piwik no script img

Militanter im Westjordanland getötetEnde des „Löwen von Nablus“

Israels Militär tötet einen Anführer des militärischen Arms der Fatah, die das Westjordanland regiert. An­hän­ge­r:in­nen rufen zu Protesten auf.

Trauernde tragen den Leichnam des getöteten Ibrahim al-Nabulsi durch Nablus Foto: Raneen Sawafta/reuters

Berlin taz | Das israelische Militär tötete am Dienstagmorgen in Nablus im Westjordanland bei einer Razzia nach mehrstündigem Feuergefecht einen Anführer der Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden, Ibrahim al-Nabulsi. Außerdem wurden dabei ein weiterer militanter Palästinenser sowie ein 16-Jähriger getötet. Nach palästinensischen Angaben wurden mindestens 40 weitere Menschen verletzt, darunter vier kritisch.

Die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden gilt als bewaffneter Arm der Fatah, die die Palästinensische Autonomiebehörde und damit das Westjordanland kontrolliert.

Israelische Sol­da­t:in­nen hatten am Dienstagmorgen das Haus von al-Nabulsi umstellt. Dort hatten sich bewaffnete Militante verbarrikadiert und auf die israelischen Soldaten geschossen. In einem Video, das in den sozialen Netzwerken verbreitet wurde, erklärte al-Nabulsi: „Legt eure Waffen nicht nieder, ich werde belagert und werde ein Märtyrer werden.“

Nach Angaben von Israels Inlandsnachrichtendienst Schin Bet soll in dem Haus, in dem sich al-Nabulsi aufhielt, eine große Menge Sprengstoff und Waffen gefunden worden sein.

Al-Nabulsi entging israelischen Sicherheitsbehörden mehrmals

Al-Nabulsi, unter vielen Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen auch als „der Löwe von Nablus“ bekannt, war seit vielen Monaten auf der Flucht und entging den israelischen Sicherheitskräften mehrere Male – obwohl er im Februar und Juli öffentlich bei den Beerdigungen anderer Mitglieder der Märtyrerbrigaden aufgetreten war.

Der Befehlshaber der israelischen Armee in Nablus erklärte, das Militär werde „keine Zufluchtsstätte für Terroristen“ im Westjordanland zulassen. Nablus und Jenin sowie die dortigen Flüchtlingslager werden immer wieder als Brutstätten des Terrorismus bezeichnet.

Israels Verteidigungsminister Benny Gantz lobte die Tötung von al-Nabulsi und betonte, dass Israel „weiterhin mit Präzision und Kraft gegen den Terrorismus an allen Fronten und gegen jeden, der Israelis bedroht, vorgehen wird. Wer auch immer [uns] bedroht – wird aufhören zu existieren.“

In der Nacht zum Montag hatte das israelische Militär bereits vier Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen im Westjordanland festgenommen. Fatah-Aktivist:innen forderten nun Geschäftsinhaber in den Städten Ramallah und al-Bireh auf, ihre Geschäfte zu schließen und einen Trauerstreik anzukündigen. Außerdem riefen sie zu einer Demonstration in Nablus auf.

Die letzte Eskalation ist erst Tage her

Die den Gazastreifen kontrollierende militante Hamas erklärte, das palästinensische Volk habe das Recht, auf „das Massaker zu reagieren und die Besatzung und die Siedler einen hohen Preis zahlen zu lassen“.

Erst vor zwei Tagen hatten sich der Islamische Dschihad – die zweitgrößte terroristische Organisation in Gaza – und Israel auf eine Waffenruhe geeinigt, die die dreitägige Eskalation zwischen den beiden beendete. Die Festnahme eines ranghohen Kommandanten des Islamischen Dschihad im Westjordanland, Bassam al-Saadi, hatte sie ausgelöst.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • „Die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden gilt als bewaffneter Arm der Fatah, die die Palästinensische Autonomiebehörde und damit das Westjordanland kontrolliert.“



    Weder die Fatah, noch irgendwelche Brigaden kontrollieren das Westjordanland, sondern das israelische Militär! Mehr als 62% der Westbank stehen unter direkter militärischer Kontrollle Israels (C-Gebiet), es gibt ständig Häuserabrisse, Verdrängungen, Erklärungen von Land zu Sperrgebieten, Beschlagnahmungen und hunderte von Staßensperren etc. Auch in den als A- und B-Gebieten Landstrichen ist die Kontrolle der Palästinensischen Behörde stark an die Zusammenarbeit mit dem israelischen Militär gekoppelt. Von einer Kontrolle der PA kann daher nicht die Rede sein.

