NRW und belgische Atomkraftwerke: Laschet? Nie gehört!
Der NRW-Ministerpräsident erweckt den Eindruck, er verhandele hart über das Aus von belgischen AKWs. Doch in Belgien weiß man davon nichts.
Heute aber bescheren die forschen Töne dem Ministerpräsidenten, der bei den Koalitionsgesprächen auf Bundesebene auch Verhandlungsführer der Union für Energiepolitik ist, ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Denn von Gesprächen mit Laschet weiß die belgische Regierung nichts. Das geht aus der Antwort der belgischen Energieministerin Marie-Christine Marghem auf eine Anfrage hervor, die der Fraktionschef der Grünen im Brüsseler Parlament, Jean-Marc Nollet, auf Anregung des Grünen-Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer gestellt hat.
Die bisher letzten Gespräche zu Tihange und Doel habe sie noch mit dem Umweltminister der im Mai abgewählten rot-grünen NRW-Landesregierung, Johannes Remmel, geführt, schreibt Marghem. Der Grüne Remmel, der die maroden AKWs „Bröckelreaktoren“ getauft hat, habe ihr dabei am 14. Februar 2017 eine Studie zur Sicherstellung der belgischen Energieversorgung vorgestellt.
Über Kontakte zum Christdemokraten Laschet verliert die belgische Ministerin dagegen kein Wort. Angedacht sei allenfalls ein Treffen mit dessen auch für Energie zuständigen FDP-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart. Noch nicht einmal dafür stehe allerdings ein Termin fest, so eine Sprecherin – allerdings werde daran jetzt „mit Hochdruck“ gearbeitet. Auch Laschet selbst werde noch in diesem Monat zu politischen Gesprächen nach Belgien fahren, betonte der stellvertretende Regierungssprecher Moritz Kracht gegenüber der taz.
Der Ministerpräsident rede zwar gern, werde „für das Abschalten der belgischen Schrottmeiler“ aber „nicht tatsächlich aktiv“, kritisiert dagegen die energiepolitische Sprecherin der Grünen im Düsseldorfer Landtag, Wibke Brems. „Laschet versucht, die Umweltbewegung zu spalten und AtomkraftgegnerInnen gegen KlimaaktivistInnen auszuspielen“, warnte auch Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg am Dienstagnachmittag auf dem Weg zu einer Demonstration vor Laschets Staatskanzlei. Dazu haben 13 Anti-Atom- und Umweltschutzinitiativen gemeinsam aufgerufen.
Enttäuscht sind die UmweltaktivistInnen auch von Laschets Rolle in den Berliner Groko-Verhandlungen – schließlich werden das nur 57 Kilometer von Aachen entfernte Tihange ebenso wie Doel mit Atombrennstoff ausgerechnet aus deutscher Produktion versorgt. „Bisher wurde nur vereinbart, ein Ende der Brennstofflieferungen aus der Urananreicherungsanlage Gronau und der Brennelementefabrik Lingen prüfen zu wollen“, sagt Eickhoff – dabei liegen auch SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks längst Gutachten vor, nach denen die rechtssichere Schließung beider Anlagen möglich ist. „Eine Prüfung ist uns viel zu wenig“, sagt Eickhoff deshalb: „Wir fordern die sofortige Abschaltung dieser Atomfabriken.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“