo. Die Premierministerin hatte gleich nach der Tat eine Verschärfung der Waffengesetze angekündigt. Dies war allerdings erst später erwartet worden. Die sozialdemokratische Regierungschefin verfolgt damit eine völlig andere Politik als zum Beispiel die USA. Dort wird nach Massakern immer wieder über strengere Regelungen diskutiert. Bislang gelang es der mächtigen Waffenlobby jedoch stets, diese zu verhindern.

Nach Schätzungen sind in Neuseeland mehr als 1,2 Millionen Schusswaffen im Umlauf. Wie viele davon halbautomatische Waffen sind, ist nicht bekannt. Wer solche Gewehre besitzt, muss sie nun zurückgeben, soll aber vom Staat Geld zurück erhalten. Für Neuseeländer, die sich solche Waffen illegal angeschafft haben und nun zurückgeben, soll es eine Amnestie geben. Verboten werden auch Zusatzteile, mit denen Gewehre aufgerüstet werden können.

Ardern schloss ihre Erklärung mit den Worten: „Kurz gesagt: Es wird jede Art von halbautomatischen Waffen, die bei dem Terroranschlag am vergangenen Freitag benutzt wurde, in diesem Land verboten.“

Zwei Schweigeminuten

Nach Angaben der Polizei sind inzwischen alle 50 Todesopfer identifiziert. Inzwischen haben auch die Beerdigungen begonnen. Für die Familien geht damit eine lange Wartezeit zu Ende, die viele Hinterbliebene zusätzlich belastet hatte. Normalerweise werden Muslime innerhalb von 24 Stunden beigesetzt.

An diesem Freitag will ganz Neuseeland zur Tatzeit mit zwei Schweigeminuten der Opfer gedenken. Das Massaker hatte am Freitag vergangener Woche gegen 13.40 Uhr in der Al-Nur-Moschee von Christchurch begonnen, wo sich gerade mehr als 300 Leute zum Freitagsgebet versammelt hatten. Allein dort erschoss der Täter 42 Menschen. Dann fuhr er zu einer weiteren Moschee, wo er nochmals acht Menschen umbrachte.

Kurz darauf wurde er von zwei Polizeibeamten in seinem Auto überwältigt. Vor dem Massaker hatte der Australier eine 74-seitige Kampfschrift mit rechtsextremistischen Parolen ins Internet gestellt und auch per E-Mail verschickt. Die Tat wurde mit einer Helmkamera ins Internet übertragen.

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6 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Yankees: aufgemerkt.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Als "Ex Yankee" kann ich ihnen versichern: die Amis wachen mit Argusaugen über dem "2nd Amendement". Der letzte Präsident, der ernsthaft das Waffenrecht verschärfte war Bill Clinton. Ergebnis: bei den folgenden Midterms 1994 verloren seine Demokraten 54 Sitze im Kongress. Insofern: von mir aus könnten die "Gun Grabner" noch wesentlich massiver verschärfte Waffengesetze fordern - macht nur Trumps Wiederwahl wahrscheinlicher als ohnehin schon.

      Nun zu Neuseeland: mit der Verschärfung der Waffengesetze verhalten sie sich GENAUSO, wie von dem Terroristen vorausgesagt. Ein fatales Signal, wird doch klar gemacht, daß die neuseeländische Regierung ihre politischen Entscheidungen auch von Ereignissen wie Terrorismus abhängig macht. Dies ist m.M.n. wesentlich gefährlicher als jede legal im Umlauf befindliche Waffe.

      • @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

        es stimmt, dass es traurig ist, wenn die Regierung erst nach solchem Massaker reagiert, aber besser jetzt als nie oder?

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

        Es mag sein, dass Sie hier mit dem sachlichen Gehalt Ihres Kommentars richtig liegen. Die entscheidende Frage für mich: was würde daraus folgen?

        Bereits im Vorfeld die Schere im eigenen Kopf ansetzen und in den USA jeden Versuch zur Verschärfung des Waffenrechts unterbinden?

        Und in Neuseeland alles so lassen, wie es ist? Was soll daran gefährlich sein, gar ein "fatales Signal", Waffen zu begrenzen? Verstehe ich nicht.

        Im Übrigen - was ist wichtiger: das nackte Ergebnis einer Maßnahme - oder der "Überbau"?

        Für mich gibt es nur eine Konsequenz: MENSCHENLEBEN SCHÜTZEN.

        • @76530 (Profil gelöscht):

          "Für mich gibt es nur eine Konsequenz: MENSCHENLEBEN SCHÜTZEN."

          Da sind sie und ich und jeder normal denkende Mensch einer Meinung.

          Nur: es geht um das Wie. Um dieses "wie" zu beurteilen braucht mann als allererstes eine Basis, aufgrund derer das Problem überhaupt benannt werden kann. Sie schreiben:



          "Bereits im Vorfeld die Schere im eigenen Kopf ansetzen und in den USA jeden Versuch zur Verschärfung des Waffenrechts unterbinden?"

          Möchte ihnen nun wirklich nicht zu nahe treten, aber sie scheinen die Situation in den USA völlig zu verkennen. Sollte ich mich irren entschuldigen sie bitte; sollte ich recht haben, dann werfe ich ihnen das nicht vor; denn wenn man von Deutschland durch die "Medienlinse" auf die USA blickt, gewinnt man zwangsläufig den Eindruck, die Schießerei am OK Corral hätte vor nicht ganz 5 Minuten stattgefunden.........

          Nur: dieses Bild hat nichts mit der Realität zu tun: LEGALE Waffenbesitzer sind so gut wie nie (d.h. zu unter 0,01%) an "Gun violence crimes" beteiligt. D.h. im Umkehrschluss, daß nahezu alle Verbrechen, bei denen Schusswaffen eine Rolle spielen, die Täter eben diese Waffen ILLEGAL besitzen. Und genau hier müsste die US Politik ansetzen. Stichworte: Verarmung, Ghettobildung, Drogenepedimie, "Black on black crime" usw.....

          Stattdessen geht man den einfachen Weg: der Ruf nach "Gun Control" bringt halt, auch wenn es die eigene Position langfristig schwächt, erstmal Wählerstimmen; sind halt auch nur Politiker.....

          "Was soll daran gefährlich sein, gar ein "fatales Signal", Waffen zu begrenzen?"

          Mit dem "fatalen Signal" meinte ich die Tatsache, daß die neuseeländische Regierung de facto auf die Forderung eines Terroristen eingegangen ist. Es besteht die Gefahr, daß dies Nachahmungstäter anzieht, wie Fliegen das Licht.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

            JA, Sie haben Recht.

            Die Frage des Weges ist das, was uns entzweit, nicht die Frage des Ziels.

            Ich weiß weder, ob amerikanische Amokläufer ihre Waffen legal oder illegal besitzen. Noch weiß ich, wie dies herauszubekommen wäre.

            Was Christchurch angeht, sehe ich nicht, was das Verbot bestimmter Waffen mit 'Forderungen' des Täters zu tun hätte. Hat er überhaupt eine Forderung gestellt? Seine Sprache war doch die des Tötens - und nicht des Redens?