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Nach Antisemitismus-VorwürfenFridays for Future in Abwehrhaltung

Klimaaktivisti von Fridays for Future International bemängeln die Reaktion auf einen propalästinensischen Post. Sie sehen vor allem BIPoC im Visier.

Fühlen sich ganz schön missverstanden: Fridays for Future International Foto: David Cliff/imago

Ihnen sei Unrecht widerfahren, erklärt der internationale Fridays for Future (FFF)-Account auf Instagram am Dienstagabend. In den vergangenen Tagen seien einzelne BIPoC-Klimaaktivist*innen (BIPoC steht für Black Indigenous People of Color) mehrfach persönlich angegriffen worden, schreibt der Account im Social-Media-Statement. Darin bezieht sich die Gruppe insbesondere auf die Berichterstattung der deutschen Medienlandschaft und die Recherchen des Tagesspiegels.

Nach dieser soll der umstrittene Post vergangene Woche vor allem von einer Person ausgegangen sein: Hasan Ö., dem ehemaligen Sprecher der Mainzer Fridays-Ortsgruppe. Laut dem inzwischen gelöschten Post würden die westlichen Medien „Gehirnwäsche“ durchführen. Zudem verübe die israelische Regierung einen Genozid an den Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen und sei nicht daran interessiert, den Konflikt zu beenden.

Hasan Ö. wehrt sich gegen den Vorwurf, er hätte die Entscheidungen alleine getroffen. Der taz sagte er: „Die Inhalte, die dort veröffentlicht werden, werden im Konsens entschieden, legitimiert und veröffentlicht.“ Auch im Statement auf dem internationalen FFF-Account heißt es, die Beiträge zur Solidarität mit Palästina kämen von einer vielfältigen Gruppe, die vorrangig aus den Gebieten stamme, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind.

Unklare Verantwortung

Dennoch bleibt undurchsichtig, was die internationale Bewegung von Fridays for Future überhaupt ist. „Das ist keine formelle Struktur, sondern ein loses Netzwerk an Telegram-Gruppen, in die alle reinkönnen“, sagte Luisa Neubauer dem Zeit-Magazin am Dienstag in einem Interview. Nach einem Bericht der Jüdischen Allgemeinen, die bereits im August zu israelfeindlichen Beiträgen recherchierte, sollen die internationalen Posts auf dem Twitter-Account von Fridays for Future über eine Telegram-Gruppe abgestimmt werden.

Allerdings sollen bereits wenige Stimmen entscheidend sein, was nun veröffentlicht wird. Wie letztlich die Posts auf Instagram genau abgestimmt werden und wer dabei welche Entscheidungsmacht hat, bleibt unklar. Bisher haben weder der internationale Account noch Fridays for Future Deutschland diesen Prozess klar aufschlüsseln können.

Fridays for Future International sieht seine jüngsten Beiträge zur Solidarität mit Palästina fälschlich als antisemitisch dargestellt, weil sie Israel kritisieren. Zuletzt solidarisierte sich der Account mit propalästinensischen Stimmen: „Angesichts der Angriffe und Spaltungsversuche stehen wir als Klimagerechtigkeitsaktivisten mit allen zusammen, die wegen ihrer propalästinensischen Haltung belästigt werden.“

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10 Kommentare

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  • FFF hat mit dem Bild, auf dem neben einseitiger Unterstützung der Palästinenser auch ein Krake als Symbol für das gierige, nach allem greifenden Weltjudentum abgebildet ist, sich übelster antisemitischer Propaganda auf dem Niveau von Goebbels schuldig gemacht. Das ist widerlich und unentschuldbar. FFF ist deshalb als Propagandaverein diskreditiert und verdient keine Unterstützung von demokratischen und pluralistischen Kräften, Bürger:innen und Institutionen.

  • Wenn man mir jetzt noch erklärt, was die Erderwärmung mit dem Nahostkonflikt zu tun hat. Zumindest an 2 Stellen wird da je ein Zusammenhang hergestellt.

