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Mehr Rechte für BundespolizeiBig Brother ist hearing you

Telefonate dürfen künftig präventiv abgehört und E-Mails mitgelesen werden. Die Koalition einigte sich auf mehr Befugnisse für die Polizei.

Erstmals soll die Bundespolizei Telefonate und E-Mail-Verkehr überwachen können Foto: Cavan Images/imago

BERLIN taz | Die Bundespolizei soll künftig präventiv Telefonate und E-Mail-Verkehr überwachen können. Darauf einigten sich am Wochenende führende Innenpolitiker von CDU/CSU und SPD. Die sogenannte Quellen-TKÜ mit Staatstrojanern soll die Bundespolizei aber nur punktuell gegen Schleuser einsetzen können.

Die Polizei ist in Deutschland vor allem Sache der 16 Bundesländer, der Bund ist hier nur in Randbereichen zuständig. So hat das Bundeskriminalamt vor allem Befugnisse in der Terrorbekämpfung und zur technischen Unterstützung der Landespolizeien. Die Bundespolizei ist im Kern für die Sicherheit an den Grenzen, im Bahn- und Flugverkehr zuständig. Bis 2005 hieß die Bundespolizei noch Bundesgrenzschutz.

In einem größeren Paket wollte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) seiner Bundespolizei ursprünglich mehr Befugnisse geben. So hätte sie flächendeckend in Bahnhöfen und Flüghäfen auch biometrische Gesichtserkennung betreiben können, um zum Beispiel gesuchte Terroristen zu fassen. Ein entsprechender Pilotversuch im Berliner Bahnhof Südkreuz zeigte, dass die Technik inzwischen einsatzreif ist.

Im Januar legte Seehofer einen ersten Referentenentwurf vor, den allerdings Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) abblockte. Im Sommer scheiterte ein abgespeckter Entwurf am Widerstand von SPD-Chefin Saskia Esken. Seehofer hatte deshalb intern das Projekt wohl schon begraben.

Knackpunkt: verschlüsselte Messengerdienste

Doch dann verhandelten die Innenpolitiker von CDU/CSU und SPD ohne das Ministerium und fanden einen nochmals abgespeckten Kompromiss, den sie bis zur Bundestagswahl im nächsten Herbst umsetzen wollen. Federführend waren hierbei die Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) und Dirk Wiese (SPD). Die größten Streitpunkte wie die Gesichtserkennung fehlen in ihrem Eckpunktepapier. Auch die heimliche Durchsuchung von Computerfestplatten (Onlinedurchsuchung) soll der Polizei nicht erlaubt werden.

Erstmals soll die Bundespolizei aber Telefone, E-Mail- und SMS-Verkehr abhören oder mitlesen dürfen, um Straftaten zu verhindern. Es geht hier um Maßnahmen im Einzelfall mit Richtervorbehalt. Bei Landespolizeien ist präventives Abhören schon länger erlaubt. Die Bundespolizei durfte Telekommunikation dagegen bisher nur zur Strafverfolgung überwachen.

Wenn verschlüsselt kommuniziert wird, soll die Bundespolizei künftig die sogenannte Quellen-Telekommunikations-Überwachung (Quellen-TKÜ) nutzen dürfen – allerdings nur, wenn es um die Verhütung von Menschenhandel und die geplante Einschleusung von Ausländern geht. Bei der Quellen-TKÜ platziert die Polizei eine Spähsoftware auf dem Computer oder dem Smartphone der Zielperson, die die Telekommunikation an der Quelle abgreift, bevor sie verschlüsselt wird.

Ob die Bundespolizei die Quellen-TKÜ auch bei verschlüsselten Messenger-Diensten einsetzen darf, geht aus dem Eckpunktepapier, das der taz vorliegt, nicht hervor. Bei Messengern ist die Quellen-TKÜ besonders umstritten, weil die Spähsoftware hier nicht nur laufende Kommunikation abfängt, sondern auch auf gespeicherte Nachrichten auf der Festplatte zugreifen muss. Zur Strafverfolgung ist dies allerdings bereits seit 2017 erlaubt.

Spektakulär klingt, dass die Bundespolizei nun auch die Befugnis zum „finalen Rettungsschuss“ erhalten soll. Es geht dabei um die Erlaubnis, zum Beispiel einen Geiselnehmer im Bahnhof zu töten, wenn sonst keine andere Möglichkeit besteht, das Leben und die Gesundheit der Geisel zu retten. Faktisch haben solche Befugnisse aber nur symbolischen Wert, weil Polizisten sich auch im Dienst auf die allgemeinen Rechte zu Notwehr und Nothilfe berufen können.

Im Lauf dieser Woche wollen sich die Innenpolitiker mit Minister Horst Seehofer über das weitere Vorgehen verständigen.

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8 Kommentare

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  • Sehr schön, dann können rechte Bundespolizisten ja die gewonnenen Infos gleich an ihre „Glaubensbrüder“ weitergeben. Hoffentlich ist dann wenigstens nachvollziehbar wer was gemacht hat. Bei der Polizei in Frankfurt scheint das ja nicht möglich zu sein.

  • Wie heisst es so - mehr oder weniger - zutreffend: "Ich brauche neue Verschwörungstheorien, meine alten sind alle wahr geworden".

  • Es wäre nett, wenn sich in den Medien mal jemand darum bemühen würde den tatsächlichen Nutzen aus der Überwachung gegenüber zu stellen.



    So wie das immer angepriesen wird, könnte man meinen, morgen hagelt es in der Zeitung von Erfolgsmeldungen - sowas habe ich bisher noch nicht gesehen.



    Stattdessen wird in Weihnachtsmärkte gefahren.

  • "Ein entsprechender Pilotversuch im Berliner Bahnhof-Südkreuz zeigte, dass die Technik inzwischen einsatzreif ist."

    Wirklich? Wenn man sich beispielsweise die Rate an "false positives" im Test selbst am hellichten Tag ansieht kann man das nach Meinung sehr vieler Menschen auch anders sehen. Nachts mit Kunstlicht war die Erkennungsquote derart schlecht, dass man überhaupt nicht von funktionierender Technik sprechen kann.

  • Ja - das ist doch mal hübsch.

    “ Die Polizei ist in Deutschland vor allem Sache der 16 Bundesländer, der Bund ist hier nur in Randbereichen zuständig.“



    Anders als unser stellv. Verfassungsrichter Ba-Wü - bin ich wg Art 31 GG - “Polizei ist Ländersache“ in aller Bescheidenheit - daß sein "vor allem“ einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält.



    Dabei freue ich mich als nach der nach oben offenen Rathschen Richterskala nicht ausreichend qualifizierter einfacher (ex)Verwaltungsrichter ganz besonders - daß ich dafür auf den späteren Verfassungsgerichtspräsidenten Professor Dr. Hans-Jürgen Papier beziehen kann. Hat er doch als Bevollmächtigter im diesbezüglichen Normenkontrollverfahren das Land NRW - wenn im Ergebnis - erfolglos in Karlsruhe 2. Senat mit den Richtern -



    Präsidentin Limbach, Graßhof, Kruis, Kirchhof, Winter, Sommer, Jentsch, Hassemer. Welch erlauchter Kreis - 🤫 -



    www.bundesverfassu...28_2bvf000392.html



    &



    www.bundesverfassu...998/bvg98-014.html

    kurz - Ohne eine Grundgesetzänderung - für die es einer 2/3 Mehrheit bedurft hätte - sind die getroffenen Regelungen zur Aufgabenerweiterung des Bundesgrenzschutzes mit der Grundentscheidung des Grundgesetzes unvereinbar. Die obige Entscheidung also falsch!



    Eine paramilitärische Organisation wird nicht zu einer mit dem Grundgesetz zuvvereinbarden Polizei - nur weil ihr zusätzliche Aufgaben zugewiesen werden. Der Trick von Exekutive & folgend Karlsruhe - ist ein ebensolcher.



    Flughäfen - noch absurder Bahnhöfe als quasi exterritoriale zu puschen. Ist eine Begründung pro domo. Ergo falsch.



    Das zeigen die jetzt eingeräumten weiteren Befugnisse mehr als deutlich.



    Den digitale Überwachung läßt sich nicht örtlich derart “einkästeln“.



    Der Dammbruch zuvor - macht’s nur scheinbar möglich - das weitere aber ist gezielt angesteuert & folgerichtig - 🤮 -

    Zu “heile heile Gänschen“ ist kein Anlaß •

  • Ganz schön komplex, diese Polizeiarbeit.

    Als Laie hätte man nie gedacht, dass das Abhören von Telefon und Whatsapp zwingende Voraussetzung ist, um Schwarzfahrer aus den Zügen der deutschen Bahn heraus zu bugsieren, und Asylbewerber ab zu schieben.

  • Das Problem ist ja nicht die Überwachung per se.



    Das Problem liegt in dem Vertrauen, das die Überwacher genießen sollten, und der Möglichkeit der Kontrolle durch Dritte.



    Und das Problem liegt in der immergleichen Begründung für die Einführung von immer mehr Maßnahmen zur Überwachung, die bei realen Anwendungen noch nie zum Tragen kam.

    Das Vertrauen in die Justiz, speziell die Polizei und den Verfassungsschutz, ist ohnehin eher auf der homöopathischen Seite angesiedelt. Je weniger Kontrolle (durch Verfassungsgerichtshof, die Freie Presse, …) möglich sein wird, desto eher sinkt das von vorn herein überschaubare Vertrauen weiter. Damit tut man sich keinen Gefallen, wenn nicht im selben Atemzug eine Kontrollinstanz geschaffen wird, an der alle Bürger „teilhaben“ können – wie eben die Presse.

    • @Alexander Tschirk:

      Vertrauen das die bespitzelte Bevölkerung hat oder besser hatte, ist denenn doch vollkommmen egal.



      Muckt jemand auf, gibts halt mehr Überwachung. Ich warte noch auf den Vorschlag, an jedem Haus eine Überwachungskamera an zu bringen, dann im Flur......