piwik no script img

Musterverfahren gegen AutobauerDaimler verklagt

Verbraucherschützer werfen Daimler bewusste Manipulation von Abgaswerten vor. Ein Gericht soll klären, ob Chance auf Schadensersatz besteht.

Daimler streitet Manipulation von Abgaswerten bis heute ab Foto: Arnulf Hettrich/imago

Berlin afp | Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) will mit einer Diesel-Musterfeststellungsklage gegen den Autobauer Daimler gerichtlich klären lassen, wie es mit Schadensersatzansprüchen für Verbraucher aussieht. Mit der am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart eingereichten Musterfeststellungsklage sollten „die Voraussetzungen für Schadensersatz bei Mercedes GLC- und GLK-Fahrzeugmodellen mit dem Motortyp OM 651“ geprüft werden, teilte der vzbv mit. Anlass seien „zahlreiche Rückrufe“ des Kraftfahrt-Bundesamtes bei diesen Modellen aufgrund unzulässiger Abschalteinrichtungen.

„Mit dem Einbau solcher Vorrichtungen können Hersteller dafür sorgen, dass Fahrzeuge während der Typengenehmigung die zulässigen Grenzwerte für Abgase einhalten. Im Straßenverkehr überschreiten sie diese Werte dann aber deutlich“, erklärte der vzbv, der sich im vergangenen Jahr im Rahmen einer Musterfeststellungsklage gegen VW stellvertretend für vom Dieselskandal betroffene Autobesitzer mit Volkswagen auf einen Vergleich über Entschädigungen geeinigt hatte.

Daimler betonte am Mittwoch in Stuttgart, er halte die Ansprüche für „unbegründet“ und werde sich weiterhin dagegen zur Wehr setzen – „auch im Rahmen einer möglichen Musterfeststellungklage“. Durch eine Musterfeststellungsklage könnten „wichtige Rechtsfragen effizienter geklärt werden, was wir grundsätzlich begrüßen“, teilte Daimler mit. Inwieweit dies in diesem Fall möglich sein werde, bleibe abzuwarten. Die Rechtsprechung in den Individualverfahren ergehe derzeit „fast ausschließlich zu unseren Gunsten“, fügte der Konzern hinzu.

Vzbv-Chef Klaus Müller erklärte hingegen, dass die Verbraucherschützer davon ausgingen, „dass mit der Musterfeststellungsklage gegen die Daimler AG Verbraucherinnen und Verbraucher Schadensersatz verlangen können“. Mögliche Betroffene erhielten so „die Gewissheit darüber, ob die Daimler AG in mehreren Fahrzeugmodellen absichtlich unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut hat“.

Daimler streitet Manipulation bis heute ab

Trotz behördlicher Rückrufe bestreite Daimler bis heute, gezielt die Abgaswerte ihrer Fahrzeuge manipuliert zu haben. Das Oberlandesgericht Stuttgart solle dies nun feststellen. „Für viele betroffene Verbraucher herrscht dann endlich Rechtsklarheit“, erklärte Müller.

Die Musterfeststellungsklage war Ende 2018 als neues Klageinstrument eingeführt worden, um Verbraucher – auch mit Blick auf den Dieselskandal – im Kräftemessen mit Konzernen zu stärken. Eine solche Klage wird dabei stellvertretend für betroffene Verbraucher von einem Verband gegen ein Unternehmen geführt. Ein Verfahren endet mit einem Vergleich oder einem Urteil. Im entsprechenden Klagereregister beim Bundesamt für Justiz eingetragene Verbraucher können sich dann darauf berufen, müssten individuelle Ansprüche aber weiter selbst einklagen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Was ich mich frage: Warum nimmt die Verbraucherzentrale eigentlich ausgerechnet diese beiden SUVs? Der OM 651 war fast in der kompletten Modellpalette von Mercedes verbaut, von der A-Klasse bis zum Sprinter (siehe rechtecheck.de/ver...essen/#betroffene). Oder musste Daimler vielleicht bei den Spritschlucker-SUVs besonders dreist Abschalteinrichtungen einbauen?

  • RS
    Ria Sauter

    Dann drücke ich mal die Daumen.



    Es gibt auch massive Probleme bei Fiat, Citroen ind Peugeot.



    Auf das Urteil bin ich sehr gespannt.

  • Ich finde, an erster Stelle sollte eigentlich nicht die Täuschung von Verbrauchern stehen, sondern die gesundheitlichen Folgen. Es wird so getan, als ob die Verteilung der Folgen einer Handlung auf eine Vielzahl von Geschädigten die Tat weniger schlimm macht - aber das widerspricht jeglicher Logik.

    Bewusst die Umwelt zu verseuchen ist doch eigentlich unter anderem Körperverletzung, die andere Menschen objektiv schädigt, und wenn dies in ganz großem Stil passiert, auch vermutlich einige am Ende tötet, deren Gesundheit hätte geschützt werden müssen. Das ist es, wofür sich die Daimler-Manager zu verantworten haben sollten.