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Mord an Walter LübckeKeine Aussage von Lübcke-Mörder

Walter Lübckes Mörder beruft sich in Wiesbaden auf sein Zeugnisverweigerungsrecht. In einer Stellungnahme artikuliert er Reue.

In Wiesbaden wird es wohl keine Befragung von dem zu lebenslanger Haft verurteilten Stephan Ernst geben Foto: Boris Roessler/dpa

Wiesbaden taz | Begleitet von sechs schwerbewaffneten SEK-Beamten betrat am Freitag pünktlich um 14 Uhr der verurteilte Mörder des CDU-Politikers Walter Lübcke den Gerichtssaal.

Der Landtagsuntersuchungsausschuss zur Aufklärung des Mordes und seiner Hintergründe war aus Sicherheitsgründen ins Wiesbadener Gerichtszentrum umgezogen. Doch nach einer kurzen persönlichen Erklärung von Stephan Ernst wurde die Sitzung unterbrochen. Sein Rechtsbeistand, Rechtsanwalt Mustafa Kaplan, hatte für seinen Mandanten ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht eingefordert. „Kein Zeuge muss sich selbst belasten“, sagte er zur Begründung.

Nur eine kurze Erklärung von Ernst

Stephan Ernst verlas stattdessen eine handschriftliche Erklärung. „Ich möchte sagen, dass es mir unendlich leid tut, was ich Herrn Lübcke und seinen Angehörigen angetan habe. Ich bereue zutiefst, dass ich mich dem rechtsextremistischen Gedankengut angeschlossen habe und aus hasserfüllter Einstellung mit Gewalt gegen Leib und Leben von Herrn Lübcke vorgegangen bin. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an diese schreckliche Tat denke“, sagte Ernst und schloss mit den Worten: „So etwas darf nie wieder geschehen“.

Nach dieser kurzen Erklärung wurde Ernst wieder abgeführt. Der Ausschuss beriet fast eine Stunde lang in nichtöffentlicher Sitzung das weitere Vorgehen. Danach unternahmen die Abgeordneten einen Versuch, dem Zeugen doch noch Informationen zu entlocken.

Wann hat Ernst mit seinem freigesprochenen ehemaligen Gesinnungsgenossen Markus H. mit Waffen trainiert? Kennt er sich mit Sprengstoff aus und wenn ja, mit welchem?, fragten die Abgeordneten. Ernst gab auf solche Fragen ausschließlich Details preis, die aus dem Prozess vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ohnehin bekannt sind. Die immer wieder von Beratungspausen unterbrochene Befragung gestaltete sich mühsam und wenig ergiebig.

Ernsts Rechtsbeistand teilte immerhin mit, dass sein Mandant weiterhin bereit sei, den Angehörigen der Familie Lübcke alle Fragen zu beantworten: „Sein ganzes Leben lang“. Ernst nimmt außerdem seit zwei Jahren am Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten „Exit“ des Landes Hessen teil und trifft sich jede Woche mit dessen MitarbeiterInnen zu einem Gespräch. Mehr ergab diese mit hohen Erwartungen verbundene Befragung nicht. Am späten Nachmittag wurde der Zeuge wieder in die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt gebracht.

Ernst ist wegen des Mordes an dem CDU-Politiker im Januar 2021 vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er hatte Lübcke im Juni 2019 auf dessen Terrasse aus rechtsextremistischen Motiven erschossen.

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