Mit GEZ-Schulden im Gefängnis: Neues aus der Anstalt
Ein Mann zahlt jahrelang keinen Rundfunkbeitrag. Dafür muss er in den Knast. Schuld daran sind aber nicht die Öffentlich-Rechtlichen.
W ie kaputt ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, wenn er zu solchen Mitteln greift“, fragt gerade mal wieder die Community der GEZ-Hasser auf Twitter. Denn da sitzt ein Mensch seit rund drei Monaten im Knast. So viel ist sachlich richtig, dann hört es mit den Fakten aber schon auf. Nicht der WDR, dem dieser Mensch ein paar Jahre Rundfunkbeitrag schuldet, hat da wen eingebuchtet. Dieser Ordnungswidrige sitzt in der so genannten Erzwingungshaft, weil er keine Vermögensauskunft abgeben möchte.
Die wird fällig, wenn jemand angemahnte Gelder, Beiträge oder Gebühren nicht zahlt und den Gerichtsvollzieher*innen keinen Einblick in seine Finanzen gewährt. Nichtgezahlte Überziehungsgebühren bei der Bibliothek oder Schwarzfahren und eben auch der Rundfunkbeitrag sind gerne mal so Fälle.
Für die Öffentlich-Rechtlichen ist die dadurch entstehende Aufregung so überflüssig wie ein Kropf oder „Sprüche vor acht“. Vor allem wenn sich wie jetzt auch sofort die AfD mit ihrem „ARD abschaffen“ dranhängt. Wenn WDR-Chef Tom Buhrow, der gerade passenderweise auch ARD-Vorsitzender ist, den Fall nur aus der Presse kennt, ist das hoffentlich fromm geflunkert. So hat es Buhrow aber am Montag beim Pressegespräch zum Start der neuen Verbundmediathek von ARD und ZDF gesagt. Und dass er zu Einzelfällen ohnehin nichts sagen dürfe. Versuch macht also doch nicht klug.
Denn es gab in den letzten Jahren immer wieder solche Vergehen. Damit endlich Ruhe im Erzwingerclub einkehrt, müssen alle Anstalten und die Vollstreckungsbehörden zu besseren Lösungen kommen. Denn pro 100 Euro, die ARD, ZDF und Deutschlandradio geschuldet werden, entsteht ein Imageschaden von locker 100.000 Euro.
Es gibt auch bessere Ansätze wie die Auskunftsrechte der Behörden über das Bundeszentralamt für Steuern. Doch viele Gerichtsvollzieher*innen scheuen den Papierkram und reiten lieber so sheriffmäßig mit der Polizei im Schlepptau ein. Bevor sich jetzt der gesamte Berufsstand aufregt: Ja, auch ihr habt eure Vorschriften und teilweise macht es jede Kommune, jedes Landratsamt auch noch ein bisschen anders. Ein Austausch findet kaum statt.
„Warum gibt es denn hier eigentlich keinen Gerichtsvollzieherverbund, wo sich alle verlinken wie bei den Mediatheken,?“, fragt die Mitbewohnerin. Klar ist das mühsam und dauert wie das „Streaming-Netzwerk“ von ARD und ZDF. Nen Versuch wäre es aber wert.
Immerhin stimmt eins versöhnlich. In der Anstalt muss keiner für die Anstalt zahlen. Denn „Hafträume in Justizvollzugsanstalten“ gelten nicht als Wohnung oder Betriebsstätte und sind deshalb vom Rundfunkbeitrag befreit.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links