Milliardenhilfen der Bundesregierung: Wer was bekommt
Durch die Coronakrise stehen viele Menschen vor der Pleite. Die Bundesregierung will helfen. Aber wem? Und wie? Ein Überblick.
Angestellte
Millionen von Menschen müssen derzeit zu Hause bleiben, weil Unternehmen ihre Produktion drosseln oder ganz schließen. Für sie gibt es Kurzarbeitergeld. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt 60 Prozent des Nettolohns, bei Menschen mit Kindern sind es 67 Prozent. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat zudem angekündigt, dass das Kurzarbeitergeld demnächst steigen soll. Das Kurzarbeitergeld wird vom Arbeitgeber beantragt, die Beschäftigten müssen sich also nicht einzeln melden. In einigen Branchen stocken die Unternehmen das Kurzarbeitergeld zusätzlich auf, etwa in der Metall- und Elektroindustrie.
Kurzarbeitergeld wurde in allen konjunkturellen Krisen gezahlt. Neu ist: Wer in Kurzarbeit geht, soll hinzuverdienen dürfen – wenn es sich um eine Beschäftigung in besonders wichtigen Branchen handelt. Zudem können die Unternehmen bereits Kurzarbeitergeld beantragen, wenn nur 10 Prozent ihrer Beschäftigen vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bisher lag die Grenze bei einem Drittel. Geplante Kosten: 10,05 Milliarden Euro.
Freiberufler
Kurzarbeitergeld gibt es nur für Angestellte, nicht aber für die Chefs oder für Solo-Selbstständige. Deshalb können kleine Firmen und Selbständige wie Ladeninhaber, Restaurantbesitzer, Handwerksmeister, Physiotherapeuten oder Künstler staatliche Zuschüsse beantragen, die sie nicht zurückzahlen müssen. Diese Hilfen werden über die Bundesländer ausgezahlt.
Die Zuschüsse richten sich nach der Beschäftigtenzahl: Für bis zu fünf Erwerbstätige sind maximal 9.000 Euro für drei Monate möglich, für bis zu zehn Erwerbstätige höchstens 15.000 Euro. Außerdem gibt es die Möglichkeit, bei der staatlichen Förderbank KfW Kredite zu beantragen (siehe unten). Unternehmen können zudem ihre Steuern später begleichen. Auch die Sozialbeiträge können in einer Notsituation gestundet werden. Geplante Kosten: 10 Milliarden Euro.
Grundsicherung
Wer durch die Coronakrise sein gesamtes Einkommen verliert, kann sofort Grundsicherung beantragen – auch ohne zuvor sein Vermögen verkaufen zu müssen. Denn befristet auf sechs Monate wird die Vermögensprüfung ausgesetzt, sofern der Besitz nicht sehr erheblich ist. Die Selbstständigkeit kann dabei offiziell weiterlaufen, und es ist nicht nötig, sich arbeitslos zu melden. Alleinstehende erhalten monatlich 432 Euro, hinzu kommen Gelder für Miete und Heizkosten. Geplante Kosten: 7,7 Milliarden Euro.
Mieter
Mietern darf nicht gekündigt werden, wenn sie wegen der Coronakrise ihre Miete nicht aufbringen können. Dies gilt für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni. Allerdings müssen die Mieter glaubhaft nachweisen, dass sie tatsächlich durch die Epidemie in Rückstand geraten. Die Mieten müssen später nachgezahlt werden.
Eltern
Wer Kinder unter zwölf Jahren betreuen muss und deshalb nicht arbeiten kann, erhält 67 Prozent des Nettolohns. Dies gilt zunächst für sechs Wochen. Pro Monat gibt es höchstens 2.016 Euro. Dieser Anspruch besteht nicht in der Zeit, in der sowieso Schulferien gewesen wären. Die Auszahlung übernimmt der Arbeitgeber, der sich das Geld dann von der zuständigen Landesbehörde erstatten lassen kann. Da sich bei vielen Familien das Einkommen durch Corona reduziert, kann der Kinderzuschlag von 185 Euro jetzt leichter beantragt werden. Es zählt nur noch das letzte Monatseinkommen – statt der letzten sechs. Das gilt bis zum 30. September 2020.
Rentner
Rentner können ins Berufsleben zurückkehren, ohne dass ihre Rente gekürzt wird. Im Jahr 2020 dürfen sie 44.590 Euro hinzuverdienen, bisher waren es nur 6.300 Euro.
Unternehmen
Viele Unternehmen haben keine Kunden mehr oder aber die Lieferkette stockt. Damit den Firmen nicht das Geld ausgeht, können sie Notfall-Darlehen der Förderbank KfW beantragen. Die Gelder sollen dann schnellstmöglich über die Hausbanken ausgezahlt werden. Die KfW und damit der Staat übernehmen je Kredit ein Ausfallrisiko von bis zu 90 Prozent. Die Zinsen sollen sehr niedrig sein, für kleine und mittlere Unternehmen nur 1 Prozent betragen. Für größere Firmen stellt der Staat 600 Milliarden Euro an Hilfen bereit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Israel und Hisbollah
Waffenruhe tritt in Kraft
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich