Nach Merkels Streichelauftritt: Politiker diskutieren über Flüchtlinge
Der SPD-Fraktionschef Oppermann fordert junge, leistungsbereite Menschen aufzunehmen. Die Linke warnt vor einer Auslesedebatte.
Wenige Sätze der 14-jährigen Schülerin Reem bei einem Bürgerdialog am vergangenen Mittwoch haben eine neue Debatte über Einwanderung und Bleiberecht ausgelöst. Nicht nur Fernsehzuschauer zeigten sich gerührt über die Tränen des palästinensischen Mädchens, das als geduldeter Flüchtling in ständiger Furcht vor der Abschiebung lebt. Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte erneut ein Einwanderungsgesetz: „Es läuft etwas grundfalsch in Deutschland, wenn wir einerseits mehr Nachwuchs brauchen und andererseits junge, gut integrierte Flüchtlinge von der Abschiebung bedroht sind“, sagte Oppermann der Welt am Sonntag.
Der SPD-Politiker verlangte eine gesetzliche Regelung, bei der alle Einwanderer schnell Klarheit haben, ob sie bleiben können oder nicht. „Junge, leistungsbereite Menschen, die sich integrieren wollen, müssen wir willkommen heißen und dürfen sie nicht abschrecken“, sagte Oppermann.
Zu den jungen „High Potenzials“ zählt Oppermann offenbar auch die Einserschülerin Reem, die seit 2010 mit ihrer Familie in Rostock wohnt. Sie wurde in einem Flüchtlingslager im Libanon geboren. Das Land gilt jedoch als sicherer Drittstaat.
Auch CDU-Vizechef Armin Laschet sprach sich für Korrekturen beim Bleiberecht aus. „Wir brauchen ein Bleiberecht für die, die seit Jahren hier leben, sich anstrengen, sich um gute Bildung kümmern, Deutsch sprechen und sich zu unserem Land bekennen“, sagte Laschet der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Es sei absurd, ein Kind wie die Schülerin Reem abzuschieben, die seit Jahren mit ihrer Familie hier lebe und zu den Klassenbesten gehöre.
Hoffnung für Reem
Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, (SPD) sieht dagegen gute Chancen für Reem. „Sie spricht perfekt Deutsch und lebt offenbar schon länger hier. Genau für diese Lebenslagen haben wir gerade das Gesetz geändert.“ Der Bundestag hatte Anfang Juli ein neues Bleiberecht beschlossen, welches noch im Sommer in Kraft treten soll. Demnach erhalten Jugendliche, die in Deutschland seit vier Jahren die Schule besuchen, ein Bleiberecht. Das gilt allerdings nicht automatisch für ihre Eltern.
Nach Informationen des Tagesspiegels will der Rostocker Oberbürgermeister Roland Methling einen möglichen Abschiebebeschluss für die Familie des Mädchens und für ähnliche Fälle zunächst nicht vollziehen.
Kritik aus der Opposition
Die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Sevim Dagdelen, kritisierte die Richtung der Debatte. „Was Oppermann formuliert, ist ein Auslesegesetz“, sagte sie der taz. „Hier geht es um die Unterteilung in nützliche und nicht nützliche Flüchtlinge.“
Das sei im Ergebnis Wasser auf die Mühlen der Pegida-Anhänger und all jener, die gegen Asylbewerberheime protestierten oder diese gar anzündeten. Dagdelen will ein Bleiberecht für alle Flüchtlinge: „Wir brauchen eine ehrliche Debatte über Armut als Fluchtgrund.“
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