Nach Staatsstreich in Niger: Putschisten wollen nicht aufgeben
Nigers herrschende Militärs verbreiten Behauptungen über Angriffe aus Frankreich und verhaften Gegner. Westafrika hatte ihnen ein Ultimatum gestellt.
Mit vier Kurznachrichten auf Twitter machte der „Nationalrat zur Rettung des Vaterlandes“ (CNSP), der Niger seit Donnerstag regiert, am Montagmorgen deutlich: Man denke nicht daran, die Macht wieder abzugeben. Sprecher Amadou Abdramane verlas eine Reihe von Bekanntmachungen. Alle abgesetzten Minister und Direktoren müssen ihre Dienstfahrzeuge zurückgeben. Nigers umstrittenes Gesetz zur Internetkriminalität – Menschenrechtsorganisationen wie Journalist:innen bewerten es als Unterdrückung der Meinungsfreiheit – bleibt in Kraft. Auch sei die „friedliche Demonstration“ am Sonntag ein Erfolg gewesen. Dabei hatten Unterstützer:innen der Junta Feuer vor der französischen Botschaft gelegt, sechs Menschen wurden in Krankenhäuser gebracht, Tränengas kam zum Einsatz.
Im Kommuniqué Nummer 14 behauptet die Junta außerdem, Hassoumi Massaoudou, Interimspremierminister und Außenminister unter Bazoum, sowie der Kommandeur der Nationalgarde, Midou Guirey, hätten ein Dokument unterzeichnet, welches Frankreich einen Angriff auf den Präsidentenpalast mit dem Ziel genehmigt, den dort festgesetzten Bazoum zu befreien. Bestätigt ist das nicht. Die Behauptung passt zum Diskurs der neuen Militärmachthaber, sich im Widerstand gegen ausländische Einmischung zu sehen. Die Junta soll auch eine Reihe von Politikern verhaftet haben. Nigers bisherige Regierungspartei spricht von 180 Verhafteten in ihren Reihen, darunter mehrere Minister.
Antifranzösische Stimmung wächst
Die Behauptungen der Junta verstärken die antifranzösische Stimmung, die in Niger bisher weniger spürbar war als in Mali und Burkina Faso. In der Hauptstadt Niamey hatten sich vor einem Jahr 15 Organisationen der Zivilgesellschaft zur Bewegung „M62“ zusammengeschlossen, um gegen die Präsenz internationaler Truppen zu protestieren. Koordinator Abdoulaye Seydou wurde im April zu neun Monaten Haft und umgerechnet 1.500 Euro Geldstrafe verurteilt.
Durch die Entwicklung in Niger angeheizt, zeigen Videoclips nun auch in Senegal antifranzösische Proteste. Die Regierung von Präsident Macky Sall ließ am Montagmorgen das mobile Internet zeitweilig ausschalten. Dies folgt auf die Verhaftung des Oppositionsführers Ousmane Sonko am Freitag. Demonstrationen für Nigers Junta soll es auch in der Elfenbeinküste gegeben haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen