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Möglicher Bundeswehr-Abzug aus MaliAus dem Sinn

Kommentar von Katrin Gänsler

Ein Rückzug der Bundeswehr aus Mali wird vor allem bedeuten, dass der Fokus auf das Land weiter schwindet. Die Folgen wären fatal.

Soldaten der Bundeswehr nach ihrer Rückkehr aus Mali auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen Foto: Moritz Frankenberg/dpa

D ie Spekulationen der vergangenen Tage scheinen sich zu bestätigen: Auch wenn noch nichts beschlossen ist, könnte die Bundeswehr im kommenden Jahr ihre Teilnahme am Minusma-Einsatz in Mali beenden.

Eine solche Entscheidung wäre nicht überraschend und durchaus plausibel. Anfang der Woche hatten Großbritannien und die Elfenbeinküste angekündigt, ihre Truppen abzuziehen. Die französische Anti-Terror-Mission Barkhane, die bisher den Flughafen von Gao betrieben hatte, hat Mali bereits im Sommer verlassen. Es gab Konflikte mit der Militärregierung von Assimi Goïta um die Rotation der Soldat*innen. Aus der Sicht vieler hat die Minusma die hohen Erwartungen, den Norden des Landes zu stabilisieren, nicht erfüllt.

Trotzdem ist es gelungen, Städte wie Gao und Timbuktu sicherer zu machen. Es ist unklar, bis wohin Dschihadisten ohne die Minusma möglicherweise vorgedrungen wären. Vergessen wird außerdem häufig, dass ja eigentlich die Regierung in der Verantwortung ist und sowohl Infrastruktur als auch Perspektiven aufbauen muss. Mali sei, wie sie gerne betont, schließlich ein souveräner Staat.

Der hat sich ausgerechnet die russische Wagner-Miliz zum neuen Partner erkoren. Ihr und den malischen Streitkräften werden in Kooperation schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Es stimmt: Auch Blau­helm­sol­da­t*in­nen haben beispielsweise in der Zentralafrikanischen Republik missbraucht und vergewaltigt. Doch das Verhalten von Wagner und der malischen Armee schafft weder Stabilität noch Vertrauen in der Bevölkerung.

Letztendlich würde Deutschlands Rückzug aus Mali vor allem bedeuten, dass der Fokus auf das Land weiter schwindet. Die deutsche Außenpolitik könnte sich noch mehr um Europa und den natürlich zu verurteilenden Angriffskrieg auf die Ukraine drehen.

Hilfsorganisationen verzeichnen aber leider schon länger einen Rückgang der finanziellen Unterstützung für Westafrika – obwohl sich der Bedarf erhöht. Krisen und Kriege, die nicht vor der eigenen Haustür stattfinden, geraten ohne solche Einsätze noch stärker in Vergessenheit.

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Westafrika-Korrespondentin
Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.
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10 Kommentare

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  • Es ist nicht Aufgabe der BW dafür zu sorgen, dass der Fokus auf das Land nicht schwindet.

    Es hilft, einen Blick auf die Aufgaben der BW in Mali zu werfen.



    Es geht um Führung, Beobachtung, Aufklärung, Sicherung der Rettungskette und Luftbetankung.



    www.bundeswehr.de/...hr-un-einsatz-mali



    Das sind Aufgaben, die im Verbund mit Einheiten anderer Länder sinnvoll seien können. Nach dem Abzug, dieser anderen Einheiten, ist auch das nicht mehr gegeben.

    Es ist auch nicht im Entferntesten plausible, wie die Präsenz dieser deutschen Einheiten zur Sicherheit in Goa und Timbuktu beitragen kann.

    Soldaten, im Besonderen fremde Soldaten, können keine Polizeiaufgaben ausführen, die Bekämpfung von Terrorismus ist eine Polizei- und Politikaufgabe.



    Das gilt noch mehr in einem multiethnischen Staat.

    Mali ist ein "failed state", die Verantwortung dafür liegt sowohl bei der ehemaligen Kolonialmacht, als auch bei den herrschenden und profitierenden Elite.



    Die Menschen dort brauchen keinen "weißen Retter", weil der Teil des Problems war und ist.

    Der Einsatz der BW war ein Zeichen an Frankreich, auch einen Beitrag zum Erhalt des post-kolonialen Imperiums beitragen zu wollen, natürlich ohne Beteiligung an Kampfhandlungen, also Brunnenbauen und Mädchenschulen.



    Dass das, wie in anderen Fällen, nicht geht und eine Verschwendung von Mitteln für die Landesverteidigung ist, war klar.

    Dass wir die Menschen in Afrika nicht vergessen sollten, ist auch klar.

  • " Die deutsche Außenpolitik könnte sich noch mehr um Europa und den natürlich zu verurteilenden Angriffskrieg auf die Ukraine drehen."

    Ja. Es wird furchtbar, wenn D seine Nase nicht mehr in die Angelegenheiten fremder Kontinente steckt. Wie soll da richtiges Großmachtfeeling aufkommen? Schließlich sind wir wie der wer!

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Welches Anliegen hat den so ein Kontinent?

      • @Rudolf Fissner:

        Extra für Sie:

        ... die Angelegenheiten der Bewohner fremder Kontinente...

        Jetzt verständlich?

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Nö. Ihre interkontentinalen Restriktionen lassen immer noch internationale Nasenstupser zu. Und wie ist es mit intranationalen oder gar nationalen Einmischungen. Sollte der Staat nicht auch da seine Finger raus lassen?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Genau, es ist viel besser, wenn China den Laden übernimmt. Es ist ja auch nicht so, als ob zwischen unseren " Kolonialen Abenteuern" und heute 100 Jahre vergangen wären...

      • @Philippo1000:

        Es geht uns schlicht nichts an, mit wem sich Mali einlässt.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Welches Problem, wo sich DE ungefragt in die Politik Malis einmischt sprechen Sie an?

          • @Rudolf Fissner:

            Die aktuelle Regierung Malis will uns loswerden. Also haben wir dort nichts verloren.

            "Welches Problem, wo sich DE ungefragt in die Politik Malis einmischt sprechen Sie an?"

            Z.B. Wahltermine.