Nach Pannen bei der Flugbereitschaft: Svenja Schulze hebt wieder ab
Während die Kollegin umkehren musste, setzt Entwicklungsministerin Schulze ihre Afrikareise im Regierungsflieger fort. Oft muss sie ja Linie fliegen.
NOUAKCHOT taz | Die eine kehrt um, die andere fliegt weiter: Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock musste ihre Pazifik-Reise wegen einer Dauerpanne des Regierungsfliegers abbrechen. Derweil wird Kabinettskollegin Svenja Schulze ihre viertägige Afrikareise mit einem anderen Vogel der Flotte wie geplant fortsetzen.
Die Entwicklungsministerin, die am Montag mit dem Regierungsflieger sanft und sicher in Mauretanien landete, zeigte sich zuversichtlich, dass sie und ihre Delegation am Mittwochmorgen planmäßig weiter nach Nigeria reisen können. „Bis jetzt lief alles problemlos. Ich habe auch kurz überlegt, mich mit einer SMS bei meinem Kollegen Boris Pistorius zu bedanken“, so die SPD-Politikerin lächelnd in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchot.
Die Flugbereitschaft untersteht der Bundeswehr und damit dem Verteidigungsminister. Schulze und eine Delegation aus Mitarbeiter:innen des Entwicklungsministeriums, Parlamentarier:innen und Journalist:innen sind derzeit mit einem Airbus A321LR in Westafrika unterwegs.
Laut Bundeswehr wird das zweistrahlige Luftfahrzeug vor allem für politisch-parlamentarische VIP-Flüge genutzt, es kann aber auch Verwundete und Kranke transportieren. Der Airbus fliegt mit einer Reisegeschwindigkeit von 840 km/h und bietet Platz für 82 Personen. Die taz, die mit an Bord war, bekam während des Fluges keine Unregelmäßigkeiten mit, nickte aber unterwegs auch einmal ein.
Dass Schulze die Flugbereitschaft nutzt, ist nicht die Regel. Denn oft nehme sie auch einen Linienflug, so die Entwicklungsministerin. So reiste sie auf diesem Weg etwa zum G20-Treffen nach Varanasi in Indien, wo sie auf dem Rückweg zweimal umsteigen musste und dabei von ihrem Koffer getrennt wurde.
BMZ muss sich hinten anstellen
Dass Schulze so oft per Linie reist, liegt auch daran, dass die Flugzeuge der Flugbereitschaft häufig schon von anderen Minister:innen besetzt sind. Wer bei der Buchung der Regierungsflieger Vorrang hat, richtet sich nach dem Gründungsjahr des jeweiligen Ministeriums. Das Entwicklungsministerium rangiert als zweitjüngstes Ressort ganz hinten, nur Bauministerin Klara Geywitz steht in der Flugbereitschaftsrangordnung noch hinter Schulze. Sogar der Landwirtschafts- und der Justizminister werden bevorzugt und dürfen vor Schulze mit Regierungsmaschinen reisen.
Die Flugbereitschaft ganz abzuschaffen und nur noch per Linie zu reisen, hält Schulze jedoch nicht für zielführend. So hatte es die Linken-Haushälterin Gesine Lötzsch nach den erneuten Pannen vorgeschlagen. Die Flugbereitschaft sei teuer, unzuerlässig und verursache einen übergroßen ökologischen Fußabdruck, so Lötzsch gegenüber dem Spiegel.
Schulze hält dagegen. „Dann könnten wir in viele Länder gar nicht mehr reisen“, so die Entwicklungsministerin zur taz. Es sei aber wichtig, vor Ort zu sein, um persönlich miteinander zu sprechen. „Wenn wir in der Welt eine Rolle spielen wollen, reicht es nicht, zu warten, bis andere zu uns kommen. Wir müssen auch zu ihnen hinfliegen.“
Dreimal längere Reisezeit
Ein Flug von Berlin nach Nouakchot, wie ihn Schulze am Montag in sieben Stunden absolvierte, würde per Linie dreimal so lange dauern, wobei sie dreimal hätte umsteigen müssen.
In Mauretanien hat Schulze mit mehreren Mitgliedern der Regierung gesprochen, unter anderem mit dem Staatspräsidenten. Die Reise steht ganz im Zeichen des Militärputsches in Niger. Schulze, die seit kurzem auch Präsidentin der Sahel-Allianz der wichtigsten internationalen Geber ist, will sich in der Region umhören, wie es im Niger weitergeht, und ausloten, wie man eine Rückkehr zur Demokratie auf friedlichem Weg unterstützen kann.
Am Mittwoch reist sie deshalb nach Nigeria und wird Gespräche mit Vertretern der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas führen, die derzeit Sanktionen gegen Niger verhängt hat. Der Flug nach Abuja soll morgens von Nouakchot starten. „Da klopfe ich mal auf Holz, das alles klappt“, so Schulze.
Leser*innenkommentare
Lindenberg
Lutz Mükke stellt in seiner aktuellen Studie, über die der Deutschlandfunk berichtet, der Berichterstattung der deutschen Leitmedien über Westafrika ein katastrophal schlechtes Zeugnis aus. Mükke spricht im Deutschlandfunk von einer regelrechten Verwahrlosung der Berichterstattung. Er erkärt sich das mit der Ignoranz und Inkompetentz der Chefredaktionen. Wichtige Teile der Zivilgesellschaft, Intellektuelle, Künstler, Unternehmer und Politiker kommen nicht zu Wort, weil die nicht mit einer Google-Suche im Internet zu finden sind und nur vor Ort zu finden seien.
Vielleicht fragt Frau Lehmann einmal die Schulze begleitenden Journalisten, wie dieser Missstand zu beseitigen ist und was sie eigentlich an vertiefter örtlicher Kompetenz über die Länder mitbringen, die Schulze gerade besucht.
Bräuchte es nicht finanziellle Unterstützung des Staates (also Schulze), um das zu ändern?
Zu Kohls Zeiten nahm eine Reise mit Presse nach Afrika gerne einmal eine ganze Woche ein. Ruhetage eingeschlossen. Journalisten hatten Zeit zu recherchieren und zu berichten. Mehr als Instant-Berichterstattung ist jetzt wohl kaum möglich.
Der Westen erfährt fast nichts über wichtige Teile von Afrika, ist aber als Importeur und Exporteur in Afrika stark tätig. .
Wenn es wie in Mali wieder zu einem Aufstand des Militärs kommt, so stellt sich die Frage, wieviel Verdruss über diese neokolonialen Stukturen den Putsch mit verursachten.
Gut, dass der taz die Berichterstatung über Afrika sehr wichtig ist.
www.deutschlandfun...-045fe36e-100.html
Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro, Autorin des Artikels
@Lindenberg Ich bin Herrn Mükke noch nie auf einer Auslandsreise von Politiker:innen begegnet, aber er wird schon wissen, wovon er spricht. Auf der Reise mit Schulze in den Sahel gab es übrigens viele Gelegenheiten zu Gesprächen mit der Zivilgesellschaft. Mehr auf taz.de unter: taz.de/Nach-dem-Pu.../!5954341&s=Niger/
Lindenberg
Großes Lob an Frau Lehmann, dass sie die Ministerin nach Afrika begleitet.
NormalNull
Ganz so kompliziert ist der Reise per Linie nach Nouakchot nicht. Knapp 9 Std Reisezeit und einmal Umsteigen in Paris sollten auch für eine Ministerin zu machen sein.
Provinz-Airport BER kommt man zwar fast nirgendwo hin , aber nach Australien geht's doch doch fast direkt - und sogar billig! (Nur als Tipp für die andere Reiseministerin)
H.L
@NormalNull D ist nur noch Provinz.
Sehr interessanter Artikel dazu im Spiegel, was im Ausland zu D gesagt wird.
"Reisen bildet" von Alexander Neubacher
Wäre gute Lektüre für die Ampelmänner und Frauen.
fly
Das scheint doch ganz gut zu sein.
Wenn es geht Linie, wenn zu umständlich Flugbereitschaft.
Nur das mit der Reihenfolge der Nutzung, dass sollte man nochmal überdenken. Anderseits ist es eine einfache Regelung. Wenn man es nach Dringlichkeit machen würde, bräuchte man wieder eine Behörde für die Entscheidungsfindung.