Mehr Mitsprache in Baden-Württemberg: Kleines Schmankerl für die Beamten
Die baden-württembergische Landesregierung beschließt mehr Mitspracherechte für Behördenmitarbeiter. Die Kosten tragen die Kommunen und Landkreise.
STUTTGART taz | Beamte in Baden-Württembergs Behörden bekommen künftig mehr Mitspracherechte. Das hat die grün-rote Landesregierung gestern mit der Novellierung des Landespersonalvertretungsgesetzes beschlossen. Es sieht mehr Freistellungen für die Arbeit in der Personalvertretung, ein Äquivalent zum Betriebsrat in der freien Wirtschaft, sowie mehr Personalräte vor.
Betroffen sind damit Mitarbeiter von kommunalen sowie Landesbehörden, vom Vermesser bis zur Sekretärin, aber auch Lehrer und Angestellte von öffentlich rechtlichen Einrichtungen, wie zum Beispiel dem Südwestrundfunk.
Gegen die Novellierung hatten sich vor allem die kommunalen Landesverbände ausgesprochen. Wegen 300 zusätzlich freigestellter Personalräte rechnen sie mit jährlichen Mehrkosten von 16 Millionen Euro. Denn das Land will die Zugeständnisse an die Beamten „kostenneutral“ umsetzen, wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betont. Die Neuerung sei mit vorhandenen personellen und sachlichen Mitteln zu tragen, heißt es im Gesetz.
Die Arbeitsbelastung bei den übrigen Beschäftigten steigt dadurch voraussichtlich an. Das gibt auch Kretschmann unumwunden zu: „Das ist halt so, wenn man mehr mitbestimmen will, muss man sich engagieren.“
FDP: „Verneigung vor den Gewerkschaften“
Grün-Rot hält die Novellierung für dringlich, um attraktiv im Wettbewerb um Mitarbeiter dazustehen. Baden-Württemberg war in punkto Personalvertretung unter den Schlusslichtern im Ländervergleich. Die FDP kritisiert das Gesetz als „tiefe Verneigung vor den Gewerkschaften“. Die CDU bemängelte, das Gesetzgebungsverfahren sei „im Schweinsgalopp durchgepeitscht“ worden. Die Regierung betont derweil, sie habe 15 Monate lang Gespräche mit Betroffenen geführt.
Druck gemacht hat nach eigenen Angaben auch der Beamtenbund Baden-Württemberg. Der Vorsitzende Volker Stich argumentiert: Die demokratischen Verhältnisse in den Behörden seien auch bisher gut gewesen, jetzt sei man aber einen Schritt hin zur perfekten Mitarbeitervertretung gegangen. „Es gibt viele Politikfelder, wo Beamte auf der Palme sind.“ Er nennt beispielhaft Lehrerstellenkürzungen.
Mit der Novellierung setze Grün-Rot „ein kleines Zeichen der Beruhigung“, sagt Stich. Sein Verhältnis zur generösen Landesregierung werde das neue Gesetz aber nicht ändern: „Der Beamtenbund wird seine generelle Haltung, die sehr kritisch ist, nicht verändern.“
Leser*innenkommentare
N. Täuscht
Gast
tja so geht mitsprache bei der grün-roten Landesregierung -> wenn andere (hier kommunen) bezahlen
und solange die grün-rote Landesregierung nicht selbst betroffen ist
bei der Nationalparksdebatte zeigt sich aber schon, dass grün-rot plötzlich von mitsprache und Basisdemokratie gar nichts mehr wissen will, sobald sie selbst betroffen ist