: Metaller fordern „sechs plus x“
Die Arbeitnehmervertreter legen die Latte für die Tarifverhandlungen so hoch wie seit Jahren nicht
BERLIN/STUTTGART taz ■ „Sechs plus x“ Prozent scheint die Formel für die Lohnforderung zu sein, mit der die IG Metall in die anstehende Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie gehen wird. Die baden-württembergische IG Metall will für die 800.000 Beschäftigten im Südwesten zwischen 6,5 und 7 Prozent mehr Geld erstreiten. Diese Empfehlung beschloss die Tarifkommission der Gewerkschaft gestern in Leinfelden-Echterdingen. „Die Konjunktur ist prächtig“, begründete Bezirksleiter Jörg Hofmann die Forderung.
Zuvor hatte schon die IG Metall im Bezirk Frankfurt die Lohnerhöhung von „sechs plus x“ Prozent als Ziel ausgegeben. Zuletzt war die IG Metall 2002 mit solch einer hohen Forderung in die Tarifrunde gegangen. Damals wollte die Gewerkschaft 6,5 Prozent mehr Geld – und schloss mit 4 Prozent für 2002 und 3,1 Prozent für 2003 ab.
Diese Empfehlungen weisen in eine Richtung, die auch IG-Metall-Chef Jürgen Peters jetzt erstmals vorgegeben hat. Peters geht ebenfalls von einer Lohnforderung zwischen 6 und 7 Prozent aus. Er sagte am Mittwochabend in Berlin am Rande einer Veranstaltung des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall: „6 Prozent, 6,5 Prozent, 7 Prozent“ seien die meistgenannten Forderungen, es gebe teilweise aber auch „darüberliegende Zahlen“. Der IG-Metall-Vorstand in Frankfurt wird am 6. Februar zunächst seine Empfehlung veröffentlichen, danach werden die Tarifkommissionen in den Bezirken ihre Forderungen beschließen. Endgültig legt sich die Gewerkschaft am 26. Februar fest. Die Friedenspflicht in Deutschlands Schlüsselbranche mit 3,5 Millionen Beschäftigten endet am 28. April.
Die Arbeitgeber warnten dagegen erneut vor „überzogenen Lohnforderungen“. Die konjunkturelle Entwicklung in der Metallbranche werde in diesem Jahr nicht so gut sein wie 2006, erklärte Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser. Er rechne mit einem Produktionswachstum von 3,5 Prozent statt der 6,5 Prozent aus dem Vorjahr. 2006 seien durch die gute Konjunktur der Branche 30.000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. „Jetzt ist Augenmaß gefordert, wenn man diese Entwicklung bei den Neueinstellungen nicht in Gefahr bringen will“, erklärte der Arbeitgeberchef mit Blick auf die bevorstehenden Verhandlungen.
Kannegiesser erneuerte seine Forderung nach einem zweigeteilten Tarifabschluss. Die Arbeitgeber seien bereit, neben einer tariflichen Grundkomponente einen „Konjunkturbonus“ zu bezahlen. Im Frühjahr 2006 hatten sich die Tarifparteien auf eine Lohnsteigerung von 3 Prozent plus eine Einmalzahlung in Höhe von 310 Euro geeinigt. Die Arbeitgeber bevorzugen dieses Modell, weil sich ein solcher einmaliger „Konjunkturbonus“ nicht auf die lineare Gehaltstabelle auswirkt. Der baden-württembergische Arbeitgeberverband Südwestmetall will eine solche Bonuszahlung sogar von der Höhe des jeweiligen Lohns abhängig machen: „Leistungsstarke“ Beschäftigte sollen mehr erhalten als Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten, so der Verband.
IG-Metall-Chef Peters hat angedeutet, dass auch die Gewerkschaftsseite offen ist, über Einmalzahlungen zu verhandeln. „Einmalzahlungen sind ein Weg, einen möglichen Konflikt zu entschärfen“, sagte Peters. Sollte dieses Modell allerdings eine nachhaltige Lohnerhöhung verhindern, schränkte Peters ein, „dann werden wir sicherlich auf der Bremse stehen“. THILO KNOTT
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