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Messerangriff mit drei Toten in WürzburgIslamistisches Motiv naheliegend

Er­mitt­le­r:in­nen gehen von einem islamistischen Motiv des Tatverdächtigen von Würzburg aus. Ein Gutachter soll nun klären, ob der Mann schuldfähig ist.

Erinnerung an die Opfer: Gedenkort in der Würzburger Innenstadt am Montag Foto: dpa

Würzburg epd/dpa | Bei der tödlichen Messerattacke von Würzburg liegt den Ermittlern zufolge „ein islamistischer Hintergrund für die Taten“ nahe. Hinweise auf Propagandamaterial oder sonstige extremistische Inhalte seien bei dem 24-jährigen Tatverdächtigen aus Somalia bislang aber nicht gefunden worden, teilten die Generalstaatsanwaltschaft München und das Landeskriminalamt am Dienstag gemeinsam mit. Mehr als 130 Kräfte der Polizei arbeiteten derzeit an dem Fall, hieß es.

Der Migrant hatte in der Würzburger Innenstadt auf Menschen eingestochen, die er wohl nicht kannte. Drei Frauen starben, sieben Menschen wurden verletzt, darunter ein elfjähriges Mädchen. Der 24-Jährige wurde mit einem Polizeischuss gestoppt. Er sitzt in Untersuchungshaft – wegen dreifachen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung sowie vorsätzlicher Körperverletzung.

Die Ermittler gehen von einem islamistischen Tatmotiv aus, weil der tatverdächtige Somalier nach Aussagen von Augenzeugen während der Tat zwei Mal „Allahu Akbar“ („Gott ist am Größten“) gerufen haben soll. Im Krankenbett einer Würzburger Klinik soll er die Tat zudem als seinen „Dschihad“, also als „Heiligen Krieg“, bezeichnet haben. Ein gerichtspsychiatrisches Gutachten soll die Frage der Schuldfähigkeit und eine mögliche Unterbringung in einer Psychiatrie klären.

Bereits am vergangenen Samstag hatte die Zentralstelle für Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft München das Ermittlungsverfahren gegen den Mann übernommen, das Landeskriminalamt richtete die Sonderkommission (Soko) „Main“ ein und ermittelt derzeit zusammen mit dem Polizeipräsidium Unterfranken zur Tat. Unterstützung erhalten sie dabei von Experten des Bundeskriminalamtes, von Übersetzern sowie von Islamwissenschaftlern, wie die Behörden mitteilten.

Schon 2015 wohl Vorfall mit Messer

Im Zuge des Verfahrens soll es ein psychiatrisches Gutachten geben, um zu klären, ob der 24 Jahre alte Somalier bei der Tat am Freitag schuldunfähig war und in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden muss.

Am Dienstag wurde ebenfalls bekannt, dass der Tatverdächtige bereits 2015 in Sachsen einen Streit hatte, in dem ein Messer eine Rolle spielte. Bei der Auseinandersetzung in einer Asylunterkunft Ende 2015 erlitten der heute 24-Jährige und sein Kontrahent leichte Schnittverletzungen, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Chemnitz am Dienstag auf Anfrage sagte. Die Verletzungen seien aber nur oberflächlich gewesen und hätten keiner ärztlichen Versorgung bedurft.

Bei dem Streit ging es um die Benutzung eines Kühlschranks. Die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung wurden laut Staatsanwaltschaft Anfang 2017 eingestellt, weil es den Angaben zufolge aufgrund widersprüchlicher Aussagen keinen Tatnachweis gab.

Über die Ermittlungen in Sachsen berichtete am Montagabend zuerst die Welt, die Staatsanwaltschaft Chemnitz äußerte sich daraufhin auf Anfrage.

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6 Kommentare

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  • Ist es nicht seltsam, dass das Offensichtliche nicht diskutiert wird?



