Masken, Greenpeace, „Bild“-Zeitung: Eigentore ohne Ende

Mitleid mit Jens Spahn – und andere Meinungen, die kein Mensch braucht. Der satirische Rückblick auf das Elend der vergangenen sieben Tage.

Gleitschirm mit Aufschrift "Greeanpeace, kick out oil" landet auf Fußallfeld

Ein Greenpeace-Gleitschirmspringer landete auf dem Münchner Spielfeld Foto: Alexander Hassenstein

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Die Vorstellung, Wolfgang Schäuble wechsle zur SPD.

Und was wird in dieser besser?

The right honorable Mr. Speaker John Bercow wechselt zu Labour.

Ein weiterer Maskenskandal: Der Rechnungshof kritisiert, Jens Spahn habe zu viele Schutzmasken gekauft. Eine Shoppingtour, die man im Nachhinein bereut kennen wir aber doch alle, oder?

Hey, aufhören jetzt! Spahn kam als Knallkonservativer ins Kabinett, damit Merkel ihn diszipliniert oder er sie absägt. Ich weigere mich, ständig Mitleid mit ihm zu haben.

Joe Biden und Wladimir Putin haben sich vertragen, die beiden Präsidenten schüttelten sich in Genf die Hände, Di­plo­ma­t:in­nen kehren zurück nach Russland und in die USA. Wer sollte sich als nächstes vertragen?

Bin erst mal beruhigt, dass die FAZ nichts dazu gelernt hat. „Das Verhältnis der alten westlichen Supermacht und der eurasischen Regionalmacht mit großem Nukleararsenal“ komme in ruhigere Gewässer, schreibt sie. Das Verhältnis dieser hierarchischen Idee zur Realität hat noch eine längere Seereise vor sich. Wie Russland zugleich eine „Regionalmacht“ und die „größte Bedrohung“ sein kann, wäre unterwegs zu klären. Biden vermied die für Putin toxische Beleidigung „Regionalmacht“, er vermied auch Schmuseattacken wie der peinliche Prahlhans Trump. Russland ringt nach Anerkennung, und wenn es die aus guten Gründen nicht bekommt, macht es halt Ärger wo es kann: Syrien, Ukraine, Belarus, selbst Iran und warum nicht Libyen. Bevor Biden einer künftigen Bundesregierung erklärt, wer Willy Brandt war, könnten wir mal von uns aus.

Greenpeace missglückte eine Aktion, bei der ein Gleitschirmflieger in das Münchner EM-Stadion herabsank. Nun will Friedrich Merz, dass die Gemeinnützigkeit von Greenpeace überprüft wird. Zu recht?

Über attac urteilte der Bundesfinanzhof 2019: „Wer politische Zwecke durch Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung verfolgt, erfüllt keinen gemeinnützigen Zweck.“ Wer hätte seither je wieder von zum Beispiel der Adenauer-Stiftung gehört? Campact und change.org verloren die Gunst der Behörden ebenfalls, selbst die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ musste um ihre Gemeinnützigkeit kämpfen. Die Greenpeace-Aktion war der dümmste Absprung über einem Stadion seit Jürgen W. Möllemann, und das schlimmste EM-Eigentor von allen. Wer sich so ausdauernd selber mit Wirtschaftskompetenz verwechselt wie Friedrich Merz, sollte trotzdem mal schauen, wie viele Unternehmen heute mit Greenpeace-Ideen Geld verdienen.

Tilo Jung und Rezo wollten ein Interview zwischen Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz für Twitch und Youtube streamen. Laschet sagte das Gespräch mit Rezo ab. Ist das für Sie nachvollziehbar?

Disclaimer: Meine Firma hat ein halbes Jahr dran gearbeitet. Bitte nicht nachfragen!

Mehr als 170 Banken und Sparkassen haben seit Jahresbeginn in Deutschland Negativzinsen eingeführt, zumeist bei Beträgen ab 100.000 Euro. Wie hoch ist ihr Mitleid mit den betroffenen Sparern?

Warum sollten nur die Kirchen eine private Steuer einziehen? Die Religionsgemeinschaft Bank darf das nun auch, eben als „Negativzins“ verschwurbelt. Bis in die 90er wurden einbehaltene Unternehmensgewinne höher besteuert als ausgeschüttete. Wer seine Firma leersaugte, wurde also steuerlich belohnt. Rot-Grün änderte das, und spätestens seit der Pandemie ist offensichtlich, dass Firmen Rücklagen brauchen. Oder abrauchen. Nun entsteht der gleiche Effekt, weil die Wirtschaft für Spargelder von den Banken bestraft wird. Dreisatz: Die zinspolitische Idee, Geld in Umlauf zu bringen, mag man teilen. Die Idiotie, Firmen für Rücklagen zu bestrafen, ist offensichtlich. Das Recht, wonach Banken nach Gutdünken eine Abgabe festsetzen und einziehen dürfen, ist antidemokratisch.

Laut Allensbachstudie haben 45 Prozent der Bür­ge­r:in­nen noch das Gefühl, ihre politische Meinung in Deutschland könne frei geäußert werden. Die Bild-Zeitung fragt ihre Leser:innen, was die sich nicht mehr trauen zu äußern und fordert sie dazu auf, sich zu filmen, während sie eben das sagen. Was würden Sie sich eventuell nicht trauen, hier dazu zu sagen?

Bei Psychosen soll man nicht frontal widersprechen. Das gilt offenbar auch für Psychotiker untereinander.

Und was machen die Borussen?

Erdal Keser wird 60. Er spielte, mit einer Pause bei Galatasaray, von '80 – '87 beim BVB und öffnete eine Tür.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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