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Nach Intervention im Cum-Ex-Skandal„Zeit“-Herausgeber Joffe hört auf

Josef Joffe intervenierte im Cum-Ex-Steuerskandal zu Gunsten eines Bankiers. Nach Kritik zieht der „Zeit“-Verlag nun Konsequenzen.

Joffe gehört zu den großen alten Männern des deutschen Journalismus Foto: Lukas Schulze/dpa

Hamburg taz | Es ist das unrühmliche Ende einer langen Karriere. Josef Joffe, Mitherausgeber der Zeit, lässt sein Amt bis zum Auslaufen seines Vertrages Ende 2023 ruhen. Wie der Verlag bestätigte, geschieht das im Einvernehmen mit den Verlegern Dieter und Stefan von Holtzbrinck.

Der 78-Jährige musste gehen, weil er im Zuge des Cum-Ex-Steuerskandals zugunsten des mit ihm befreundeten Bankiers Max Warburg interveniert hat. Bei dem Cum-Ex-Skandal geht es um Aktiengeschäfte, die gezielt getätigt wurden, um den Staat auszuplündern. Der Schaden allein in Deutschland wird auf mindestens zehn Milliarden Euro geschätzt.

Joffe gehört zu den großen alten Männern des deutschen Journalismus. Er leitete die außenpolitische Redaktion der Süddeutschen Zeitung, das Dossier der Zeit und war einige Jahre lang deren Chefredakteur.

Wie in der vergangenen Woche bekannt geworden war, hat Joffe seinen Freund Warburg vor einem Bericht über strafbare Cum-Ex-Geschäfte der gleichnamigen Hamburger Privatbank gewarnt. Das geht aus einem Brief Joffes vom 5. Januar 2017 hervor, den der Investigativreporter Oliver Schröm veröffentlicht hat. „In so many words schiebst Du mir die Schuld am Zeit-Artikel über die Bank zu“, heißt es darin. Dabei sei es seiner, Joffes, Intervention zu verdanken gewesen, „dass das Stück geschoben wurde und die Bank die Gelegenheit erhielt, Widerrede zu leisten.

Nach Echo aus der Redaktion

Den Vorwurf, die Bank habe keine Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt, bestreitet Schröm: Die Zeit und das ARD-Magazin Panorama, die gemeinsam an dem Falle recherchierten, hätten bereits Wochen zuvor vergeblich um ein Interview mit den Bankern gebeten. Auch die Bitte um eine schriftliche Stellungnahme vier Tage vor der geplanten Veröffentlichung sei abgeschlagen worden.

Joffe riet Warburg „eine exzellente PR-Agentur einzuschalten“ und echauffierte sich über „die Verräter im eigenen Hause Warburg, die Ermittler zuvorkommend auf Spuren geschickt haben, die diese nicht kannten“. Wohl eine Anspielung auf einen Steuerfahnder-Besuch aus NRW bei der Bank im Januar 2016.

Die Zeit sagt auf Nachfrage, bei der Entscheidung habe auch das Echo aus der Redaktion eine Rolle gespielt. Es habe aber keinen Einfluss von Joffe auf die Berichterstattung gegeben. „Auf den ersten Bericht über die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank folgten bis heute 14 weitere“, sagte eine Sprecherin.

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6 Kommentare

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  • Warum muss ich nur gerade an eine Ausgabe von "Die Anstalt" aus dem April 2014 denken?

  • Über Joffe lässt sich denken, was man will. Aber wenn der taz-Autor wieder mal die Mär von den großen alten Männern des deutschen Journalismus aufkocht - kochts bei mir auf. Viele verdienten ihre publizistischen Sporen 1933-45 als treue Gefolgsleute des NS-Staats: Werner Höfer, Henri Nannen (SS-Propagandakompanie), Ernst Rohwolt oder Peter von Zahn. Und die meisten machten bruchlos nach 1945 weiter....

  • RS
    Ria Sauter

    Eigenartige Zeiten, nicht nur in der "Zeit".

  • Na bitte! Geht doch - endlich - wa!

    Zeit“-Herausgeber Joffe hört auf - ward bi lütten ja ook Tid!

  • Ach ja die ZEIT. Die war ja mal liberal - eher links als rechts.



    Vor allem aber pluralistisch - da hatten viele Meinungen einen Platz.



    Lange ist es her.



    Heute ist es die Zeitung der Besserverdienenden, die dort beklagen, dass sie mit ihrem 10 Jahre alten Volvo-Diesel nicht mehr ungehindert in die Innenstadt zur Arbeit dürfen, weil man ja wegen der Kinder aufs Land gezogen ist.



    Oder die Lasten-Ebike-Fahrer aus der Altbaueigentumswohnung in der Innenstadt.



    Die alleinerziehende Mutter mit lediglich 100.000 € Jahreseinkommen.



    (alles Geschichten aus der ZEIT von und über ihre Zielgruppe)



    Ich hatte die ZEIT 20 Jahre im Abo, bis es mir vor zehn Jahren zu blöd wurde, und ich merke immer wieder warum.

    • @Tz-B:

      Früher war das auch schon eine der Zeitungen der Besserverdienenden, die eben entsprechend ihrer Klassenlage oft linksliberal sind. Und die Zeitungen schreiben nun mal das, was ihre Käufer lesen wollen, und zu welchen Gruppe die gehören, kann man durch einen Blick in den Anzeigenteil schnell herausfinden. Die "Zeit" schreibt dazu noch in einer Sprache, die den Lesern das wohlige Gefühl von "Niveau" vermittelt. Deshalb handelt es sich ja auch um "Qualitätsjournalismus" - oder zumindest die Illusion davon.