piwik no script img

Maskenpflicht in BeninKnöllchen für unbedeckte Gesichter

Keine Ausgangssperre, dafür Maskenpflicht: Benin geht während der Coronapandemie einen Sonderweg. Doch genügend Masken gibt es nicht.

Wer keine Maske trägt, muss bezahlen Foto: Yanick Folly/afp

Cotonou taz | Ein Foto ist in Benin in den vergangenen Tagen unzählige Male über WhatsApp und soziale Netzwerke geteilt worden. Zu sehen ist ein Knöllchen der beninischen Polizei, das am 9. April ausgestellt worden ist. Das Vergehen lautet: keine Maske getragen.

Das Bußgeld liegt bei 6.000 CFA, umgerechnet gut 9 Euro, was etwa einem Siebtel des monatlichen Mindestlohns entspricht. Vor allem in der Wirtschaftsmetropole Cotonou hat das für ordentlich Gesprächsstoff gesorgt. Die Regierung macht offenbar ernst und setzt die seit dem 8. April in Teilen des Landes geltende Maskenpflicht tatsächlich durch.

Benin, wo es bisher 35 offiziell bestätigte Sars-CoV-2-Infektionen gibt, geht damit einen Sonderweg. Während Nachbarländer wie Nigeria längst Ausgangssperren verhängt haben, will die Regierung das vermeiden. Anfang vergangener Woche sagte Präsident Patrice Talon, die Mehrheit der Beniner*innen hätte gar nicht die Mittel, um eine lang anhaltende Ausgangssperre durchzustehen. Gut 40 Prozent der 12,8 Millionen Einwohner*innen leben unterhalb der Armutsgrenze und haben weniger als 1,9 US-Dollar pro Tag zur Verfügung.

Eine Ausgangssperre würde allerdings auch die zahlreichen Baumaßnahmen der Regierung vorläufig stillstehen lassen, etwa den Ausbau der Küstenstraße Cotonous. Es handelt sich um Vorzeigeobjekte der Regierung, die zügig fertiggestellt werden sollen.

Neue Einnahmequellen

Eines hat Benins Regierung dennoch eingeführt: eine Gesundheitssperrzone, in der zwölf Städte im Süden liegen. Sie soll den Verkehr zwischen den Städten einschränken und so verhindern, dass sich das Virus weiter in Richtung Norden ausbreitet. In den Städten des sogenannten Cordon Sanitaire sind die Masken verpflichtend – egal ob man sich mit anderen trifft – offiziell mit maximal zehn Personen – oder ob man sich auf dem Markt oder zu Hause befindet.

Wer früher am Straßenrand Telefonkarten verkauft hat, bietet heute Masken an

Offenbar zur Kontrolle und Einschüchterung sind in den ersten Tagen immer wieder Pick-ups der Polizei durch die Wohnviertel gefahren. Über Twitter wurde eine Nummer verbreitet, die Bürger*innen anrufen sollen, sobald sie Verstöße beobachten.

Seit der Einführung der Maskenpflicht wird genäht. Wer früher am Straßenrand Telefonkarten verkauft hat, bietet heute Masken an. Mal sind es nur dünne Einweg-Varianten in OP-Grün oder Rosa, mal werden sie in den Schneiderwerkstätten aus dem traditionellen Stoff Pagne hergestellt. Auch lokale NGOs haben in den Masken längst eine neue Einnahmequelle entdeckt.

Eine Woche nach der Einführung hat sich die erste Aufregung wieder gelegt. Polizist*innen, die Fußgänger*innen oder Taxis zur Maskenkontrolle anhalten? Bis heute tragen viele von ihnen schließlich selbst keine Masken. Und wer will schon kontrollieren, ob eine Familie abends mit oder ohne Mundschutz vor dem Fernseher sitzt?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!