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Nach „New York Times“-RechercheVorwürfe auch gegen deutsche „Vice“

Nach dem US-Mutterkonzern steht Vice Media nun auch in Deutschland in der Kritik. Zwei Ex-Mitarbeiterinnen prangern Macho-Kultur an.

War Auslöserin der #aufschrei-Debatte und leitet jetzt Vice.de: Laura Himmelreich Foto: imago/Jürgen Heinrich

Nach Vorwürfen wegen sexueller Belästigung gegen Mitarbeiter des US-amerikanisch-kanadischen Medienstartups Vice muss man sich nun auch beim deutschen Ableger mit dem Thema Macho-Kultur beschäftigen. Ein Sprecher der Vice Media GmbH bestätigte am Mittwoch der taz, dass zwei ehemalige Mitarbeiterinnen sich in den sozialen Medien über die Kultur in den deutschsprachigen Vice-Redaktionen beschwert haben.

„Wir tolerieren bei Vice Media in keiner Weise Diskriminierung, sexuelle Belästigung oder Mobbing“, so der Sprecher. Man habe mit den ehemaligen Mitarbeiterinnen Kontakt aufgenommen, um zu erfahren, was sie genau bei Vice erlebt haben und werde gegebenenfalls Konsequenzen ziehen.

Am vergangenen Samstag hatte eine New York Times-Recherche mehrere Fälle sexueller Belästigung bei dem amerikanischen Mutterunternehmen aufgedeckt. Die Vice-Gründer Shane Smith und Suroosh Alvi entschuldigten sich daraufhin öffentlich und beklagten, sie hätten nicht verhindert, dass sich eine „Boys' Club“-Kultur bei dem Jugendmagazin entwickelt habe.

Die Print- und Onlineausgaben von Vice stehen in Amerika wie im deutschsprachigen Raum für jungen, unkonventionellen und provokativen Journalismus und unter anderem für feministische Inhalte. Leiterin der deutschsprachigen Onlineredaktion ist ausgerechnet Laura Himmelreich, die 2013 mit einem Text über eine Äußerung des FDP-Politikers Rainer Brüderle die #aufschrei-Debatte über Sexismus losgetreten hatte.

Himmelreich verteidigte am Mittwoch per Facebook-Post ihre Redaktion. „Ich habe noch in keiner Redaktion gearbeitet, die so respektvoll, solidarisch und herzlich miteinander umgeht wie die Redaktionsmitglieder von Vice Deutschland“, schreibt sie. Sie habe die Redaktion allerdings „aus einer herausgehobenen Position kennengelernt“. Sie könne sich zudem kein Urteil über den ganzen Konzern erlauben.

Männlich dominierte Skater- und Punk-Kultur

„In den nächsten Tagen und Wochen wird es darum gehen, dass sich alle Führungskräfte, in jedem Land und jedem Bereich maximal selbstkritisch fragen, ob sie darin erfolgreich waren, das ideale Umfeld für ihre Mitarbeiter zu schaffen, und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen“, schreibt Himmelreich.

Der Vorwurf der Macho-Kultur überrascht bei einem Medium wie Vice, bei dem vor allem junge Menschen arbeiten. Der Altersdurchschnitt liegt unter 30. Die New York Times ließ allerdings erahnen, dass die Tradition von Vice als Medium einer männlich dominierten Skater- und Punk-Subkultur eine besondere Art männlicher Dominanz hervorbringen würde. In dieser Tradition steht auch die deutschsprachige Ausgabe.

Vice Media kündigt fürs neue Jahr Mitarbeiter-Gremien für die an deutschsprachigen Standorte an, die „als Anlaufstelle, aber auch als wichtiger Impulsgeber dienen um die Sicherheit der Mitarbeiter zu garantieren“. Diese Gremien sollen aus MitarbeiterInnen bestehen, die nicht der Geschäftsführung angehören.

Vice ist nach dem erzkonservativen Sender Fox das zweite große US-amerikanische Medienunternehmen, das wegen Fällen sexueller Belästigung in die Öffentlichkeit gerät.

