piwik no script img

Musiktipps für BerlinAlles im Fluss

Das Radialsystem feiert mit „15 Years of Transformation“ seinen Geburtstag und im Strandbad Plötzensee kommt Notorische Ruhestörung aus dem Kopfhörer.

Leiten das Trickster Orchestra: Cymin Samawatie und Ketan Bhatti Foto: Yücel Kursun

A lles ändert sich andauernd, so ist das nun mal. Doch die ständige Veränderung auch noch positiv zu framen, klingt arg nach den Neunziger oder frühen Nuller Jahren, als aus der Notwendigkeit eine neoliberale Tugend werden sollte.

Aber das mag man natürlich nicht dem Radialsystem vorwerfen, das zum Geburtstag unter dem Motto „15 Years of Transformation“ die Lust an der Veränderung feiert – schließlich ist die Flexibilität und Fluidität, die in vielen Kontexten stresst, als Gedankenspiel grundsätzlich eine gute Sache. Anlässlich des Geburtstags sind Künst­le­r*in­nen verschiedener Disziplinen eingeladen, sich mit kultureller Identität auseinanderzusetzen.

tazplan

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Am Freitag etwa wird das zwischen Neuer Musik, Klassik, Pop, und Improvisation aufgestellte Trickster Orchestra auf türkische und deutsche Ly­ri­ke­r*in­nen treffen. Entstanden ist das Programm „DIVAN 2.0“, das neue Sprach- und Tongeschöpfe hervorbringen will. Im Rahmen des deutschlandweiten Festivals „Studio Bosporus“, das anlässlich des 60. Jahrestags des Anwerbeabkommens mit der Türkei stattfindet – und mit dem zugleich das 10-jährigen Bestehens der Istanbuler Kulturakademie Tarabya gefeiert wird (10. 9., 20 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung über www.radialsystem.de).

Am Sonntag geht es dann an gleicher Stelle ebenfalls um einen interkulturellen Dialog jenseits von Exotismen: die Konzertreihe „Outernational“ forscht der Frage nach, wie zeitgenössische, globale Musik klingen kann. Konkret sollen hier alte Musik – orientalischer als auch europäischer Provenienz – auf Live-Elektronik treffen; zudem gibt es Neues vom zeitgenössischen Komponisten und Soundkünstler Yannis Kyriakides (12. 9., 20 Uhr, 16 / 12 €, www.radialsystem.de).

Ein buntes, vielseitiges Musikprogramm zwischen Elektronik, Ambient und Anarchie gibt es von Freitag (10. 9.) im Strandbad Plötzensee – wegen des dort entbrannten, bizarren Streits um Musikveranstaltungen, den die grüne Umweltstadträtin Sabine Weißler von Mitte eskalieren ließ, allerdings nur unter Kopfhörern.

Der eigentliche Aufhänger des Festivals „Saunasplash“ ist das muntere Saunieren in selbstgebastelten Schwitzhütten. Auf dem Musik-Programm stehen etwa am Freitag (10. 9., 19 Uhr) Pastor Leumunds „Durchhalteparolen für Durchgeknallte“, wie Friedrich Greiling aka Mittekill seine surrealen Beatbasteleien selbst nennt.

Am Samstag (11. 9, 19 Uhr) gibt es dann experimentelle Ambientsounds von Notorische Ruhestörung und später am Abend gut marinierten House mit Ute Ungewiss (Fr ab 16 Uhr, Sa+So ab 13 Uhr, 3-Tages-Ticket 80 €, Tagesticket 35 €, Infos unter saunaclash.de).

Ebenfalls einen chilligen Sommerausklang verspricht am Sonntag (12. 9, 14 Uhr, 16,50 / 11 €) die Veranstaltungsreihe Roda de Feijoada, bei der man erfahrungsgemäß zudem formadibel verpflegt wird. Neulich war die brasilianische Feelgood-Sause für die ganze Familie im Rahmen der „21 Sunsets“ im HKW zu Gast.

Jetzt sind wieder an ihrer der alten Heimstadt, dem Festsaal Kreuzberg – mit einem neuen Konzept. Im Rahmen einer Tribute-Serie will das Ensemble einzelne Künst­le­r*in­nen ehren, statt sich quer durch den Samba-Garten zu spielen. Die Hommage gilt der vor drei Jahren verstorbenen Dona Ivone Lara, die den Samba nicht nur performte, sondern als Komponistin arbeitete.

Eher avantgarde-orientiert ist man dagegen im Club Ausland unterwegs – außer, wenn mal wieder, wie zwischen dem kommenden Freitag und Sonntag das Mini Festival P.I.A stattfindet, was für „Pop im Ausland“ steht – wobei es natürlich auch dabei eher um Randbereiche und Nischenphänomene in der Popmusik geht. Doch gerade im Pop kann man ja, wie mit einem trojanischen Pferd, so manche neue Idee ganz niedrigschwellig dem Mainstream unterjubeln.

Diesmal sind vorwiegend Frauen und queere Acts am Start. So wird etwa am Freitag die Hamburger Künst­le­r*in Pose Dia alias Helena Ratka (ihren Künstlernamen lieh sie sich von ihrer glamourösen Großtante) ihre letztes Jahr erschienenes Album vor Publikum vorstellen: eine eigentümliche und recht treibende Mischung aus Synth-Pop, Clubsounds und Hip-Hop (16.–18. 9., jeweils 18 Uhr, Tickets 10-12 € im VVK, ausland-berlin.de).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!