    Auch im Statement auf dem internationalen FFF-Account heißt es, die Beiträge zur Solidarität mit Palästina kämen von einer vielfältigen Gruppe, die vorrangig aus den Gebieten stamme, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind.

    Wieso ist man pro Palestina, wenn man am stärksten von der Klimakrise betroffen ist??

    • @Strolch:

      Ist doch recht einfach:



      Krieg und Unterdrückung tragen zur imperialistischen Übermacht der - sagen wir mal - extrem klimaschädlichen westlichen Lebensweise bei.



      Und Kriegsgerät in jeder Form ist sowieso klimaschädlich - allein schon aufgrund der Produktion, die nichts zum Menschheitsfortschritt beiträgt. Im besonderen dann natürlich auch, weil jede Menge CO2 direkt in die Luft geballert wird..

      • @Tiene Wiecherts:

        Das mag ja sein. Aber warum dann Pro Palestina? Gegen Krieg, ok.

        Aber was hat das mit der politischen Frage zu tun "Wer ist schuld?"

        Meines Erachtens gibt es hier keinerlei Zusammenhang und scheint mir mehr eine Nebelkerze.

      • @Tiene Wiecherts:

        Krieg, die westliche Lebensweise, Imperialismus. Sorry, da kommt doch nur wieder der Wunsch bzw das Bedürfnis durch auf "den Westen" bzw den Kapitalismus zu schimpfen.

        Na klar hat der Westen eine große Teilschuld. Sa braucht keiner zu diskutieren. Aber zu glauben dass in China, Russland, Indien, Brasilien etc keine Umwelt- und Klimatechnischen Schweinereien stattfinden ist im besten Fall naiv.

    • @Strolch:

      Ich sehe den Zusammenhang so:

      FFF sind angetreten, die Erde weiterhin (?) zu einem lebenwerten Ort für Mensch, Tier und Natur zu machen. Der Kampf gegen die Klimakrise dient primär diesem Ziel.

      Aber auch Gaza und alle anderen bewohnten Flecken dieser Erde sollen den Menschen ein lebenswerter Ort sein.

      Schließlich bedrohen Krieg und Terror beide Ziele. Die moderne Kriegsmaschinerie bindet nicht nur enorme zivile Ressourcen, sondern unterminiert die Erreichung der Klimaziele direkt.

      "Militärgeräte sorgen zudem für einen hohen Ausstoß von Treibhausgasen."

      Quelle: www.tagesschau.de/...g-ukraine-101.html

      Umgekehrt befördert die Kimaerwärmung ihrerseits neue Krisen und Konflikte.

      Ich finde es deshalb wichtig, dass sich FFF und alle anderen politischen Umweltbewegungen auch zu Terror und Krieg äußern und positionieren. Dabei können nicht nationale Interessen im Vordergrund stehen, sondern es muss grundsätzlich um menschliche Interessen gehen.

      • @Uns Uwe:

        Ihr sucht einen Kausalzusammenhang, wo keiner ist.

        Die von der Klimakrise am stärksten betroffenen Länder sind zufällig solche, wo man mit westlichen/europäischen Sichtweisen auf den Nahostkonflikt nix anfangen kann.

        de.wikipedia.org/w...c_ergo_propter_hoc. Das ist eigentlich alles.

  • Können wir uns darauf einigen, dass Kanäle wie Insta, X, Tiktok etc. für komplexe Themen wie den Nahostkonflikt schlicht ungeeignet sind?

    • @hessebub:

      Wir hier schon, aber die anderen, die auf InstaXTok...

  • Wäre es möglich, Fridays for Future International auch in der Überschrift so zu bezeichnen? Ich sehe FFF Deutschland nicht in einer Abwehrhaltung, sondern als Teil einer konstruktiven Debatte. Die Überschrift suggeriert aber das Gegenteil, weil die Formationen wieder einmal nicht unterschieden werden.