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8 Kommentare

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  • Zeitgeist-Postille.

    In den 80ern gab es Zeitschriften wie "Tempo" oder "Wiener".

    Aktuell wird diese Klientel mit "Business Punk" und online eben mit "Vice" bedient.

    Gepiercte Milchbärte und tätowierte Backfische konsumieren sowas...

  • Da hätte niemand drauf kommen können, abgesehen von den Menschen die einen der unzähligen Artikel über creepige männliche Feministen gelesen haben. Nicht ohne Grund gibt es unter Feministinnin häufiger mal Diskussionen darüber ob Männer überhaupt feministen sein können.

     

    Auf der anderen Seite muss man mal trocken feststellen: Es trifft alle und jeden, was schon hellhöhrig machen sollte. Vielleicht wird es langsam mal Zeit Anschuldigungen auch zu prüfen und sie nicht mehr ungeprüft zu akzeptieren. Es wird sicher den einen oder anderen geben der #meToo für die eigene Sache missbrauchen will.

  • Surprise...bei der Vice gibts auch Machos. Wer hätte das gedacht?

  • Also wenn Frau #aufschrei-Himmelreich dort in leitender Position arbeitet und , kann an den Vorwürfen nichts dran sein. Zumal sie "noch in keiner Redaktion gearbeitet, die so respektvoll, solidarisch und herzlich miteinander umgeht".

     

    Es wird so sein wie immer im Leben: was passieren kann, passiert auch irgendwann. So auch Sexismus-Vorwürfe unter den edelsten aller Redaktionen ...

  • Das auf jung und hip getrimmte "Vice" und ebenso "Fox", sind das nicht Murdoch Klitschen? Dessen übermächtiges mediales Gebahren noch vor einiger Zeit gerade hierzulande und insbesondere bei emanzipatorischen Linken ein reflexartiges Würgen hervorbrachte?

     

    Schreibt vielleicht Sarah Palin mittlerweile auch bei Vice?

     

    Ok, Geschichte wiederholt sich nicht, wenn doch, dann als Farce ...

    • @ebertus:

      Keine Ahnung, woher Sie diese These haben, aber die Vice ist zwar ziemlich hip und jugendlich und eher für Menschen von 20 bis 30 das Medium der Wahl, aber dort findet man teilweise guten Investigativjournalismus.

      Die ernsthaften Sachen sind politisch häufig noch etwas linker als in der Taz und die Vice-Redakteure sind wirklich gut darin Geschichten zu finden.

       

      aktuell auf Broadly (feminisitisches Vice) über rassistische Erotik Fan-Fiction der AFD-Wähler (online- Fick Groschenromane, die man bei Amazon kaufen kann, wussten Sie, dass es so etwas gibt?)

       

      Murdoch Klitschen sind schon das genau Gegenteil. Schauen Sie mal "Fox and Friends" (Trump Lieblingssendung) dann verstehen Sie was ich meine.

      • @DanielDeFoe:

        Nein, wusste ich nicht

         

        Bin vielleicht auch insgesamt für Vice & Co. schon etwas zu alt, interessiert mich stattdessen, wer so manche "konstenlose" Dinge im Netz finanziert; und warum.

         

        Btw. Die anhaltenden Plots mit den AFD-Wählern scheinen mir eher kontraproduktiv zu wirken; wenn man dahingehend die Wahlergebnisse betrachtet.

         

        Ansonsten, dass dort wo Vice draufsteht auch Murdoch drin ist, das hat ihnen ja bereits ein anderer Kommentator bestätigt.

         

        Es fügt sich im Lichte des Obengenannten sogar, nur etwas um die Ecke, undercover, auf der Metaebene gedacht.

      • @DanielDeFoe:

        Das mit den Eignern ist aber so falsch nicht. Größte Anteilseigner sind mit 20% einer der Gründer, A&E Networks, die gehören Disney. Dann kommen noch 10% die Walt Disney direkt gehören und 5% die 21st Century Fox gehören, also Rupert Murdoch.