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Milliardär will Mäzen spielenEs ist Zeit, die Geheimgespräche zur Kühne-Oper zu stoppen

André Zuschlag
Kommentar von André Zuschlag

Klaus-Michael Kühne will Hamburg eine Oper schenken. Verhandelt wird darüber nur im Geheimen, dabei wirft die Idee eine Reihe kritischer Fragen auf.

Ist extrem reich und will sich ein Denkmal setzen: Klaus-Michael Kühne Foto: Axel Heimken/dpa

E in Termin beim Notar, von dem die Öffentlichkeit nichts wusste, der aber überraschend kurzfristig abgesagt wurde, facht die Diskussion um den möglichen Bau eines neuen Opernhauses in Hamburg an: Nach einen Bericht des Hamburger Abendblatts waren die Verhandlungen zwischen der Stadt und dem Multimilliardär Klaus-Michael Kühne um eine vermeintlich wohltätige Opernhaus-Schenkung zwar schon so weit gediehen, dass diese notariell beglaubigt hätte werden können, doch sind sie in letzter Sekunde verschoben worden.

Das ist eine gute Nachricht und macht ein bisschen Hoffnung, dass der SPD-geführte Senat zur Besinnung kommt: So, wie der geheimnisumwitterte Vorgang bislang abläuft, ist er vollkommen inakzeptabel. Denn nichts, rein gar nichts an dieser Idee konnte bisher öffentlich diskutiert werden.

Soll die Oper wirklich aus der ohnehin darbenden Innenstadt wegziehen? Was soll dann mit dem prägenden, denkmalgeschützten Gebäude geschehen? Wie sieht denn dieser architektonische Entwurf aus, mit dem Kühne im Geheimen mit der Stadt verhandelt? Reichen die kolportierten 330 Millionen Euro, die Kühne zuschießen will, wirklich für einen kompletten Neubau aus? Oder muss die Stadt dann noch zig Millionen zuschießen? Antworten darauf gibt es bislang nicht.

Das alles muss, auch wenn es weder dem Möchtegern-Mäzen noch den beteiligten SPD-Politikern passt, in öffentlicher Diskussion geklärt werden – nicht nur im kleinen Kreis!

Historisch belasteter Ort

Und dann sind da ein paar weitere, vielleicht noch zentralere Fragen zu klären: Ist es eigentlich okay, Geld von einem zur Steuervermeidung in die Schweiz gezogenen Milliardär anzunehmen, dessen Reichtum auf der Arisierung in der NS-Zeit beruht? Von einem, der sich überdies hartnäckig einer unabhängigen, geschichtswissenschaftlichen Untersuchung verweigert?

Und: Soll diese Kühne-Oper ausgerechnet am Baakenhafen in der Hafencity entstehen? Also an dem Ort, der als „zentrale logistische Drehscheibe des Genozids an den Herero und Nama“ gilt, wie der Historiker Jürgen Zimmerer betont? Sollte an diesem Ort, von dem aus deutsche Soldaten zum Morden ins heutige Namibia verschifft wurden, nicht besser ein kolonialer Gedenkort entstehen?

Vielleicht, ganz vielleicht, kommt man am Ende der Diskussion über diese vielen Fragen sogar zum Schluss: Das ist schon in Ordnung, ein paar Hundert Millionen von einem peinlichen, stupide nach gesellschaftlicher Anerkennung strebenden Mann anzunehmen, um es in ein neues Bauwerk zu stecken. Vielleicht ließen sich sogar Kompromisse schließen, etwa hinsichtlich des kolonialen Gedenkens.

Nur gehört das ausgehandelt in einer öffentlichen Debatte. Einzig ins Feld zu führen, dass andere Städte über ein solches Mäzenaten-Angebot ja neidisch wären, wie Kultursenator Carsten Brosda (SPD) kürzlich argumentativ erschreckend schwach anführte, reicht nicht. Oder ist es das allen Ernstes einzige gute Argument, das Be­für­wor­te­r:in­nen der Kühne-Oper haben?

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André Zuschlag
Redakteur taz nord
Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.
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5 Kommentare

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  • Löblich, dass jemand der nur 60 Millionen Euro auf drei Milliarden dividende zahlt, der Allgemeinheit etwas Gutes tun möchte.

    Danke SPD und CDU.

  • Grossartiger Artikel! Die Ignoranz der Kulturbehörde ist erschreckend! Herr Brosda müsste sich nur bei seinen Kolleg*innen umhören, um zu erfahren, dass die SANIERUNG der Stuttgarter Oper voraussichtlich 2 Milliarden kosten wird, die der Oper in Köln 1,5 Milliarden, und es gibt zahlreiche weitere Beispiele. Es stellt sich neben all den anderen Fragen vor allem die nach der Finanzierung der fehlenden 1,7 Milliarden (Minimum!). Ist das Desaster um die Elbphilharmonie tatsächlich schon wieder vergessen? Die Herren Kühne und Brosda möchten sich ein Denkmal schaffen, koste es die Steuerzahlenden, was es wolle. Ganz nach Gutsherrenart...und das ausgerechnet in Hamburg!

  • Und warum Oper, ein eher der künstlerischen Vergangenheit zugewandtes Genre, das vor allem von Wohlhabenderen und Älteren konsumiert wird?

  • Es gibt schon eine Oper, die liegt gut, die Akkustik ist gut und das Programm ist gut. Eine Großtante von mir hatte 40 Jahre ein Dauerabo dafür gehabt.

    Die Idee von Kühne ist m.M. schrott und er will sich selber verewigen. Dafür ist die Idee des Opernbaus echt nicht geeignet.



    Es gäbe andere Möglichkeiten, der Stadt Dankbarkeit und Verbundenheit zu zeigen.

    Vor allem wäre es schön, wenn er noch ein paar Jahre Steuern zahlt, so wie ich das auch tun muss.



    Aber genau das macht Kühne nicht.

    Und der Milliardär und sein Unternehmen machen viel zu wenig, um die eigene Geschichte aufzuarbeiten. Die Stadt kann sich nicht von jedem beschenken lassen. Weil es auch eine höhere Moral geben muss. Kühne ist m.M. ein kinderloser Milliardär, der sich verewigen will, die viel Mrd. an Steuern, die hier nicht eingezogen worden, haben ihn verewigt, der Stadt fehlt oft das Geld, aber nicht für neue Opernhäuser oder für Spiele des HSV.

    Nun gut, Kühne will auch was zurückgeben, das sollte er dann transparent machen und da vielleicht, wo wirklich dringend Hilfe benötigt wird, nicht dort, wo es nett und kultiviert abläuft. Natürlich geht der Senat nett mit ihm um, aber nachdenken wäre jetzt angesagt.

  • Vermutlich ein Danaergeschenk .Gut 300 Millionen dürfte gerade einmal ein Viertel der Baukosten decken. Noch schwerer wiegen aber die Betriebs-und Unterhaltskosten danach, die die Stadt Jahr für Jahr allein stemmen müsste. Und das für eine OPER in der heutigen Zeit. Wie wär’s mit einem Kulturzentrum für alle Bevölkerungsschichten mit einem multikulturellen Angebot . Aber dann bitte mindestens die Hälfte aller Bau- und Betriebskosten übernehmen. Dann könnte sich Herr Kühne ein Denkmal setzen.