    Es sind fast ausschließlich Männer mit chauvinistisch-orthodoxem Selbst- und Gesellschaftsbild, die solche Taten begehen, entsprechend oft sind Frauen bevorzugte Ziele.



    Ob Nazi oder Islamist scheint nur dahingehend von Bedeutung zu sein, als dass die naheliegendste Menschenhass erlaubende Ideologie genommen wird, um seine Taten vor sich selbst zu rechtfertigen.



    Falls der Täter keine ideologischen Ausflüchte braucht, nennt man die Tat Amoklauf.



    Es wäre zur korrekten Einordnung, aber auch aus gesellschaftshygjenischen Gründen besser, diese mehr oder weniger gestörten Würstchen nicht zu ´einsamen Wölfen´ und ´Ein Mann Terrorzellen´ zu stilisieren.



    Erstens um deren Ego nicht zu pampern und zweitens um adäquate Maßnahmen zu diskutieren. Denn um klassischen Terror handelt es sich nicht. Dieser nutzt Mord als Mittel zum Zweck, dem Amokläufer ist Mord aber Selbstzweck, Ideologie schützt er als (selbst)Rechtfertigung vor.



    Psychopathologisch ist auch interessant, dass die Formen dieser männlichen Ausrasttaten Moden unterworfen sind. Schulmassaker zogen Schulmassaker nach sich, momentan ist es en vogue seine Mordpsychosen oriental oder oxidental Faschistisch zu untermalen.



    Oder jemals von veganoanarchistischen Attentäterinnen gehört?

    • @Euromeyer:

      "(...) um klassischen Terror handelt es sich nicht" (Euromeyer)



      Wie kommen Sie zu solchen Aussagen?



      Wir wissen natürlich Beide noch immer nicht wie die Motivlage des Täters ist. Aber wenn es sich bei ihm tatsächlich um einen religiös motivierten Täter (mit IS-Hintergrund?) handeln sollte, dann war das ein terroristischer Anschlag im Stile der Assassinen des 12. Jahrhunderts. Klassischer gehts eigentlich fast nicht mehr: Töten um Angst und Schrecken zu verbreiten. Den vermeintlichen oder tatsächlichen Feind im innersten erschüttern. Und das ist ihm nachhaltig gelungen.



      Es wäre aber wohl sinnvoll erst mal die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen abzuwarten.

      • @LittleRedRooster:

        Töten um Angst und Schrecken zu verbreiten auf Geheis des Alten vom Berge wäre tatsächlich ein klassisches Terrormotiv.



        Psychotisches Einzeltäterverhalten ist dagegen hauptsächlich nach innen gerichtet - es geht dem teil-gestörten Täter hauptsächlich um die Innenwirkung, um die Abreaktion seiner Mordlust.



        Zumindest wenn man die psychologischen Einschätzungen solcher Täter liest, scheint dies wichtiger als die Ideologie selbst zu sein - siehe Halle, wo der Verbrecher Ersatztötungen zur Mordtriebabfuhr beging, da er zum Glück an seine geplanten Opfer nicht herankam.

        • @Euromeyer:

          Lassen Sie sich von einem, der mehrere Jahre lang mit psychiatrischen Patienten gearbeitet hat, sagen: Sie sind komplett auf dem Holzweg!



          Unterlassen Sie lieber solch küchenpsychologischen Turnübungen. Das führt zu gar nichts.

    • @Euromeyer:

      Mit vegan / vegetarisch oder carnivor hat dies wohl nichts zu tun. Hitler war Vegetarier, was ihn jedoch nicht von seinem mörderischen Tun abhielt.

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Ich verstehen das glaube ich nie, wie kann man aus Ideologie Menschen umbringen.



    Sei es weil man denkt da ist ein Gott der das toll findet, noch das es eine Super Rasse gibt und alle anderen sind minderwertige Menschen.

    Jeder der älter als fünf ist, sollte doch wissen das die Evolution uns vielfältig gemacht hat und und das eben ausmacht