Nach "Stuttgart 21"-Polizeieinsatz: Demoopfer fühlen sich eingeschüchtert

Mehrere Opfer des Polizeieinsatzes am 30. September haben Klage gegen die Polizei eingereicht - obwohl sie sich erneut durch Beamte bedrängt und eingeschüchtert fühlen.

Einer von vier verletzten "Stuttgart 21"-Gegnern, die gegen den Polizeieinsatz bei der Demonstration am 30. September klagen: Alexander Schlager. Bild: dapd

STUTTGART taz | Die vier schwer verletzten Opfer des massiven Polizeieinsatzes im Stuttgarter Schlossgarten Ende September haben am Donnerstag Klage gegen das Land Baden-Württemberg eingereicht. Am Tag zuvor hatte einer von ihnen Besuch von Polizisten, die ihn möglicherweise einschüchtern sollten.

Die vier Männer, die am 30. September gegen das Bahnprojekt "Stuttgart 21" demonstriert hatten, wollen mit ihrer Klage die Rechtswidrigkeit des Polizeieinsatzes feststellen lassen. Alle vier waren bei der Eskalation von Wasserwerfern stark am Auge verletzt worden. Mindestens ein Opfer wird voraussichtlich schwere bleibende Schäden behalten. In ihrem Namen gab Alexander Schlager, eines der Opfer, am Donnerstag die gemeinsame Klage beim Stuttgarter Verwaltungsgericht ab.

Schlager sieht jedoch nicht nur den Polizeieinsatz als rechtswidrig an, sondern sich nun auch persönlich unter Druck gesetzt. Noch vor Einreichen seiner Klage seien am Mittwoch drei Polizisten an seiner Wohnungstür erschienen und hätten ihm angedroht, ihn notfalls mit Gewalt als Zeuge der Staatsanwaltschaft zuzuführen, sagte er am Donnerstag der taz.

Das dazu nötige Vorladungsschreiben sei ihm jedoch nie zugegangen. Schlager hatte am 11. Oktober in der taz über die Polizeigewalt gegen ihn berichtet. Daraufhin hatte die Polizei über die taz versucht, mit Schlager in Kontakt zu treten. Weil Schlager sich erst nach anwaltlicher Beratung gegenüber der Polizei äußern wollte, sind nun anscheinend die Polizisten bei ihm erschienen.

Das allerdings mit Nachdruck: Das Auftreten der Polizisten beschreibt der 31-Jährige als "überfallartig und einschüchternd". Nur widerwillig sei ihm gestattet worden, seinen Anwalt anzurufen. Auch während des Telefonats mit der Anwaltskanzlei hätten die Polizisten Druck gemacht und gesagt, dass sie nun körperlichen Zwang anwenden würden, wenn er nicht bald fertig sei.

Schlager folgte dann den Aufforderungen der Polizei. Nachdem er zu Protokoll gab, nicht ohne anwaltliche Beratung auszusagen, habe ihm der Staatsanwalt gedroht, die nächste Befragung werde "unangenehmer" ausfallen. "Ich fühlte mich bedroht und sehe das als Einschüchterungsversuch an", sagte Schlager der taz.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft fühlt sich dagegen im Recht. Die Vorladung sei fristgemäß rausgegangen. Der Zeuge habe dementsprechend die Pflicht auszusagen und könne im Verweigerungfsall auch vorgeführt werden.

Im baden-württembergischen Landtag hat sich derweil der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Klärung des Polizeieinsatzes konstituiert. Außerdem lehnte der Landtag mit den Stimmen der schwarz-gelben Mehrheit erwartungsgemäß den Antrag der SPD für eine Volksabstimmung über "Stuttgart 21" ab.

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