Mietendeckel für Berlin beschlossen: Linker Mut für Berlin
Das Berliner Abgeordnetenhaus hat das Mietendeckelgesetz beschlossen. Eine mutige Entscheidung und ein Signal: Linke Politik ist möglich!
F ortschritt kann auch schnell gehen: Am Donnerstag hat die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin den sogenannten Mietendeckel verabschiedet. Es ist das wichtigste Projekt der linken Koalition und zugleich die Einlösung eines Versprechens: Wir holen uns die Stadt zurück.
Lange war damit nicht mehr gerechnet worden. Statt den Schwung der Anfangsphase vor drei Jahren zu nutzen, verkeilte sich R2G schnell in Grabenkämpfe. Es herrschte die Profilierungssucht. Keiner gönnte den jeweils anderen beiden Koalitionspartnern einen Erfolg für deren eigene Klientel: In die von den Grünen verantwortete Klimapolitik etwa grätscht liebend gern die SPD rein. Weitreichende Gesetze wiederum – etwa das von einer Bürgerinitiative erkämpfte Radgesetz – kamen mit Verspätung und werden meist nur schlampig umgesetzt. Die häufigste Begründung dafür: Die Stadt sei jahrelang kaputtgespart worden; es gebe nicht genügend Mitarbeiter*innen in der Verwaltung, um die rot-rot-grünen Projekte umsetzen zu können.
Dass es auch anders geht, beweist nun der Mietendeckel, der die Mieten in der Hauptstadt rückwirkend zum Juni 2019 für fünf Jahre einfriert und die Möglichkeit einer Senkung von hohen Mieten vorsieht. Nicht mal ein Jahr dauerte es von der Idee bis zur Verabschiedung des Gesetzes. Das dürfte, bei einem Entwurf ohne Vorbild, Rekord sein. Es ist auch ein Signal: Wenn eine linke Koalition progressive Politik machen will, geht das – wenn sie nur etwas wagt.
Es dürfte wenig Gesetze geben, die so vielen Menschen zugutekommen wie dieses Mietengesetz: Es gilt für 1,5 Millionen Wohnungen, also für mehr als 2 Millionen Berlinerinnen und Berliner, über die Hälfte der Bevölkerung des Bundeslandes.
Natürlich gibt es viele Einwände gegen das neue Gesetz- und bestimmt wird dagegen geklagt werden. Die Auseinandersetzung vor Gericht ist auch richtig. Schließlich muss klar werden, ob das Neuland, das Berlin hier betritt, auch für andere Länder Vorbild sein kann. Aber selbst wenn Teile des Gesetzes oder auch das ganze in ein paar Monaten oder Jahren einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten: Von Rot-Rot-Grün in Berlin wird bleiben, dass sie etwas versucht haben. Dass sie Mut gezeigt haben. Schon das allein wäre ein gutes Vorbild.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana