Misshandlungen bei Wiesenhof: Tierquäler bleiben ungestraft
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht mehr wegen Misshandlung von Hühnern auf einer Farm von Wiesenhof. Der Beweisfilm sei "rechtswidrig" aufgenommen.
Die Staatsanwaltschaft Verden hat die Ermittlungen wegen Tierquälerei auf einer Farm von Deutschlands größtem Geflügelfleischlieferanten Wiesenhof eingestellt. Nicht etwa weil die Beschuldigungen falsch wären – sondern weil ein Video, das zum Beispiel das Genickbrechen von Hühnern ohne Betäubung zeigt, der Behörde zufolge "rechtswidrig" aufgenommen worden ist.
Andere Beweise fehlten, schreibt die Staatsanwaltschaft in einem Brief an die Tierrechtsorganisation Peta, die die Anzeige erstattet hatte. "Wiesenhof hat diese Staatsanwaltschaft ,gekauft' ", kritisierte Peta-Berater Edmund Haferbeck.
Das ARD-Magazin "Report" hatte die Aufnahmen im Januar 2010 ausgestrahlt und damit eine Debatte über die Zustände in der Massentierhaltung ausgelöst. Die damalige Pächterin der Farm und ihr Mann wurden für den taz Panter Preis nominiert, weil sie die Tierquälereien öffentlich machten und aus dem Geschäft ausstiegen. Der Fall könnte auch Maßstäbe dafür setzen, wann Rechercheure verdeckt Videos von gesellschaftlichen Missständen drehen dürfen.
Zu sehen war auf den Bildern unter anderem, "wie Personen Hühnern ohne vorherige Betäubung unter anderem durch Festhalten am Kopf und Herumschleudern des Körpers das Genick brechen", heißt es in dem Schreiben der Staatsanwaltschaft. Außerdem hätten Menschen nach den Tieren getreten und mit Hühnern gefüllte Transportbehälter etwa aus "Brusthöhe einer Person" auf die Ladefläche eines Lastwagens fallen lassen.
Wiesenhof hat Übergriffe nie bestritten
Die Pächterin habe erklärt, dass die Bilder aus der Farm im niedersächsischen Twistringen stammten, die sie für Wiesenhof betrieb. Um die Tierquälerei zu belegen, seien Kameras installiert worden. Die mutmaßlichen Täter waren nicht Beschäftigte der Farm, sondern wurden von dem Geflügelkonzern direkt oder indirekt beauftragt, um die Tiere für den Abtransport in einen Schlachthof vorzubereiten.
Wiesenhof hat die Übergriffe nie bestritten. Auch die Staatsanwaltschaft bezweifelt in ihrem Schreiben nicht, dass die Aufnahmen authentisch sind. Die Hühner in dem Video seien "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" erheblich verletzt worden.
"Es könne daher auch davon ausgegangen werden, dass den Tieren Schmerzen zugefügt wurden", zitieren die Ermittler ein Gutachten des Veterinäramts im Landkreis Diepholz.
Dennoch verzichtet die Staatsanwaltschaft darauf, die Verantwortlichen anzuklagen. Schließlich sei das Video heimlich aufgenommen worden. Eine "Einwilligung der abgebildeten Beschuldigten" liege nicht vor. Die Staatsanwaltschaft sieht deshalb im Unterschied zu anderen verdeckten Aufnahmen zur Aufdeckung von Missständen "die Privatsphäre" der beschuldigten Mitarbeiter verletzt.
Die erstrecke sich nämlich auch auf deren Arbeitsplatz, weil dieser ihrem Wissen nach nicht in der Öffentlichkeit stand. Außerdem gehe es um Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, das etwa für das Töten eines Wirbeltiers "ohne vernünftigen Grund" lediglich bis zu drei Jahre Gefängnis vorsieht. Das falle in den "Bereich der unteren Kriminalität" und rechtfertige nicht, in die Privatsphäre des Täters einzudringen.
Peta-Berater Haferbeck legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ein, in deren Bereich Wiesenhof zahlreiche Mastbetriebe hat. "Wiesenhof hat seine eigene Justiz dort", sagte Haferbeck der taz. Er verwies darauf, dass das Amtsgericht Cloppenburg 2010 einen Putenmäster rechtskräftig verurteilt habe – "allein aufgrund der ,illegal' gedrehten Aufnahmen eines Undercover-Tierschutzermittlers".
Auch andere Richter hätten entschieden, dass verdeckte Aufnahmen zulässig sind, um Tierschutzvergehen aufzudecken. Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Verden, Lutz Gaebel, wollte sich auf Anfrage der taz nicht zu den Vorwürfen äußern.
Leser*innenkommentare
Schulz
Gast
Also ich bin von sowas von wütend.
Wie kann ein Staatsanwaltschaft solche Tierquäler
sprich Name West Johann( Wiesenhof) auch noch in Schutz nehmen.
Bin sowas von Entäuscht von unsern angeblichen Rechtstaat. Bundesverbrauchsministerin Aigner ist Ihre Aufgabe sowas zu unterbinden bzw. die Staatsanwaltschaft auf die Finger zu hauen.
Das ist ein Skandal.
Tierfreund.
Marion
Gast
eigentlich fehlen mir hier die worte,so kann doch wiesenhof und co lustig weiter machen wie bisher.
aber eigentlich sind doch wir verbraucher schuld,würde keiner mehr wiesenhof,s produkte kaufen,währe dieser betrieb dem untergang geweiht.
bloß,sind andere besser???
Hab Ich
Gast
"Hinter der sichtbaren Regierung sitzt auf dem Thron eine unsichtbare Regierung, die dem Volk keine Treue schuldet und keine Verantwortlichkeit anerkennt.
Diese unsichtbare Regierung zu vernichten, den gottlosen Bund zwischen korruptem Geschäft und korrupter Politik zu lösen, das ist die Aufgabe des Staatsmannes.“ (Theodore Roosevelt, Wahlkampfrede 1912)
Klaus Ludwig
Gast
Ich glaub es nicht, ist die Staatsanwaltschaft mittlerweile auf südländisches Niveau gesunken? Soll Ihnen doch die Kungelei im Hals stecken bleiben und der Notdienst Urlaub machen. Denn Lebewesen zählen bei denen offensichtlich nichts. Auweia, hoffentlich muss ich nicht mal gerettet werden und diese sog. Anwälte hätten darüber zu befinden. Schlechte Aussicht!
Hasso
Gast
Allein schon dieser Begriff: Staatsanwalt, kotzt mich an! Würden die Chickens goldene Eier legen, Mensch, was hätten die für eine Lobby!
tiggerlily
Gast
Das macht mich einfach nur sprachlos. Die Täter würden doch niemanls ihre Einwilligung zu solchen Aufnahmen geben. Also kann man ihnen nichts anhaben??? Das kann ja wohl nicht wahr sein.
Antonietta
Gast
Über 90% der Tiere, die wir essen, kommen aus der Massentierhaltung. Dort werden sie in Käfige gepfercht oder zu Tausenden in Hallen ohne Fenster gesperrt und sie verletzen sich gegenseitig vor Panik. Viele verenden schon vor der Schlachtung. Massentierhaltung ist der pure Horror für Tiere.
Sheraza
Gast
Das darf ja wohl nicht wahr sein *kopfschüttel
Da fehlen einem die Worte. Wie gut das Wiesenhof bei mir sowieso seit langem tabu ist
Jan
Gast
PETA vermutet ein "gekaufte" Staatsanwaltschaft und hat damit sicher voll ins Schwarze getroffen.
Bitte, liebe Leser, kauft eure Hühner woanders!
grefel
Gast
krass ist, dass es in deutschland eben KEIN beweisverbot gibt (im gegensatz zum angelsächsischen raum, aus dessen filmen sich auch hier das vorurteil nährt). eigentlich müsste das gericht entscheiden, ob die beweismittel eingesetzt werden dürfen.
da die staatsanwaltschaft aber auf die anklage verzichtet, kann es dazu gar nicht kommen.
by the way: normalerweise lassen richter gerne beweise der polizei zu, auch wenn diese rechtswidrig ermittelt wurden.
Peter Meier
Gast
Hier sind Tiere gequält worden. Dies ist unbestritten. Dies bestreitet wahrscheinlich niemand. In dem Artikel wird aber nicht auf die Rolle der Pächterin eingegangen, die auch für die Staatsanwaltschaft verantwortlich war.
Das keine weitere Ermittlungen aufgenommen wurden, oder ein Verfahren eröffnet wurde, liegt auch an PETA. PETA hat genauso gegen Recht verstossen wie Wiesenhof und die Pächterin. Die Aufnahmen waren und sind rechtwidrig. Wahrscheinlich hat PETA sogar gegen den Tierschutz verstossen, denn sie haben zugelassen, das die Tiere 6 Monate lang gequält wurden und sind erst tätig geworden als sie die Aufnahmen Öffentlichkeitswirksam vermarkten konnten.
Das hat auch mit Tierschutz nichts zu tun.
viccy
Gast
Dass dem Staat Grenzen bei der Verbrechensbekämpfung gesetzt sind, akzeptieren in Deutschland manche Zeitgenossen wohl nur dann, wenn sie selbst einmal ins Fadenkreuz geraten. Was soll's - jetzt ist halt der Verbraucher am Zug, so what?
Klassenjustiz
Gast
Beweise rechtwiderig! Ach so, da sind natürlich die geklauten CDs für die Steuer, die Angehörten Gespräche, ....
was ganz anderes!
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Es ist doch rührend, wie sehr sich der Staatsanwalt um
"das Recht am eigenen Bild" der Hühner kümmert!
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Ich schließe: So lange ich niemanden zutritt zu meinen Dingen gewähre (Hausrecht) sind alle Beiweise die doch gefunden worden sind Rechtswiderig?
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Das erzähl mal der Staatsanwaltschaft in DRESDEN!
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Ps. Der Staatsanwalt hat nicht zufällig ganz privat natürlich etwas "gewulfft"?
yberg
Gast
na da ham wir doch wieder den täterschutz.da müßten unsre berliner strafkammern die u-bahn halbtotschläger auch laufen lassen,liegen doch von denen keine einwilligungen für die filmaufnahmen vor.
erbärmlich welch bild staatsanwälte mitunter abgeben.