Menschengemachte Umweltzerstörung: Tellerrand ist abgebrannt
In Kalifornien wüten Feuer und überall auf der Welt zerstören die Menschen Ökosysteme. Wegschauen ist keine Lösung: Wir alle können etwas bewirken.
W ährend ich diese Zeilen schreibe, donnern Löschhubschrauber über mich hinweg. Feuer ist ausgebrochen, keine fünf Kilometer von mir, mitten in den Hügeln von Los Angeles, wieder einmal. Draußen riecht es, als ob die Stadt auf einem riesigen Grill läge.
Es ist Mitte September 2020 und seit einer Woche kommt in L. A. kein Sonnenstrahl mehr durch die dicken Rauchwolken. Seit drei Jahren stehen von Juli bis Weihnachten Notfallkoffer mit wichtigen Dokumenten gepackt und bereit, wegen der Feuergefahr. Dabei geht es uns noch gut. Freunde aus Oregon mussten ihre zwei kleinen Kinder auf den Arm nehmen und in Windeseile ihr Haus verlassen, weil eines der Megafeuer durch ihr Städtchen tobte.
Warum die Feuer uns betreffen
Ihr Heim steht zwar noch, aber die gesamte Nachbarschaft drumherum ist abgebrannt, Gasexplosionen und die Luftverschmutzung machen eine Rückkehr unmöglich. Der Gemüsegarten, der die Selbstversorgerfamilie in den finanziell schwierigen Covid-19-Zeiten genährt hat, ist verdorrt.
„Kalifornien ist die nahe Zukunft Amerikas“, sagte unser Gouverneur Gavin Newsom vor Kurzem. Denn auch der Rest der USA wird bald ähnlich durch von Klimawandel ausgelöste Krisen gebeutelt sein wird, seien es Feuer, Flut, oder Stürme. Derzeit brauen sich vor der Atlantikküste fünf Hurrikane gleichzeitig zusammen. Das gab es das letzte Mal 1971.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Wer jetzt sagt „Was gehen mich die USA an?“, dem antworte ich bloß: Der zundertrockene deutsche Wald lässt grüßen. Eine nie dagewesene Hitzewelle in Sibirien, schmelzende Gletscher in der Antarktis, Hunderttausende tote Vögel in Mexiko, möglicherweise erschöpft von ihrer Flucht aus den amerikanischen Feuerstaaten. Der vor rund zwei Wochen erschienene „Living Planet Report“ des WWF ergibt, dass die Bestände der Landwirbeltiere seit 1970 um 68 Prozent geschrumpft sind. Zwei von drei wilden Tieren weg, in 50 Jahren. Und warum? Wegen uns. Verbrannte Wälder, vergiftete und überfischte Meere, die Zerstörung ganzer Ökosysteme.
Klar, man kann angesichts solcher Meldungen vor Panik erstarren. Aber: Jeder, wirklich jeder von uns, kann etwas bewirken. Es muss Schluss damit sein, dass wir nicht mehr über unseren eigenen Tellerrand hinausschauen. Denn genau auf unserem Teller fängt Klimaschutz an: mit weniger Fleisch und mehr Pflanzen.
Wenn wir genauso weitermachen wie bisher, machen wir uns schuldig. An den nachfolgenden Generationen, an den Tieren, am Planeten. Da gibt es nichts schönzureden. Wer den Kopf dennoch weiterhin in den Sand stecken will – Glückwunsch, denn wenn sich nichts ändert, gibt es bald Sand mehr als genug. Der Klimawandel bringt uns auch mehr Wüsten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin