Mieterprotest gegen Vonovia in Bremen: Wenn Wohnen zur Last wird
Mieter:innen von Vonovia-Wohnungen im Bremer Stadtteil Woltmershausen protestierten vor dem Bremer Regionalbüro des Konzerns.
Wetterich hat sich bei der Vonovia beschwert, wieder und wieder, was ein Schriftwechsel beweist, der der taz vorliegt. Die Vonovia antwortete zwar, aber ging laut Wetterich nie wirklich auf ihre Beschwerden ein. Jetzt hat sie genug. Zusammen mit anderen Mieter:innen von Vonovia-Wohnungen hat sie am Freitag protestiert und ihre Beschwerden und Forderungen direkt zum Vonovia-Büro in Woltmershausen gebracht.
Zu der angemeldeten Protestaktion ruft die Vernetzung der Vonovia-Mieter:innen auf, gemeinsam mit der Stadtteilinitiative Pusdorf, wie der Stadtteil Woltmershausen auch genannt wird. „Jahrelang hat die Vonovia keinen Cent in die Gebäude investiert“, sagt Wetterich. Sie vermutet, das liege daran, dass Instandhaltungsarbeiten nicht auf die Miete umgelegt werden dürfen. Die Vonovia weist den Vorwurf von sich, dass sie sich nicht um ihre Gebäude kümmern würde. In einem Statement spricht sie von „Sanierungsmaßnahmen“. Die Kosten trage der Konzern komplett.
Die Maßnahmen, die die Vonovia an den Gebäuden vornehme, würden nur äußerliche Verbesserungen bewirken, heißt es von Mieter:innenseite. Die benannten baulichen Mängel in den Wohnungen blieben mehrheitlich bestehen. Jetzt nehme Vonovia „Modernisierungsmaßnahmen“ vor, die eine Mieterhöhung möglich machen, sagt Martina Wetterich.
Protest regt sich
Der Trick ist nicht neu. Vor drei Jahren, so erzählte es im März eine Mietrechts-Aktivistin der taz, hatten Bewohner von Vonovia-Häusern im Stadtteil Gröpelingen ebenfalls gegen die nach ihrer Ansicht undurchsichtige Arbeitsweise des Wohnungsunternehmens protestiert. Die Bewohner:innen verschiedener Häuser hatten Ähnliches erlebt wie Martina Wetterich in Woltmershausen. Auch sie mussten teilweise wegen anhaltender „Modernisierungsmaßnahmen“ auf einer Baustelle leben. Auch damals wurde ein Forderungskatalog überreicht.
Mit den Mieter:innen hier sei man im persönlichen Austausch, sagt Panagiota-Johanna Alexiou, Pressesprecherin der Vonovia im Norden. Die Resonanz in der Mieterschaft darauf sei leider sehr gering gewesen. „Wir stehen immer für weiteren Austausch zur Verfügung“, sagt Alexiou.
Das Bündnis „Stadtteilgewerkschaft Solidarisch in Gröpelingen“, das die Protestaktion damals ins Leben gerufen hatte, schloss sich mit 19 weiteren Mietervereinigungen aus ganz Deutschland zusammen. Das Bündnis nennt sich „VoNO!via“ und setzt sich gegen intransparente Nebenkostenabrechnungen und umstrittene Mieterhöhungen des Konzerns ein.
Wohnriese
Vonovia hat seinen Sitz in Bochum und ist mit rund 400.000 Wohnungen deutschlandweit das größte private Unternehmen seiner Art in Deutschland. Vor wenigen Tagen gab der Konzern bekannt, mit dem zweitgrößten Wohnungsunternehmen, Deutsche Wohnen, fusionieren zu wollen. So würde der größte Wohnungskonzern Europas entstehen. In der Stadt Bremen besitzt Vonovia über 11.000 Wohnungen und kommt so auf einen Anteil von etwa 6,5 Prozent der Wohnungen in Bremen.
Die Forderungen der Mieter:innen aus Woltmershausen, die am Freitag überreicht wurden, umfassen neben der sofortigen Behebung baulicher Mängel auch die Einrichtung einer lokalen Kontaktstelle. Diese gebe es bereits, sagt die Vonovia und weist auf einen Quartiersmanager, einen Objektbetreuer und eine Regionalleiterin hin, an die man sich als Mieter:in wenden könne. Der Objektbetreuer sei täglich vor Ort.
Martina Wetterich, Bewohnerin einer Vonovia-Wohnung
Laut Mieter:innen habe das allerdings nicht zur Verbesserung der Situation geführt. „Wenn man da anruft, dann geht entweder niemand dran oder die legen auf, wenn es mal etwas ernster wird“, sagt Mieterin Wetterich. Eine Nummer, die man anrufen könnte, wenn man sich speziell bezüglich einer Bremer Wohnung der Vonovia beschweren möchte, gibt es nicht. „Wir müssen jedes Mal in Bochum anrufen“, sagt sie.
Die Vonovia widerspricht: „Wir haben in Bremen mehrere lokale Ansprechpartnerinnen und –partner“, sagt Alexiou. Die Telefonnummern des Objektbetreuers und Quartiersmanagers hingen in jedem Hauseingang aus.
Schriftliche Beschwerde
Geplant war eine persönliche Übergabe von schriftlichen Beschwerden und Mängelanzeigen an die Vonovia. „Wir wollen damit erreichen, dass Vonovia konkret reagiert“, sagt Georg Henschel von der Stadtteil-Initiative Pusdorf. „Wenn sich Betroffene bisher alleine gemeldet haben, wurden sie meist direkt abgewiesen“, sagt Henschel.
Mit der „Stadtteilgewerkschaft Solidarisch in Gröpelingen“ sei die Stadtteil-Initiative Pusdorf auch im Austausch, sagt Henschel. Sie habe sich der „VoNO!via“-Initiative aber noch nicht angeschlossen. „Wenn die Vonovia auf unsere Aktion heute gar nicht reagiert, dann müssen wir schauen, welche Schritte wir als nächste unternehmen.“
Bei der Protestaktion am Freitag sei von der Vonovia niemand da gewesen, um die Unterlagen entgegen zu nehmen, berichtet Martina Wetterich. „Wir haben geklingelt, aber niemand hat mit uns persönlich gesprochen.“ Den Ordner mit den Beschwerden habe die Gruppe dann im Briefkasten hinterlassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau