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Nach AfD-Skandalrede in DresdenHöcke wird Fall für Verfassungsschutz

Das Thüringer Landesamt prüft die Dresden-Rede des AfD-Funktionärs. Mehrere Politiker fordern, die gesamte Partei unter Beobachtung zu nehmen.

Demokratiefeind Höcke? Der Verfassungsschutz prüft Foto: dpa

BERLIN taz | Der Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke rückt ins Visier des Verfassungsschutzes. Nach dessen umstrittener Dresden-Rede sagte Stephan Kramer, Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, der taz: „Wir prüfen die Rede und die Reaktionen darauf in der Partei.“

Höcke hatte am Dienstagabend bei einem Auftritt in Dresden das Holocaustmahnmal in Berlin als „Denkmal der Schande“ bezeichnet. Die Deutschen seien „das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat“. Deutschland befinde sich im Gemütszustand „eines total besiegten Volkes“.

Mehrere Politiker von CDU, SPD und Grünen hatten darauf eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz gefordert. CDU-Vize Thomas Strobl nannte die AfD „eine Schande mit Parteistatut“. „Ich bin überzeugt, der Verfassungsschutz muss ein scharfes Auge auf die AfD insgesamt und auf einzelne Personen aus der AfD haben“, sagte Strobl der Rhein-Neckar-Zeitung.

Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck forderte, zumindest den rechten Parteiflügel zu beobachten. „Im Reden sind Höckes Truppen von den Neonaziparteien NPD, Dritter Weg und Die Rechte kaum noch zu unterscheiden.“ Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka sagte der taz, die Rede Höckes zeige, „mit welcher Wucht sich Teile der AfD radikalisieren. Wenn sich der Verfassungsschutz nicht den Vorwurf gefallen lassen will, auf dem rechten Auge blind zu sein, muss er die AfD endlich ins Visier nehmen.“

Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesverfassungsschutzes, hatte dies zuletzt wiederholt abgelehnt: Dafür fehlten die Voraussetzungen. Die Auseinandersetzung mit der AfD müsse politisch geführt werden. Einzelpersonen aus der Partei werden nach taz-Informationen von einigen Landesämtern aber bereits heute beobachtet, etwa wenn diese Kontakte zu Rechtsextremen halten.

Mit dem Thüringer Prüfvorgang zu Höcke könnte es nun auch einen prominenten Parteifunktionär treffen. Bereits am Dienstag hatte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) Höcke scharf kritisiert. Dieser verschiebe „die Achse mehr und mehr nach rechts außen“. „Wer das Holocaust Mahnmal als Schande bezeichnet, den industriellen Massenmord aber nicht, der ebnet alle Schranken zur NSDAP ein.“

Lesen Sie auch: Kommentar zu Björn Höckes Rede – Gefährlicher als die NPD

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9 Kommentare

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  • Gerade der Verfassungsschutz in Thüringen spielte doch schon einmal eine höchst unglückliche Rolle. Es wäre vielleicht besser, den dort aufzulösen, als dann noch tatkräftige Unterstützer der rechten Szene auf die Weise ins Spiel zu bringen.

     

    Und was soll der Verfassungsschutz bringen? Das wir so Äußerungen wie in öffentlichen Reden der AfD zur geheimen Information der Bundesregierung und der Landesregierungen haben?

     

    Und selbst Veruteilungen von Rechtsextremisten sind zum Teil für die Katz. ISnd doch ca. 970 rechtsextreme Gefährder, die noch Strafen zu verbüßen hätten, immer noch auf freiem Fuß.

  • 3G
    36119 (Profil gelöscht)

    Ohne Höcke im Geringsten verteidigen zu wollen, möchte ich folgende Beobachtung wiedergeben, und zwar fragt man sich als Ausländer, der in dieses Land kommt (auch ich als Pass-Deutscher habe das getan!) schon, ob es nicht bessere Motive für das absolute Zentrum der deutschen Hauptstadt gäbe, als das bewusste Denkmal, an dem ich mehr als nur einmal vorbeigegangen bin, das ich aber nie betreten habe. Das Zentrum Berlin löst mithin totale Beklemmung aus, anstatt einladend zu sein und Freude auszustrahlen. Ist das der Sinn einer Hauptstadt? Wenn ja, gibt es dafür auch andere Beispiele in Europa, z.B in Rom, Paris, Moskau oder London?

