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Mietenwahnsinn in BerlinKonkurrenzkampf um Sozialwohnungen

Die Erweiterung des WBS-Berechtigtenkreises durch den Senat hat die Wohnungsknappheit für Betroffene weiter angeheizt, kritisiert der Mieterverein.

Zuhause in Berlin – muss man sich auch erst mal leisten können: Bausenator Christian Gaebler (SPD) Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Ein Drittel der Berliner Haushalte zahlt Mieten, die sie sich überhaupt nicht leisten können. Im Schnitt blättern sie satte 45 Prozent ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete hin. Das geht aus einer am Dienstag vorgestellten Studie des Berliner Mietervereins und der Stadtforschungsgesellschaft Asum hervor.

Besonders betroffen sind demnach Ein-Personen-Haushalte und große Haushalte mit vier und mehr Personen. Viel zu häufig geht bei ihnen angesichts niedriger Einkommen auf dem gegenwärtigen Wohnungsmarkt nichts ohne staatliche Hilfen.

Für Mieterverein-Geschäftsführerin Ulrike Hamann-Onnertz belegen die neuen Daten, „dass die derzeit genutzten wohnungspolitischen Instrumente der Landesregierung wesentliche Teile der Berliner Bevölkerung nicht berücksichtigen“.

Dass die schwarz-rote Koalition den Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) im vergangenen Jahr auf Menschen mit mittleren Einkommen ausgeweitet hat, sei aufgrund der explodierenden Mietpreise auf dem freien Markt zwar „durchaus zu begrüßen“, sagt Hamann-Onnertz. Zugleich habe sich durch diesen Schritt aber auch die Wohnungsknappheit für WBS-berechtigte Haushalte insgesamt verschärft.

Denn seither gibt es zwar 25 Prozent mehr Ber­li­ne­r:in­nen mit Anspruch auf einen WBS. Das schlägt sich, so die Kritik, aber nicht in einer Erhöhung der entsprechenden Vermietungsquoten der landeseigenen Wohnungsunternehmen nieder. Unterm Strich habe die WBS-Entscheidung des Senats „die Konkurrenz um die so­ziale Ressource Wohnung“ daher nur noch angeheizt.

Senat setzt weiter auf Allheilmittel Neubau

Katrin Schmidberger sieht das genauso. „Die WBS-Haushalte werden gegeneinander ausgespielt“, sagt die Sprecherin für Mieten und Wohnen der Grünen-Fraktion zur taz. Dass die Mieten für ein Drittel aller Ber­li­ne­r:in­nen generell kaum noch zu stemmen sind, sei dabei „erschreckend, für Ex­per­t:in­nen aber leider auch nicht wirklich überraschend, da sich genau diese Entwicklung schon lange abzeichnet“, so Schmidberger.

Umso mehr frage sie sich, ob und wann das im schwarz-roten Koalitionsvertrag versprochene „Berliner Wohnraum-Sicherungsgesetz“ kommt. Damit könnten private Ver­mie­te­r:in­nen gesetzlich etwa verpflichtet werden, be­stehende Belegungs- und Mietpreisbindungen zu verlängern und neue im Bestand zu vergeben. Und so ähnlich findet sich das sogar schon in einem Beschluss eines SPD-Parteitages von 2021. Passiert ist seither nichts.

Der Senat setzt stattdessen weiter auf den Neubau als Allheilmittel. Bei der Präsentation der aktuellen Wohnungsbauzahlen verwies Bausenator Christian Gaebler (SPD) Ende vergangener Woche dann auch nicht ohne Stolz darauf, dass Berlin mit 4.340 neuen geförderten Wohnungen im Jahr 2023 „zu den bundesweiten Spitzenreitern im sozialen Wohnungsbau gehört“ hat. Schwarz-Rot sei mit der Wohnraumförderung „auf dem richtigen Weg“, denn: „Die Förderung ist attraktiv und wirkt.“

Tatsächlich hatte sich die Koalition aber erstens eigentlich auf 5.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr verpflichtet. Weil deutlich mehr Wohnungen in Berlin aus der Sozialbindung fallen, als neu hinzukommen, hinkt der geförderte Wohnungsbau dem Bedarf zweitens auch noch immer stärker hinterher.

