piwik no script img

Militär in den SahelstaatenAfghanistans Schatten

Die Armeen der Sahelstaaten sind von ausländischer Militärhilfe abhängig. Nun fragen sich viele: Kann das gutgehen?

Walki Talkis beim Französischen Militär in Mali Foto: Jerome Delay/ap

Berlin taz | Dennis Hankins hatte wichtige Dinge dabei. Auf der Zeremonie zur Gründung der ersten Spezialkräfteeinheit der malischen Gendarmerie am Montag übergab der US-Botschafter in Mali in Begleitung eines US-Senators feierlich sechs Militärfahrzeuge, Material zum Bau einer Schutzanlage, Uniformen, Helme und schusssichere Westen an Sicherheitsminister Oberstmajor Daoud Aly. Die Aufbauhilfe solle der neuen Eliteeinheit GSIGN nicht nur materiell nützen, sondern auch politische Unterstützung symbolisieren, sagte Hankins. Minister Aly bedankte sich dafür umso überschwänglicher, als die US-Militärkooperation mit Mali eigentlich wegen des Militärputsches ausgesetzt ist. „Wir bitten ihn“, sagte er Hankins, „unser Botschafter für die Aufhebung dieser Suspendierung zu sein.“

Malis Putschisten von 2020 und 2021 gingen just aus den Reihen der Spezialkräfte hervor, die vorrangiges Objekt von US-Training sind. Spezialkräfte stehen im Mittelpunkt der internationalen Militärstrategie gegen islamistische Terrorgruppen in Mali, Niger und Burkina Faso. Den regulären Armeen dieser Länder bringen die ausländischen Partner weniger Vertrauen entgegen.

Vor diesem Hintergrund hat der plötzliche Zusammenbruch der US-gestützten Regierung Afghanistans, deren Armee sich gegenüber den Taliban als kampfunfähig erwies, auch in Mali Debatten ausgelöst. Tiébilé Dramé, ehemaliger Außenminister und bei Malis letzten Wahlen 2018 Wahlkampfleiter des mittlerweile verstorbenen Oppositionsführers Soumaila Cissé, äußerte sich gleich am Sonntag auf Twitter: „Der Ausgang des Krieges in Afghanistan sollte in Mali und im Sahel zu denken geben. Vor allem jenen, die seit Jahren dieselben Forderungen erheben wie die Terroristenführer. Konzentrieren wir uns auf den Aufbau eines lebensfähigen Staates. Einheit oder Untergang!“

„Aufbau eines lebensfähigen Staates“ steht in Malis politischer Debatte für Skepsis gegenüber zu großer Abhängigkeit von ausländischer Militärhilfe. Afghanistan führt vor, was geschehen kann, wenn diese Hilfe plötzlich entzogen wird, bevor die eigenen Streitkräfte gut aufgestellt sind. Da Frankreich seine 5.300 Mann starke Sahel-Antiterroroperation „Barkhane“ reduzieren will und noch dieses Jahr wichtige Basen in Mali schließt, ist mehr militärische Eigenständigkeit für Mali zentral.

Genauso wichtig ist bessere Zusammenarbeit zwischen Mali, Niger und Burkina Faso. Das Dreiländereck zwischen ihnen ist eine Hochburg der islamistischen Untergrundkämpfer. Sie nutzen auch den Nationalpark Ansongo-Menaka in Mali an Nigers Grenze als Rückzugsgebiet. Zuletzt starben am Montag 37 Zivilisten außerhalb des Dorfes Darey-Daye im Kreis Banibangou in Niger. In der aktuellen Regenzeit sind dort ganze Bauernfamilien zur Aussaat auf ihren Feldern – ohne Schutz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Vor allem ist Mali, Niger, Burkina Faso Dreiländereck, das 14 Staaten CFA Franc Zone mit deren Landeswährungen angehört, Mali, Niger, Burkina Faso, Benin, Guinea-Bissau, Elfenbeinküste, Senegal, Togo, Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Tschad, Kongo, Äquatorialguinea und Gabun, dem all diese Länder als Währungsfinanzregime seit 1945 nach Bretton Wood Weltwährungsabkommen 1944 französischer Zentralbank seit Einführung Euros 1998-2002 EZB Frankfurt/Main mit Auflage kolonial angemaßt ausgeliefert sind, angeblich Währungsstabilität, was immer das heißt, selber verantwortete Ab- und Aufwertung ihrer Landeswährungen je nach wirtschaftlicher Entwicklung, Konjunkturlage, uf-, Abschwung gehört nicht dazu, durch Abführung bis zu 80 % ihrer Devisen-, Goldreserven Bestände früher nach Paris an Zentralbank, nun an EZB Frankfurt/Main abgeführt, durch diese garantieren zu lassen. Versuche sich aus CFA Zone zu lösen, hat zu innenpolitischen Unruhen, Aufständen bis zu politischen Morden in mehreren CFA Zonen Ländern geführt, die nachweislich nicht nur aber auch von Paris aus in Auftrag gegeben wurden.



    Insofern kann Frankreichs Präsident Emanuel Macron sich teilweise militärisch aus diesen Ländern unbeschadet zurückziehen, ohne wirtschaftlich währungspolitischen Einfluss über CFA Zone auf diese Länder zu verlieren.

    Seit 2013 ist Deutschland in Mali mit Bundestagsmandat, in Niger ohne Mandat militärisch in sog Stabilisierungsmission in unverbrüchlicher Treue an Frankreichs Seite dabei, gemeinsamen Willen mit Frankreich zu unterstreichen nach französisch-deutsch Aachener Abkommen Januar 2019 zur Bestärkung Elysee Vertrages Konrad Adenauer, Charles De Gaulle 1963 nun sogar, anders als damals, mit Militärkomponente an EU-, Nato-Partnerländern vorbei