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @36119 (Profil gelöscht):

      ja, das "Denkmal der Schande", wie es Herr Höcke nennt, ist viel zu 'harmlos'. Ich, als deutscher Staatsbürger, würde es begrüßen, an besagter Stelle, den Film 'Befreiung von Auschwitz' zu zeigen und zwar Tag für Tag.

      • 3G
        36119 (Profil gelöscht)
        @81331 (Profil gelöscht):

        Das genau ist mein Reden, d. h. man hätte dich und die restlichen 82 Millionen Bürger fragen sollen. Das hat man aus naheliegenden Gründen aber nicht gemacht so wie man die Menschen auch nicht gefragt hat, als die DM abgeschafft wurde. Die BR Deutschland ist eine ganz spezielle Demokratie, die erhebliche Angst vor ihren Bürgern hat und ihnen ganz schön misstraut.

  • ... ja klar, gerade mit einem blauen Auge aus dem Verbotsverfahren gegen die NPD gekommen und wieder nichts daraus gelernt.

  • Zum "Gemütszustand eines total besiegten Volkes"

     

    Ich habe nicht den Eindruck, dass heut zutage die Geschichte einer besiegten Nation erzählt wird, sondern genau das Gegenteil, es wird die Geschichte einer Nation erzählt, welcher es geschafft hat nicht nur seine dunkle Seite (vor alledem in den Köpfen der Menschen, mit Ausnahme der AfD) zu besiegen, sondern auch nach der totalen Zerstörung sämtlicher Infrastruktur zu einer der führenden Nationen geworden ist.

    Das hört sich für mich nach der Geschichte einer Siegernation an, nicht nach der einer besiegten.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Mit dieser Aussage hat sich die AfD entgültig entlarvt. Wer jetzt noch zweifel am nationalsozialistischen Chrakter dieser neofaschistischen Partei hat, dem ist nicht mehr zu helfen...

  • Sollten die Deutschen tatsächlich "das einzige Volk der Welt" sein, das sich "ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat", wäre das ein echter Grund stolz zu sein, finde ich.

     

    Welches Gefühl soll man als Volk denn haben (wenn man denn tatsächlich Gefühle haben kann als Volk), als das der Scham angesichts der Schande, die das Dritte Reich darstellt?

     

    Über die baulich-räumiche Qualität des Berliner Mahnmals kann man geteilter Meinung sein. In der Auffassung, dass sich so etwas wie der Beinahe-Genozid an den europäischen Juden niemals wiederholen darf, nicht. Und wenn sich etwas niemals wiederholen darf, ist es schon immer zielführend gewesen, ab und an dran zu erinnern, dass es falsch gewesen ist.

     

    Was Björn Höcke am "Gemütszustand eines total besiegten Volkes" auszusetzen hat, hätte ich ganz gerne mal erklärt. Ich kenne eigentlich nur Leute, die froh sind, dass uns die Aliierten seinerzeit "total besiegt[]" haben. Nicht auszudenken, wer bzw. was wir heute wären, hätte der "totale Krieg" damals mit einem Sieg für "den Führer" und "sein Volk" geendet. Man müsste sich glatt schämen, DeutscheR zu sein!

     

    Der "Gemütszustand eines total besiegten Volkes" kann also durchaus mit Erleichterung beschrieben werden. Zumindest in diesem ganz konkreten Fall. Im übrigen würde ich jede Wette darum eingehen, dass unsere Nachfahren uns ebenfalls ein Denkmal stiften würden, wenn wir Deutschen denn das erste Volk der Welt wären, das freiwillig und mehrheitlich beschließt, alle Menschen als gleich wertvoll anzusehen und Hetzern aller Art zu ignorieren. Dieses Denkmal wäre dann aber kein Denkmal der Schande, sondern eins des Stolzes.

     

    Übrigens: Sollten Grüne, Linke, Sozialdemokraten und Co. glauben, wenn sie Höcke verbieten, ist das Problem, das sie mit ihrem Machtstreben verursacht haben, gelöst, irren sie sich. So viel Dummheit müsste man dann eine echte Schande nennen. Ich denke ernsthaft über ein Denkmal nach...

  • Wie?Bekommt der jetzt noch ein paar Hunderttausend vom Verfassungsschutz oder wie?