Nichts wirkt da, heißt es deshalb sinngemäß vom Mieterverein. Der Neubau von geförderten Wohnungen sei natürlich sinnvoll. Aber wenn im oberen Fördersegment inzwischen 11,50 Euro Nettokaltmiete je Quadratmeter verlangt und dann noch alle zwei Jahre jeweils 30 Cent draufgeschlagen werden können, sei das für viele Haushalte alles andere als leistbar, so der Mieterverein. Auf der Strecke bleiben zwangsläufig die Berliner:innen, die ohnehin jeden Cent umdrehen müssen.

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6 Kommentare

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  • Was ist denn der Vorschlag des Berliner Mietervereins? Warum setzen ihren nicht geäußerten Vorschlag als privater Akteur nicht selbst um, sondern kritisieren nur?

    Wenn es die Aufgabe des Mietervereins ist, zu kritisieren, kann man darauf gerne verzichten und deren Zeit sinnvoller nutzen.

    • @eicke81:

      Der Mieterverein ist eine Ansammlung armer Leute. Dad ist nur ein Lobbyist, der Forderungen an den Staat stellt. Und er kann Rechtshilfe leisten aus Beiträgen von Mitgliedern.

      Geld in Mengen aufzubringen für Wohnungsbau gehört weder zu seinen Fähigkeiten noch zu seinen Aufgaben.

  • Ich frag mich, warum man glaubt, mit der Preisbremse die Wohnungsnot entschärfen zu können. Es hilft habt klar denen, die sonst von Einkommensstärkeren verdrängt werden, aber ändert überhaupt nix an den Zuzugssog! Dann haben zwar die alteingesessenen eine unveränderte Miete, andere dagegen halt weiterhin gar keine Wohnung. Mehr Wohnungen müssen her und die müssen bezahlbar sein. Das macht die Deutsche Wohnen doch nicht! Hier ist Genossenschaftsbau, kommunaler Wohnungsbau gefordert. Mit Fehlbelegungsabgabe, Sondersteuer auf Mietwucher und so könnte man schön Geld für solche Aktivitäten locker machen.

  • "Passiert ist seither nichts." - so lautet der zweite Vorname der SPD.

  • Es fallen deutlich mehr Sozialwohungen als neu gebaute hinzukommen. Dass ist der springende Punkt. Und trotzdem reagiert die Politik auf die katastrophale Situation seit Jahren nicht. Die Maßnahmen sind allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.



    Es müssen mit einem riesigen Sondervermögen bundesweit Hunderttausende staatliche Sozialwohnungen gebaut werden.



    Kein Politiker hat eine Antwort darauf, wie in Containerdörfern untergebrachte Flüchtlinge jemals eine bezahlbare Wohnung erhalten sollen. Zudem steigen selbst für einfache Wohungen die Mieten ins unermeßliche.



    Segregation in großen Ausmaß wie in Schweden könnte die Folge sein, wenn nicht mit staatlichen finanziellen Mitteln massenhaft Sozialwohungen gebaut werden. Doch die Politik scheint sich mit dieser sozialen Verwerfung einfach abzufinden.

    Drohen in Deutschland Verhältnisse wie in Schweden, wo falsche Wohnungsbaupolitik der Motor der Segregation war und in Kombination mit mangelnder Integration schließlich zu Bandenkriminalität führte?

    www.fes.de/themenp...gation-in-schweden

    • @Lindenberg:

      Die Verhältnisse, die Sie als drohend bezeichnen haben sich doch schon stellenweise manifestiert.

      Ich wohne in München und in den neuen Vierteln Messestadt und Hasenberg gibt es das, was Sie beschreiben.