Nach Brand in Obdachlosenunterkunft: Zum Tod von Yazy A.
Nach einem Brand ist eine Syrerin an ihren Verletzungen gestorben. Was sagt der Fall über den Umgang mit rechter Gewalt aus? Einiges.
U rsprünglich sollte dieser Text von Hans-Georg Maaßen handeln. Davon, dass es erst das Wort „Rassenlehre“ brauchte, bis die CDU aus dem Quark kam. Davon, dass nicht bereits sein Versagen beim Aufklären der NSU-Morde als Verfassungsschutzpräsident ausreichte, auch nicht seine relativierenden Äußerungen zu den rechtsextremen Ausschreitungen 2018 in Chemnitz.
Nicht mal, als ihn die Süd-Thüringer CDU zu ihrem Direktkandidaten für den Bundestag wählte, erfolgte eine eindeutige Ächtung durch Partei-Pascha Merz, wie es nun das Ausschlussverfahren symbolisieren könnte. Anschließend hätte der Text einen Zusammenhang zwischen Maaßen und der Entstehung von Parallelgesellschaften hergestellt.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Der Grund, warum ich das ursprüngliche Thema nun lediglich als Paraphrase bringe, ist erschütternd und illustriert mein eigentliches Anliegen leider sehr treffend. Es ist der Tod der 44-jährigen Syrerin Yazy A., die, wie erst kürzlich bekannt wurde, vor zwei Wochen an den Folgen eines Feuers starb. Der Brand brach in der Nacht zum 26. Januar in ihrer Unterkunft in Berlin-Pankow aus. Die Familie steht unter Schock, darunter ihre sechs minderjährigen Kinder.
Zum Redaktionsschluss dieser Kolumne ist von „Brandstiftung mit Todesfolge“ die Rede. Wegen „fehlender Anhaltspunkte“ schließen die Behörden ein politisches Tatmotiv bislang aus. Ernsthaft? Immerhin brannte es in einem von Geflüchteten bewohnten Haus.
Rassistische Beleidigungen und Übergriffe
Die Gegend ist bekannt für rechtsextreme Umtriebe und Übergriffe. Bewohner* berichten von rassistischen Beleidigungen im Vorfeld, auch Yazy A. sei angefeindet worden. Warum ermittelt die Polizei nicht in alle Richtungen, ohne auch nur irgendetwas vorerst auszuschließen?
Publik wurde der Tod von Yazy A. erst durch Tarek Baé, einen Polit-Influencer mit syrischen Wurzeln. Am 20. Februar bestätigte schließlich auch die Polizei ihren Tod. Lange nachdem die Meldung bereits kursierte und zehn Tage nachdem Yazy A. gestorben war.
Medienberichten zufolge gebe es erst seit vergangener Woche Kontakt zum Bezirksamt. Eines der Kinder habe erzählt, die Polizei hätte die Familie mehr als drei volle Wochen nach dem Feuer und eine Woche nach dem Tod der Mutter vernommen. Zur Beisetzung am nächsten Tag sei niemand Offizielles gekommen.
Scheitern der Behörden
Was auch immer die Ermittlungen ergeben werden, das Verhalten der Behörden ist bereits jetzt skandalös. Wie konnten Polizei und Justiz in einem solch sensiblen Thema mindestens kommunikativ dermaßen versagen, zumal beide mit Rechtsextremismus in den eigenen Reihen wiederholt für großes Misstrauen unter Migranten sorgen?
Ausgerechnet zum dritten Jahrestag des Hanauer Anschlags, wo bis heute behördliches und politisches Versagen die Angehörigen am Rechtsstaat zweifeln lassen, straft der Pankower Fall jeden zaghaften Optimismus Lügen.
Hier schließt sich der Kreis zu Maaßen und der Parallelgesellschaft: Wann problematisieren wir endlich jene Parallelgesellschaft, in der der Rechtsstaat den Anschein erweckt, er gelte für Migranten nicht gleichermaßen wie für den Rest der Gesellschaft?
Seit Jahrzehnten wiederholt sich eine ausgeprägte Nachlässigkeit bei der Strafverfolgung von Menschenfeinden. Seit Jahrzehnten bleiben klare Distanzierungen von sowie hartnäckige Aufklärung bei Rassismus innerhalb und außerhalb staatlicher Institutionen aus. Maaßen ist das bisher gewichtigste Beispiel dafür.
Zur gefälligen Erinnerung: Er wurde der Aufklärung beim NSU wegen zum Chef der Schlapphüte berufen, stattdessen stellt sich im Nachgang heraus, dass er mit dessen ideologischem Umfeld nicht gerade fremdelt. Deutschland, wir müssen reden!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen