Nach Erdbeben in Iran und Irak: Ankaras Zeichen an die Kurden
Von dem schweren Erdbeben im Irak und Iran sind vor allem die Kurden betroffen. Die Türkei nutzt die Katastrophe für eine symbolische Geste.
Ein Abgeordneter aus der Stadt sagte gegenüber einer staatlichen Nachrichtenagentur, dass allein seine Familie 15 Tote zu beklagen habe. Auf sozialen Medien veröffentliche Bilder zeigten schwer beschädigte Wohnhäuser und Strassen voller Trümmer und Staub. Viele Menschen verbrachten die Nacht aus Angst vor weiteren Beben auf der Strasse. Das geistliche und politische Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, sprach den Bürgern von Kermanshah und den betroffenen Familien sein „tiefstes Beleid“ aus.
Gleichzeitig forderte er die Rettungskräfte auf, schnell zu handeln. Ähnliche äusserte sich auch Staatspräsident Hassan Rohani. Das Land wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder von schweren Naturkatastrophen heimgesucht. Im Jahr 1990 forderte ein Erbeben im Norden des Landes Zehntausende von Opfern, 2003 wurde die historische Stadt Bam verwüstet, wobei rund 26.000 Einwohner ihr Leben verloren. Trotzdem scheint die Nothilfe auch diesmal schleppend zu verlaufen.
In einem Video beklagte sich am Montag ein junger Mann, die Regierung habe die Bewohner im Stich gelassen. Sie habe weder Wasser noch Decken oder andere wichtige Nothilfe geliefert, sagt der Mann. Unabhängige Beobachter liess die Regierung zunächst nicht in das Erdbebengebiet. Sie müssten auf eine Genehmigung des Innenministeriums warten, berichteten Journalisten ausländischer Medien in Teheran.
Vor allem Kurdengebiete betroffen
Nach Angaben der amerikanische Erdbebenwarte United States Geological Survey (USG) hatte das Beben eine Stärke von 7,3. Sowohl auf iranischer wie irakischer Seite leben in den betroffenen Gebieten vor allem Kurden. Die Schockwellen waren aber bis nach Bagdad und über den Irak hinaus sogar in der Südosttürkei und in Tel Aviv zu spüren.
Die USG verzeichnete am Montag schwere Nachbeben, vor allem in den beiden Grenzstädten Halabja und Kifri im kurdischen Teilstaat des Nordirak. In Derbendikhan, einer Kleinstadt westlich von Halabja und rund 65 Kilometer südlich der Provinzhauptstadt Suleimaniya, wurden mindestens fünf Personen unter den Trümmern von eingestürzten Häusern begraben. Der gleichnamige grosse Staudamm hielt jedoch den Druckwellen jedoch stand.
Die türkische Regierung nutzte die Gelegenheit für eine symbolische Geste gegenüber den irakischen Kurden. Begleiter von einem 20-köpfigen Hilfsteam machte sich der Chef des staatlichen Katastrophendienst Afad, Mehmet Güllüoglu, am frühen Montagmorgen auf den Weg in das Erdbebengebiet. Mit einem Transportflugzeug brachte Afad 60 Zelte, 320 Decken und Medikamente nach Suleimaniya, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Gleichzeitig machten sich mehr als 20 Afad-Lastwagen, beladen mit Hilfsgütern, aus der Türkei auf den Weg in Richtung der kurdischen Regionalhauptstadt Erbil.
Damit will Ankara offensichtlich ein Zeichen setzen. Nach dem unilateralen Unabhängigkeitsreferendum der irakischen Kurden Ende September stellte die Türkei die Flüge in den Teilstaat ein, Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit der Schliessung der gemeinsamen Grenze. Umgesetzt hat Ankara die Drohnung freilich nicht. Das liegt nicht zuletzt an der enormen wirtschaftlichen Bedeutung – eine Schliessung des Grenzübergangs brächte der türkischen Wirtschaft Verluste in Milliardenhöhe.
Kurdische Vertreter lobten die Hilfe. Der Ministerpräsident der Region Kurdistan, Nechirvan Barzani, nahm sie zum Anlass, um seinerseits den Olivenzweig an den mächtigen Nachbarn auszustrecken. Er sei bereit in die Türkei zu reisen, sagte Barzani. „Wir wollen gute Beziehungen mit Ankara.“
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