Streik von Fridays for Future und Verdi: Aufstand der Klimaretter
Egal ob in Hamburg, Berlin oder Hessen: Beim gemeinsamen Streiktag demonstrieren Fridays und Verdi bundesweit gemeinsam.
„Tausende“ hätten bundesweit mitgemacht, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung am Nachmittag. Fridays for Future wertete den Aktionstag „als großen Erfolg“. Das „Spardiktat der Ampelregierung gefährdet unsere Zukunft!“, erklärte Darya Sotoodeh von Fridays for Future. Heute habe man „deutlich gemacht, dass wir nicht länger akzeptieren können, wie Politik auf Kosten von Klima, Beschäftigten und Fahrgästen gemacht wird“.
In Berlin forderten die Protestierenden am Invalidenpark unter dem Hashtag #WirFahrenZusammen längere Wendezeiten auf allen Linien und 500 Euro Urlaubsgeld im Jahr. Überdies sollten die ÖPNV-Kapazitäten bis 2030 verdoppelt werden.
Das Bündnis zwischen den Fridays und den Verdi-Leuten fühlte sich für viele offenbar noch ungewohnt an. Nachdem am Anfang die Gewerkschafter:innen in ihren gelben Westen und die jungen Aktivist:innen eher getrennt standen, vermischte sich die Menge während der Reden immer mehr. Zwei Busfahrer freuten sich über die jungen Unterstützer:innen: „Zusammen sind wir stärker!“ Durch die Klebeaktionen der Letzten Generation hatten sie die Bewegung teilweise kritisch gesehen, nun begrüßten sie aber den Zusammenschluss mit Fridays for Future.
„Klimaschutz und Arbeitskampf gehören zusammen, und deshalb gehen wir gemeinsam auf die Straße“, betonte Mathias Kurreck. Der Busfahrer und Personalrat bei der BVG ist sich sicher, dass Klimaschutz nur durch eine „sozial gerechte Verkehrswende für Beschäftigte und Fahrgäste“ erreicht werden könne. Die Beschäftigten des Nahverkehrs befördern täglich 28 Millionen Fahrgäste und vermeiden dadurch 9,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr. Während die Fahrgastzahlen stetig steigen, sinkt aber in Deutschland die Zahl der Menschen, die den Betrieb im ÖPNV aufrechterhalten.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge und SPD-Fraktionsvize Detlev Müller nahmen von den Protestierenden eine Petition für einen sozial verträglichen ÖPNV-Ausbau mit über 200.000 Unterschriften entgegen. Die anderen Fraktionen waren der Einladung nicht gefolgt.
Auch vor dem Gewerkschaftshaus in Hamburg tummeln sich gelbe Westen und rote Verdi-Fahnen. Um 11:30 Uhr setzt sich der Demozug in Bewegung – etwa 2.500 Teilnehmer*innen zählt ein Polizist. Unter ihnen: Busfahrer Frank Johannson, der seinen kleinen Sohn auf den Schultern trägt. Er hat ein Plakat umgehängt mit der Botschaft: „Papa braucht mehr Zeit für mich.“
Die Arbeitszeiten in seinem Job würden vieles im Familienleben kaputt machen, sagt Johannson. Kollege Thorsten Hukriede stimmt zu. Den Zusammenschluss mit Fridays for Future findet der Busfahrer hervorragend. „Dadurch können hoffentlich mehr Menschen, auch Jugendliche, unsere Forderungen verstehen“, sagt er.
„Wellenstreik“ seit Montag
Außerdem seien die Ziele miteinander vereinbar: „Wir sind ja die Klimaretter schlechthin. Alle, die den ÖPNV nutzen, fahren kein Auto.“ Vor dem Gebäude der Hochbahn pausiert der Demozug, die Streikenden machen Lärm mit Trillerpfeifen, Rasseln, Sirenen. Und ein Vertreter von Verdi ruft durchs Mikro: „Ihr seht unsere Entschlossenheit!“ Entschlossen überreicht das Bündnis eine Petition an den Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel vor dem Hamburger Rathaus. Rund 12.500 Menschen haben für bessere Arbeitsbedingungen im ÖPNV unterschrieben.
Verdi hatte die insgesamt rund 90.000 Beschäftigten im kommunalen öffentlichen Nahverkehr bundesweit seit Montag zu einem „Wellen-Streik“ aufgerufen. Betroffen waren 130 kommunale Unternehmen in allen Bundesländern außer Bayern, wo der Tarifvertrag noch nicht gekündigt ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben