Ministerin Geywitz in der Wohnungskrise: Friedrich Engels lesen!
Die Bauministerin fällt durch Vorschläge auf, die Hilflosigkeit zeigen. Besser wäre es, sie würde ein Versprechen des Koalitionsvertrages einlösen.
W ahre Worte: „Und diese Wohnungsnot macht nur soviel von sich reden, weil sie sich nicht auf die Arbeiterklasse beschränkt, sondern auch das Kleinbürgertum mit betroffen hat“. Die Analyse ist allerdings schon über 150 Jahre alt und stammt aus der Textreihe „Zur Wohnungsfrage“ von Friedrich Engels. Sie ist heute wieder brandaktuell, wenn man die „Arbeiterklasse“ durch „Leute mit wenig Geld“ austauscht. Und der Wohnungsmangel hat längst große Teile der Mittelschicht erreicht.
Es ist unwahrscheinlich, dass SPD-Bauministerin Klara Geywitz Friedrich Engels liest, um die Wohnungskrise zu verstehen. Ihr Mantra, das sie jetzt auf der Münchner Baumesse großenteils wiederholt hat, ist: Wir müssen mehr bauen und Bürokratie abbauen. Stadtmenschen sollten doch aufs Land ziehen. Ihr neuester Einfall: Man müsse „mit der gleichen Anzahl an Personen auf den Baustellen mehr herstellen“, die Bauarbeiter sollen also einfach ein bisschen mehr ranklotzen, dann wird das schon.
Diese Ideen sind ein Ausdruck schierer Hilflosigkeit, weil sie am Kernproblem vorgehen: Wohnen ist keine Ware (Engels), sondern ein Menschenrecht. Solange die größten Teile des Mietwohnungsmarkts gewinnorientiert organisiert sind und die Preise durch Angebot und Nachfrage geregelt sind, wird immer nur an den Symptomen herumgedoktert.
Man kann von einer mittigen SPD-Ministerin nicht erwarten, dass sie die Systemfrage stellt. Sie wird darauf hinweisen, dass man es ja schon mal ganz anders machen wollte, nämlich in der DDR – mit den bekannten durchwachsenen Ergebnissen. Aber man kann erwarten, dass sie den Koalitionsvertrag ernst nimmt, in dem eine neue Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau angekündigt ist, von der aber noch nichts zu sehen ist.
Es gab mal ein anderes Deutschland, das ein sehr erfolgreiches Gemeinnützigkeitsprogramm aufgelegt hatte: die Weimarer Republik. Heute ist „Genossenschaft“ zum Synonym für überteuerte Baugruppenprojekte der linksliberalen Erbengeneration geworden. Es es ist an der Zeit, den Begriff zurück zu seinen Wurzeln zu führen.
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