Menschenrechtslage in China: Anwälte weggesperrt
Die chinesischen Sicherheitsbehörden nehmen 106 Anwälte, Kanzleimitarbeiter und Menschenrechtler fest. Amnesty befürchtet Misshandlungen.
Chinesische Sicherheitsbehörden haben Ende der Woche binnen 48 Stunden insgesamt 106 Anwälte, Mitarbeiter von Kanzleien und Menschenrechtsaktivisten festgenommen. Das chinesische Polizeiministerium wirft ihnen vor, eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet zu haben.
Amnesty International (AI) berichtet von Razzien in Peking, Schanghai und Guangzhou. Es sei der größte Schlag gegen Bürgerrechtsanwälte seit dem Amtsantritt von Chinas Staatspräsident Xi Jinping vor zwei Jahren, sagte AI-China-Experte William Nee. Mehr als 20 von ihnen seien am Sonntag noch in Polizeigewahrsam gewesen, einige von ihnen verschwunden. AI befürchtet, sie könnten misshandelt werden. Deshalb müsse ihr rechtlicher Status sofort geklärt werden.
Allerdings hat die chinesische Führung erst vor zehn Tagen ein Sicherheitsgesetz verabschiedet, dass der Staatssicherheit weitreichende Befugnisse einräumt. So gut wie jede Handlung kann als „relevant für die nationale Sicherheit“ erklärt werden und ermächtigt sie, Verdächtige wie Terroristen zu behandeln. Xi hatte nach seinem Amtsantritt mehr Rechtsstaatlichkeit versprochen. Die gibt es auch – aber nicht im Sinne der Bürger. Vielmehr sei die Behördenwillkür nun gesetzlich untermauert, wettert ein Kritiker im chinesischen Internet.
Verhältnis zur Bundesregierung
Die Festnahmen könnten auch das Verhältnis zur Bundesregierung belasten. Chinas Führung ist derzeit sehr um Deutschland bemüht. Sie will ihre heimische Industrie umbauen und setzt vor allem auf deutsche Unterstützung. Mitte der Woche will Xi Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in Peking empfangen – eine Ehre, die einem ausländischen Minister nur selten zuteil wird.
Angesichts der Verschärfung der Bürgerrechte hatte Justizminister Maas vergangene Woche in Peking Chinas Rechtsstaatlichkeit bereits infrage gestellt und angemahnt, den Druck in der Menschenrechtsfrage aufrechtzuerhalten. Bei Gabriels Besuch soll dieses Thema offiziell nicht ein weiteres Mal aufgegriffen werden. „Der Vizekanzler sollte auf jeden Fall Deutschlands Betroffenheit über die Festnahmewelle äußern“, fordert nun Amnesty.
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