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Moorkundler über Moore und Klimawandel„Wir haben zu viel entwässert“

Landwirtschaft, die auf entwässerten Moorflächen betrieben wird, ist ein großes Problem. Moorkundler Hans Joosten hält dazu einen Online-Vortrag.

Kandidat für eine Renaturierung: das Sulinger Moor im Landkreis Diepholz Foto: dpa / Julian Stratenschulte
Niklas Berger
Interview von Niklas Berger

taz: Herr Joosten, für viele Menschen ist es ein poetischer, aber sagenumwobener Ort. Wie sind Sie zum Moor gekommen?

Hans Joosten: Ich bin in einem Moor geboren, ich war schon da. Die erste Erinnerung war, als mein Vater mich, als ich drei Jahre war, mit ins Moor nahm.

Was hat Sie beeindruckt?

Die sehr vielen Brachvögel, die ihren sehr traurigen Ruf in den Himmel gerufen haben.

Wie ging es weiter?

Ich war immer interessiert gewesen an Wissenschaft, aber auch an gesellschaftlicher Aktivität, an Politik. Und das ließ sich bei mir für die Moore gut miteinander verbinden.

Was sind denn da gerade die drängendsten Probleme?

Das große Problem ist, dass fast alle Moore entwässert sind, das ist historisch so gewachsen. Schon 83 Prozent der Moore sind für die Landwirtschaft entwässert.

Und das schadet dem Klima?

Online-Vortrag

„Klima, Wasser, Moore –­ ­Skizzen zu einem neuen Umgang mit Moorland“: heute, 19.30 Uhr, online auf https://hanse-ias.de/digital

Alle Windräder in Deutschland sparen zwei Millionen Tonnen CO2 – die entwässerten Moore emittieren sechs Millionen Tonnen. Wir können nicht weiter auf Mooren auf Entwässerungsbasis produzieren. In Europa ist nur 3 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Moorfläche. Und diese drei Prozent sind verantwortlich für 25 Prozent aller Emissionen aus der Landwirtschaft. Der Klimaschaden von Landwirtschaft auf Moor allein in Deutschland kostet nach offiziellen Zahlen acht Milliarden Euro pro Jahr.

Wie können wir Moore wieder klimagerecht gestalten?

Aufhören zu entwässern. Und das ist eine Aktivität, man muss etwas tun! Für viele Flächen in Deutschland würde es reichen, einfach die Pumpe abzustellen. Aber natürlich können wir nicht auf all diese Flächen verzichten. Dann muss man Methoden entwickeln, um unter nassen Bedingungen anzubauen. Das sind die sogenannten Paludikulturen, die wir als Spezialität in Greifswald ausgearbeitet haben.

Bild: Klaus Jongebloed/DBU
Im Interview: Hans Joosten

66, ist emeritierter Professor für Moorkunde und Paläoökologie an der Universität Greifswald.

Hat sich das Ansehen der Moore gewandelt?

Die meisten Leute sind sich nicht bewusst, dass Moore eine derartige Klima-Relevanz haben. Erst in den letzten Jahren fängt es an, dass Leute sich bewusst sind, dass Moore sehr viele Ökosystem-Dienstleistungen bringen.

Nur ökologische Dienstleistungen?

Nein, die Paleoökologie, die Ökologie der Vergangenheit, versucht Informationen zu sammeln, um überhaupt zu wissen, was in der Vergangenheit geschehen ist. Die Moore sind unglaublich spannende Lagerstätten von Paleo- und auch archäologischer Information. Das hat damit zu tun, dass Moore für tausende Jahre auch eine Art Heiligtümer waren. Man hat in Europa sicher mindestens 500 Menschen im Moor gefunden, die geopfert wurden.

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