Militärputsch in Burkina Faso: Wer ist Sandaogo „Armee“ Damiba?

Paul-Henri Sandaogo Damiba ist der neue starke Mann in einem der ärmsten Länder der Welt. Seine geplante Aufgabe: den Staatszerfall stoppen.

Zwei Männer hlaten Fotos des Militärchefs aus Burkina Faso in die Höhe

Unterstützer des Putschisten Paul-Henri Sandaogo Damiba in Burkina Faso Foto: Anne Mimault/reuters

BERLIN taz | Sein Spitzname ist „Armee“, berichtet die burkinische Zeitung L’Observateur Paalga über den neuen Militärherrscher, „wegen seiner militärischen Härte“. Entschlossen sah Paul-Henri Sandaogo Damiba jedenfalls aus, als er schweigend an der rechten Seite des Armeekapitäns saß, der am Montagabend im Staatsfernsehen von Burkina Faso die Putscherklärung des Militärs verlas. Der 41-Jährige ist nun bis auf Weiteres der neue starke Mann eines der ärmsten Länder der Welt, in dem islamistische Gruppen ein Drittel des Staatsgebiets kontrollieren.

Diesen Staatszerfall zu stoppen, war schon vor dem Putsch die Aufgabe von Sandaogo Damiba. Am 3. Dezember 2021 hatte Burkinas nunmehr weggeputschter Präsident Kaboré den Oberstleutnant auf einen der mächtigsten Posten der Armee befördert: Kommandant der Dritten Militärregion, die sich von der Hauptstadt Ouagadougou in den Osten von Burkina Faso erstreckt und damit einige der wichtigsten Konfliktgebiete des Landes umfasst.

Die Beförderung war Teil einer Neubesetzung an der Armeespitze, um der zunehmenden Unzufriedenheit der Truppe entgegenzuwirken. Für Damiba war sie keine zwei Monate später das Sprungbrett zum Staatsstreich.

Viele burkinische Beobachter fürchten, Damiba könne sich als Werkzeug des Langzeitherrschers Blaise Compaoré entpuppen, der 2014 durch einen Volksaufstand gestürzt wurde und seitdem aus dem Exil in der benachbarten Elfenbeinküste auf Revanche sinnt. Diente der Karrieresoldat, der schon als Schulkind auf einer Militärschule war, nicht lange in Compaorés Präsidialgarde RSP, wo er bis zum Kompaniechef aufstieg?

Fortbildung an der Pariser École de guerre

Andererseits: Als 2015 der alte RSP-Chef Gilbert Diendéré mit einem Putschversuch die Revolution von 2014 rückgängig machen wollte, gehörte Major Damiba zu den Loyalisten, die das vereitelten. Diendéré wanderte ins Gefängnis und sitzt nun 20 Jahre Haft ab – Damiba ging nach Paris zur Fortbildung an der prestigeträchtigen École de guerre. Dort, Zufall oder nicht, wurde damals auch der aktuelle Militärherrscher von Guinea trainiert, der im vergangenen September putschte.

Damiba diente nach seiner Rückkehr in die Heimat als Militärkommandant in den Städten Dori und Ouahigouya, zwei Brennpunkte der Gewalt in Burkina Faso, und leitete ein Regiment von Spezialkräften bis zur weiteren Beförderung 2021. Was er in diesen Positionen geleistet hat, bleibt zu klären. Immer wieder machen Soldaten in Burkina Faso ihre Kommandeure dafür verantwortlich, dass sie gegen islamistische Überfälle wehrlos sind. Dieses Misstrauen begleitet Damiba auch jetzt.

In Frankreich erhielt Damiba nicht nur eine hervorragende Ausbildung, sondern schrieb auch ein Buch. „Westafrikanische Armeen und Terrorismus: Ungewisse Antworten“, erschienen 2021, liefert nach Verlagsangaben ein „kritisches Urteil“ über die aktuelle Terrorbekämpfung. Dass sein Autor jetzt Präsident ist, dürfte verkaufsfördernd wirken: Bis Dienstagnachmittag erreichte das Werk Platz 235 auf der französischen Amazon-Rangliste.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.