    • 2G
      21659 (Profil gelöscht)
      @Martha:

      Die Palästinensische Autonomiebehörde hat durchaus die Kontrolle über wichtige Teile der Westbank. Israel kontrolliert die sogenannte Area C, das flächenmäßig größte, jedoch sehr dünnbesiedelte Gebiet. Hier befinden sich auch die jüdischen Siedlungen. In den städtischen und ländlichen Gebieten, Area A & B, ist die Palästinensische Autonomiebehörde



      für die Verwaltung zuständig, in den städtischen Gebieten, also da wo die Menschen leben, auch für Sicherheitsfragen. So ist der Stand der Dinge, dass sich die Situation nicht weiter zu einer vollständigen Kontrolle seitens der PA entwickelt hat, ist bekannt. Wenn man sich anschaut, wer die Palästinenser vertritt, ist es folgerichtig dass Israel weiterhin die Kontrolle behält. Was auch sonst? Die einzige Chance auf eine friedliche Nachbarschaft zwischen Israelis und Palästinensern besteht darin dass die Existenz Israels von allen beteiligten Protagonisten anerkannt wird. Danach schaut es nicht aus. Also behält Israel logischerweise weiterhin die Kontrolle über weite Gebiete der Westbank.

      • @21659 (Profil gelöscht):

        Vielleicht hat sie die Kontrolle über wichtige TEILE, sie hat aber nicht die Kontrolle über die Westbank. Auch die Teilkontrolle ist abgestimmt mit dem israelischen Militär.

        • 2G
          21659 (Profil gelöscht)
          @Martha:

          Die Kontrolle über die gesamte Westbank wäre auch selbstredend unverantwortlich. Offenbart doch die PA, dass sie nicht die Sicherheit Israels garantieren kann. Noch schlimmer die Hamas in Gaza. Ohne Anerkennung des Existenzrechts Israels werden die Palästinenser nie einen freien, souveränen und demokratischen Staat bekommen. Leidet ist in denletzten Jahren auch die Bereitschaft der Israelis gesunken für einen Ausgleich zu stimmen. Abbas und Co. kann man aber nicht trauen. Ich halte die aktuelle Situation für bedauerlich, aber geradewegs folgerichtig.

  • ichsachmaso: wenn mer wissen will, was los ist, dann liest mer besser zb imemc.org/ als frau Hoppes zurechtzensurierte berichte.

    • @christine rölke-sommer:

      Nunja, wenn Frau Rölke-Sommer obskure Links präsentiert, kann man schon froh sein, wenn diese via clickbait nicht den Terror von Hamas, Hizbullah und all der anderen friedensbegeisterten Israelhassern finanziert.

    • @christine rölke-sommer:

      Sie halten imemc allen ernstes für die objektivere berichterstattung über den nahostkonflikt, oder belieben Sie zu scherzen? Ich hoffe Letzteres, doch dass Sie der taz Zensur unterstellen, ist alles andere als lustig. Hat etwas von "Lügenpresse'-Denke für mich.

      • @Elena Levi:

        Warum wurden 40 weitere Menschen getötet? Was waren das für Menschen? Warum werden diese Menschen billigst als "weitere" abgefrühstückt?

        • @Rudolf Fissner:

          Da steht "mindestens 40 weitere Menschen verletzt, darunter vier kritisch." Auch auf der von der Ausgangsbeiträgerin verlinkten militanten Palästinenserseite steht nur "injure many Palestinians near Nablus".

  • Tja, den letzten Umfragen nach wird es wohl, trotz Wahlkampfbomben auf's Gazaer Ghetto sehr eng für die rechtsextreme Regierungskoalition. Da muss nochmal nachgelegt werden.