Maskengate der Union: Eine toxische Mischung
Die Unionspolitiker Nüßlein und Löbel bereichern sich offenbar an der Coronakrise. Die Union trägt Mitschuld.
![Der Ex-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel auf eine roten Sofa Der Ex-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel auf eine roten Sofa](https://taz.de/picture/4724570/14/loebel-nuesslein-cdu-csu-maskenaffaere-1.jpeg-1.jpeg)
M it dem Vertrauen in die Coronapolitik der Bundesregierung ist es derzeit nicht zum Besten bestellt. Apps, Impfungen, Schnelltests – zu viel geht schief. Verantwortlich sind vor allem die Ressortchefs der CDU, allen voran Gesundheitsminister Jens Spahn. Dass dieser jetzt ausgerechnet mit CSU-Pannenminister Andreas Scheuer eine „Schnelltest-Taskforce“ bilden soll, wird vielerorts nur noch mit Spott registriert.
Zum politischen Versagen kommt nun moralisches. Zwei Bundestagsabgeordnete der Union sollen sich durch Geschäfte mit Coronaschutzmasken persönlich bereichert haben. Danach haben sie versucht, sich mit scheibchenweisem Rückzug aus der Affäre zu ziehen.
Auch wenn die Unschuldsvermutung gilt – CSU-Mann Nüßlein bestreitet weiterhin alle Vorwürfe –, beide Abgeordnete verspielen damit Vertrauen der Bevölkerung in die Politik. Dabei ist dies in der Coronakrise das Wichtigste. Dass selbst Unionsfraktionschef Brinkhaus weitere Fälle für möglich hält, spricht Bände.
Auch Spahn ist Teil des Problems. Der Minister warnte die Bevölkerung morgens im Fernsehen vor sozialen Kontakten und reiste abends zu einem Dinner mit Unternehmer:innen, wo um Spenden für seinen CDU-Kreisverband gebeten wurde – einen Euro unter der gesetzlichen Veröffentlichungsgrenze. Das mag formal korrekt sein. Aber auch nur das. Moralisch akzeptabel ist es nicht.
Auch jenseits von Löbel, Nüßlein und Spahn gibt es weitere Namen und zwielichtige Fälle. Zwei Unionsabgeordnete stehen in Verdacht, dass sie sich von dem autoritären Regime in Aserbaidschan haben schmieren lassen. Karl-Theodor zu Guttenberg hat energisch Lobbyarbeit für Wirecard gemacht. Und Philipp Amthor hat vor nicht einmal einem Jahr Deals mit dem US-IT-Unternehmen Augustus Intelligence gemacht: Lobbyarbeit gegen Aktienoptionen. Doch die Karriere des 28-Jährigen geht munter weiter. Er wurde von der CDU Mecklenburg-Vorpommern an die Spitze der Landesliste für die Bundestagswahl gewählt.
Dass dies ausgerechnet an dem Wochenende geschah, an dem die Maskenaffäre der Union endgültig um die Ohren flog, ist mehr als schlechtes Timing. CDU und CSU mangelt es schlicht an dem Bewusstsein, dass wirtschaftliche Interessen und Politik strikt voneinander zu trennen sind. Dazu passt, dass die Union seit Jahren wirkliche Fortschritte bei Lobby- und Transparenzregeln verhindert.
Es ist eine gefährliche Mischung, wenn sich politisches Versagen mit moralischem paart. Das gilt für die Politik insgesamt, die in der Demokratie auf grundsätzliches Vertrauen der Bevölkerung angewiesen ist.
Für die Union kann diese Mischung toxisch sein. Sie könnte der CDU und ihrem neuen Chef Armin Laschet, die bei den Landtagswahlen am kommenden Wochenende ohnehin auf Niederlagen zusteuern, diese vollständig verhageln. Das wird Auswirkungen auf das Superwahljahr haben. In der CDU macht sich gerade Panik breit. Sie ist berechtigt.
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