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Mehr Wärme, weniger CO2Ein Zuhause für den Klimaschutz

Bislang sind Gebäude Klimakiller. Das wollen Umwelthilfe und Mieterbund ändern: mit Geld, Infos und Entlastungen für Mieter und Vermieter.

Wer sein Haus gut saniert, soll bald mehr Energie und Geld sparen Foto: dpa

Berlin taz | Wenn der Verkehr „das Sorgenkind“ des Klimaschutzes ist, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt, dann ist der Immobilienbereich die Bauruine: Etwa 40 Prozent der Energie wird in Deutschland im Gebäudesektor verbraucht, die dortigen CO2-Emissionen sind seit zehn Jahren kaum gesunken. Selbst die Regierung geht deshalb davon aus, dass sie mit ihren Maßnahmen die eigenen Ziele nur etwa zur Hälfte erreichen wird.

Um Gebäude von Klimakillern in Spardosen zu verwandeln, fordert eine Koalition aus Umwelt- und Mieterschützern jetzt eine Trendwende: Mit 25 Milliarden Euro jährlich, einer verpflichtenden Informationskampagne und einer anderen Kostenteilung zwischen Mietern, Vermietern und Staat soll ein „Gesamtkonzept für Klimaschutz und Sozialverträglichkeit beim Wohnen“ entstehen, forderten am Donnerstag die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Deutsche Mieterbund (DMB).

„Die Koalition muss das Klimaschutzgesetz im Gebäudebereich nachbessern, damit die Klimaziele eingehalten werden“, forderte die DUH-Vizevorsitzende Barbara Metz. DMB-Geschäftsführr Ulrich Ropertz wandte sich gegen die energetische Sanierung als „Sündenbock für Mieterhöhungen. Die großen Kostentreiber sind Grundstückspreise und Baukosten, aber nicht die Einhaltung von energetischen Standards.“

25 Milliarden Euro für effiziente Gebäude gefordert

Mit einem 10-Punkte-Plan wollen DUH und DMB die Immobilien zu Klimaschützern machen: Statt mit 4 Milliarden Euro jährlich, wie bislang geplant, solle die Sanierung mit bis zu 25 Milliarden unterstützt werden. Das Geld soll unter anderem direkt an Vermieter fließen, die ihre Gebäude sanieren. Zudem sollten sie in Zukunft nicht mehr 8, sondern nur noch 4 Prozent der Sanierungskosten auf die Miete umlegen dürfen.

Außerdem sollten Gebäude in Effizienzklassen von A bis F eingeteilt werden: Je früher saniert wird und je schlechter die Gebäudeklasse, umso mehr Förderung soll es geben. Eigentümer von Immobilien sollten verpflichtet werden, sich über Sanierungsmöglichkeiten zu informieren, die Förderung durch die bundeseigene Bank KfW soll entbürokratisiert werden.

Auch das Ende der Ölheizungen, das im Klimapaket ab 2026 vorgesehen ist, soll sofort gelten. Neue Gasheizungen sollen ab 2025 verboten sein und auf erneuerbare Wärmenetze umgestellt werden. Die aktuelle Förderung lege „fossile Strukturen im Wärmebereich auf Jahrzehnte fest“, monierte Metz. Neubauten und Sanierungen müssten entsprechend den scharfen KfW-Standards errichtet werden, damit der Bestand bis 2050 klimaneutral sein könne.

Dafür müssten jedes Jahr etwa 3 Prozent der Gebäude energetisch saniert werden, rechnen Experten vor. Derzeit liegt diese Rate allerdings bei unter 1 Prozent. Und der höhere CO2-Preis, den das neue Klimaschutzgesetz ab 2021 vorsieht, treffe nur die Mieter, so Ropertz: „Der Mieter zahlt den Aufschlag für teureres Öl oder Gas.“

Der Druck zu mehr Klimaschutz im Gebäudebereich ist auch aus Sicht der staatlichen Deutschen Energieagentur (dena) enorm: Wegen des langen Vorlaufs der Investitionen „bricht 2030 schon morgen an“, erklärte dena-Chef Andreas Kuhlmann zum Klimapaket. Grundsätzlich begrüßen die dena-Experten die Maßnahmen im Klimaschutzgesetz, drängen aber ebenfalls auf höheres Tempo und zusätzliche Maßnahmen.

Das hat einen einfachen Grund: Selbst mit allen Maßnahmen aus dem Klimapaket wird das Klimaschutzziel für 2030 im Gebäudebereich nur etwa zur Hälfte erreicht. Das hat eine Schätzung des Branchenbündnisses „Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz“ ergeben. Statt der geforderten 72 Millionen Tonnen CO2 entstehen im Gebäudesektor 2030 nach den jetzigen Planungen immer noch 87 Millionen Tonnen Klimagase.

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17 Kommentare

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  • "Auch das Ende der Ölheizungen, das im Klimapaket ab 2026 vorgesehen ist, soll sofort gelten. Neue Gasheizungen sollen ab 2025 verboten sein und auf erneuerbare Wärmenetze umgestellt werden."

    Interessanter Ansatz, aber wieder mal völlig unrealistisch.



    Woher soll den die Wärme für die Wärmenetze kommen? Die meiste Wärme wird zur Zeit noch per Kohle oder Erdgas erzeugt.



    Zudem lässt sich Wärme nur mit einem miserablen Wirkungsgrad über größere Entfernungen in die kleinsten Ecken transportieren. Das wurde mal wieder in einem Großstadtthinktank entworfen ohne die Fläche zu berücksichtigen

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    die energie-"erzeugung" muss klimaneutral werden.



    mehr styropor auf fassaden geht einfach nicht, weder bauphysikalisch, architektonisch noch im sinne einer verringerung der plastifizierung der welt mit erdölprodukten.

  • Zitat: "Und der höhere CO2-Preis, den das neue Klimaschutzgesetz ab 2021 vorsieht, treffe nur die Mieter, so Ropertz: „Der Mieter zahlt den Aufschlag für teureres Öl oder Gas.“"



    Was für ein Unsinn. Natürlich sind selbstnutzende Eigentümer genauso betroffen.

  • Jetzt frage ich mich natürlich, womit soll ich in Zukunft heizen? Aus meinem älteren Haus wird nie ein Nullenergie-Haus werden; es verbleibt immer ein restlicher Energiebedarf, der etwa 1000 Liter Heizöl entspricht. Pellets sind keine Alternative, denn sie verursachen Feinstaub und vernichten Urwälder.



    Was mir bei der gesamten Diskussion völlig fehlt, ist der Hinweis auf die Möglichkeit, bei bestehenden Heizungen durch bessere Einstellung und zusätzliche Isolierung der eigentlichen Heizungsanlage Energie einzusparen. Das ist preiswert, geht schnell und kann bis zu 20% Einsparung bringen.

    • @Lapa:

      Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Einsparungen nicht annähernd den ausgelobten Wert erreichen können. Ist ein Haus schon gut isoliert, dann steigt der Aufwand exponentiell an.

      In anderen Ländern, wie z.B. Schweden, dort wurden die Bürger schon früher mit diesem Problem konfrontiert, viele bauten die fossilen Brenner aus und dann heizte man mit mit teurem Strom, danach dann mit der Wärmepumpe, die Warmwasseraufbereitung geht damit aber extrem schlecht, so wird in Schweden dafür öfters Strom verwendet. Wärmepumpen fallen gerne aus, dann wird kalt im Haus, von den Kundendiensten hört man wenig Gutes. Wie SCHNURZELPU schrieb, es läuft vieles auf Heizen mit Strom hinaus, wo der dann wohl herkommt?

      Es bleibt spannend, denn möglicherweise ist der Green Deal mehr vom Wirtschaftswachstum inspiriert, als von der ernsthaften CO2 Einsparung.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Lapa:

      Womit heizen? Na mit Strom - so wie in den warmen Ländern damit gekühlt wird.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        In warmen Ländern hat man auch Solarenergie in größeren Mengen zur Verfügung. Wir werden nicht einmal ansatzweise den erforderlichen Energiebedarf in Strom regenerativ erzeugen können. Der Bedarf steigt täglich und wird sich mit noch gegenüber den geschönten Annahmen für das 65% Ziel vervielfachen wenn alle CO2-freien Ziele umgesetzt werden sollen

  • Wir werden also nicht wie bisher einen Großteil unseres Einkommens in immer neue Autos, sondern in unsere Häuser investieren müssen. Allerdings, wer bisher schon nichts in Autos investiert hat, der wird auch seine Investitionen nicht umschichten können, in die energetische Sanierung.

  • "Die großen Kostentreiber sind Grundstückspreise und Baukosten, aber nicht die Einhaltung von energetischen Standards"

    Aha, die Einhaltung der Anforderungen der ENEV halt also keine Auswirkungen auf die Baukosten. Dann ist also das Dreifach-Isolierglasfenster genau so teuer wie ein Einfachglasfenster. Das mit 24cm Steinwolle isolierte Dach genau so billig wie das nicht-isolierte Dach, und so weiter und so fort.



    Hat der Ropertz das wirklich so gesagt???

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @sb123:

      Dreifachverglasung ist nicht so viel teurer. Hab mich gewundert, dass das bei mir nur maximal 10% mehr als normales Isolierglas war.

    • @sb123:

      die Kosten holen Sie wieder rein wenn der Co2 Preis steigt und durch niedrigere Heizkosten.



      Und denkne Sie erst an ihr gutes Gewissen..

    • @sb123:

      Natürlich sind 3fach Verglasung und Isolierung teuerer als keine Maßnahme. Das ist ja wohl eine Binse.



      Es geht um den prozentualen Anteil an den Gesamtkosten. Wenn die Errichtung eines Hauses 1Mio. EUR kostet, auf die Grundstückskosten aber 90% verfallen, auf die Baukosten 10% und darin wiederum die Energieeinhaltungskosten lediglich mit weiteren 10% zu Buche schlagen, dann kostet das Gebäude ohne diese Energieeinsparkosten eben nicht 1 Mio. EUR sondern “nur” 990.000 EUR. Wem ist damit geholfen, wenn man diese 1% an den Gesamtkosten einspart, dafür aber die externen Kosten durch zusätzliche Emissionen und auch die höheren Heiz- und Stromkosten an die Mieter 1:1 weiterreicht. Richtig: Niemanden. Ihr Kommentar mag vielleicht ketzerisch gemeint sein, für mich ist er einfach nur Polemik.

      • @xoss:

        Hallo Xoss, Ihr Kommentar zeigt, dass Ihnen fachliche Kenntnisse beim Schreiben nicht im Wege standen. Der Grundstücksanteil an den Gesamtbaukosten beträgt nicht, wie Sie zugrunde legen, 90 % sondern nur etwa 25 % der Gesamtbaukosten. Die verbleibenden 75 % sind die Kosten für das Bauwerk. Folgt man Ihrer Argumentation, dann wird Ihr Beispielhaus nicht um 10.000,- Euro teurer. Es sind dann stolze 75.000,- Euro. Die Sie natürlich in der Kaltmiete Ihrer neuen Wohnung wiederfinden. Ein wenig mehr Sachkenntnis und etwas weniger Polemik machen jede Diskussion fruchtbarer.

        • 4G
          4813 (Profil gelöscht)
          @joschmi:

          Habe gerade gebaut. 90m2 Wohnung als Anbau/Neubau. Dreifachverglasung, neue Heizung, Hanfschüttung als Fussbodenisolierung, Poroton Mauerwerk, Zellulosedämmung im Dach.



          Hat 150 T€ gekostet.



          Das Energiesparende hat vielleicht 20 T€ ausgemacht.



          Lassen Sie dafür die Granitarbeitsplatte und anderen Schnickschnack weg, dann kommt es aufs gleiche raus.

          • @4813 (Profil gelöscht):

            Die Preisdifferenz ist beim Neubau geringer als bei der energetischen Sanierung im Altbau. Und da gibt es den großen Nachholbedarf und dann auch die leidigen Mietsteigerungen.



            1990 gab es circa 5000 Bauvorschriften, heute sind es circa 20000.



            Nach Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft für Zeitgemäßes Bauen e. V. (ARGE e.V.) haben allein die energetischen Anforderungen wie die verschiedenen Stufen der Energieeinsparverordnung (EnEV 2002/2009/2014 ab 2016) beziehungsweise des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetztes (EEWärmeG 2009) zwischen 2000 und 2017 zu einer Steigerung der Baukosten für Wohngebäude von 19 Prozent geführt (siehe ARGE 2015 und aktualisierte Daten für die Jahre 2016-2017). Für den Bau einer Mietwohnung mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 1240 Euro in 2000 und einer Größe von 100 Quadratmetern entspricht dies einer absoluten Preissteigerung von knapp 24.000 Euro.

            • 4G
              4813 (Profil gelöscht)
              @sb123:

              Wenn die 100m2 Wohnung Baukosten von 124000 Euro benötigt, hier bei mir in der Gegend 400 T€ kostet, dann sind ihre EnEV Kosten von 24 T€ also nur 6 % Mehrkosten für Energiesparen.



              Da kostet die Einbauküche mehr.

              • @4813 (Profil gelöscht):

                Die Zahl 1240 Euro bezieht sich auf das Jahr 2000. Zu der allgemeinen Erhöhung bis Jahr 2019 kamen noch die Erhöhungen in Folge der ENEV um 19%.Der Durchschnittspreis in Deutschland lag 2018 bei 2710 Euro.



                Also eine Steigerung von 118%, davon die 19% wegen der ENEV. Das mag in der Gesamtbilanz niedrig erscheinen, gibt vielen Bauherren aber dann den Rest und führt bei Mietwohnungen selbstverständlich zu Erhöhungen.