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Militär verhaftet Guineas PräsidentenPutsch aus „Liebe“ zum Land

Guineas Spezialkräfte setzen den gewählten Präsidenten Condé fest und ergreifen die Macht. Im Regierungsviertel der Hauptstadt gibt es Kämpfe.

Gepanzertes Armeefahrzeug am Sonntag in Guineas Hauptstadt Conakry Foto: Saliou Samb/Reuters

Berlin taz | Zum zweiten Mal in weniger als einem Jahr ist in Westafrika ein gewählter Präsident vom eigenen Militär gestürzt worden. Spezialkräfte in Guinea verhafteten am Sonntagmittag Präsident Alpha Condé und erklärten, sie hätten Regierung, Institutionen und die Verfassung des Landes „aufgelöst“.

Der 83-jährige Condé regiert Guinea seit 2010, als er als aus dem Exil zurückgekehrter sozialistischer Oppositionsführer die ersten freien Wahlen in der Geschichte des Landes gewann und sich daran machte, das Erbe von Jahrzehnten brutaler Militärdiktatur zu überwinden.

2015 wurde Condé zu einer zweiten Amtszeit wiedergewählt, 2020 zu einer dritten – er ließ dafür eigens die Verfassung ändern, die ein dritte gewählte Amtszeit ausgeschlossen hatte. Sein Wahlsieg 2020 führte zu bürgerkriegsartigen Zuständen in der Hauptstadt Conakry, wo mehrere Dutzend Menschen bei Kämpfen ums Leben kamen. Die politische Lage in Guinea war seitdem äußerst angespannt.

Am Sonntag brachen im Regierungsviertel von Conakry, das an der Spitze einer leicht abzuriegelnden Halbinsel liegt, schwere Kämpfe aus. Was los war, blieb stundenlang unklar.

Schwere Gefechte um den Präsidentenpalast

Im Internet verbreitete Videos zeigten schließlich mittags den greisen Condé mit verrutschter Kleidung auf einem Sofa, sichtlich und vergeblich um Wahrung seiner Würde bemüht, umgeben von schwerbewaffneten Soldaten, die ihn vergeblich bitten zu bestätigen, dass er gut behandelt werde. Zuvor hatte es stundenlang schwere Gefechte rund um den Präsidentenpalast in Conakry gegeben.

Später war auf Videos zu sehen, wie gepanzerte Fahrzeuge voller Soldaten in Kampfmontur Richtung Staatsfernsehen fahren, begleitet von jubelnden und johlenden Menschenmengen. Conakry ist eine Hochburg der Opposition gegen Condé.

Putschistenführer Mamady Doumbouya verlas im Staatsfernsehen eine Erklärung, in der er die Regierung für aufgelöst erklärte. Die „republikanische Armee“ habe mittels eines „Nationalkomitees für Sammlung und Entwicklung“ beschlossen, ihre „Verantwortung gegenüber dem souveränen guineischen Volk und überhaupt“ zu übernehmen.

Doumbouya berief sich auf Ghanas Expräsidenten Jerry Rawlings und dessen sozialistischen Militärputsch in Ghana 1982 und versprach einen Übergang zu einem „nicht existierenden System“, das noch zu entwerfen sei. „Niemand soll mehr unnötig sterben“, rief er: „Wir müssen Guinea nicht mehr vergewaltigen, wir müssen es bloß lieben.“

Verteidigungsministerium: Meuterei „zurückgeschlagen“

Das Verteidigungsministerium in Conakry erklärte allerdings wenig später, ein Angriff meuternder Militärs sei „zurückgeschlagen“ wurden. Zu den Aufnahmen des offensichtlich festgesetzten Präsidenten Condé äußerte es sich nicht.

Vordergründig ähnelt der Putsch in Guinea – so er denn Bestand hat – dem in Mali, wo im August 2020 der gewählte Präsident Ibrahim Boubacar Keita – ein Vertrauter und Freund Alpha Condés – ebenfalls von Spezialkräften gestürzt wurde.

Guineas Putschistenführer Doumbouya ist ein ehemaliger französischer Fremdenlegionär. Condé holte ihn 2018 in die Heimat zurück, um die neugegründete Spezialkräfteeinheit GPS (Groupement des Forces Spéciales) zu führen. Zuletzt war berichtet worden, es habe Spannungen zwischen Doumbouya und den Generälen der regulären Armee gegeben.

Guineas Militär gehört nach bisherigen Erfahrungen zu den brutalsten Afrikas. Seit der Unabhängigkeit 1958 war Guinea eine finstere Militärdiktatur, in der Tausende Oppositionelle zu Tode kamen – erst unter Unabhängigkeitsführer Sekou Touré, dann unter Lansana Conté, dann unter Dadis Camara. Dessen Soldateska tötete am 28. September 2009 158 Menschen beim Einsatz gegen eine Oppositionskundgebung in Conakry.

Dieses Massaker führte schließlich zum Rückzug des Militärs aus der Politik und zu den freien Wahlen 2010, aus denen Alpha Condé als Präsident vor. Jetzt bringt Condés Beharren, über seine ursprünglichen Versprechen hinaus im Amt zu bleiben, das Militär zurück an die Macht.

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