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„Malle Antifa“ von Kommando InternetSmashhits gegen rechts

Das Kommando Internet bringt zehn Ballermannsongs für einen Partysommer mit Links. Sie sind unerträglich. Und unerträglich gut. Die rechte Ecke meckert.

Und jetzt alle! Das Cover des Albums „Malle Antifa“ (wahrscheinlich KI-generiert) Foto: Kommando Internet

Berlin taz | Der Sommer kann kommen. Zumindest musikalisch steht dem nichts mehr im Weg. Denn die ersten Sommerhits sind da. Und sie sind ein echter Knaller.

Zehn Kracher finden sich auf dem neuen Album von Kommando Internet mit dem wegweisenden Titel „Malle Antifa“. Auch Songtitel wie „Urlaub auf den Barrikaden“ oder „Deutsch mich nicht voll“ und natürlich „Sommer, Sonne, Antifa“ lassen keinen Zweifel, worum es hier geht. Die Eroberung der alkoholseligen Partyzonen an den Ballermännern dieser Welt durch linksradikales Tanzgut.

„Statt nem Cocktail Molotow / gibts heute hier den guten Stoff / wir zünden heute mal nichts an / nur den Club am Ballermann“, heißt es treffsicher in „Sonne, Sommer, Antifa“.

„Du kommst an, wir sind schon da / ANTIFA auf Sangria / Du singst Deutschland, Schalala / Bei uns tönt laut das ALERTA“, heißt es gleich in den ersten Zeilen des Auftaktsongs „Antifa auf Sangria“. Über herrlich stumpfen, aber ortsangebassten Stampfrhythmen treibt die Simpelmelodie die Masse der Hö­re­r:in­nen zum beherzten Mitgrölen.

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Man hat sie förmlich vor Augen, die völlig ekstatisch Bierhumpen schwenkenden Linkspartyralen bei ihrem Plenum am Strand. Und falls nicht, genügt ein Blick auf das Cover des Albums, auf dem offenbar durch Antifa-Sport gut trainierte Menschen mit orangenen Sturmhauben am Beach posieren.

Zehn Songs umfasst das Album, die ohne Pause Regenbogenfahnen besingen, in denen sich Demokratie auf trans und bi reimt. Und Che Guevara kommt auch vor. Sogar seine Mutter. Die Musik dazu ist unerträglich. Aber in diesem Zusammenhang unerträglich gut.

Beworben wird das Album bisher vor allem von den Netz­ak­ti­vis­t:in­nen „Aktivistmuss“, die sich einst als „Hooligans gegen Satzbau“ einen Namen gemacht hatten – mit ebenso schlagkräftiger wie treffsicherer Ironie gegen die extreme Rechte. Aus diesem Haus stammt zum Beispiel die in der Szene beliebte ANTIFAmily Card, mit der man so wunderbar einfach sein staatlich finanziertes Demogeld ausgeben kann. „Oh nein, oh nein / Das Demogeld ist alle / Was machen wir denn da? / Na klar! Demo auf Malle“, heißt es folgerichtig nun in „Demo auf Malle“.

Zeitgenössisches Musikgut dank KI

Das zeitgenössische Musikgut stammt also aus der gleichen Ecke – und es kommt in schneller Folge. Denn das Kommando Internet (KI) ist Dank KI (Kommando Internet) offenbar in der Lage, ein Album nach dem anderen rauszuhauen.

Das Album

„Malle Antifa“ von Kommando Internet gibt es bei den gängigen Streamingplattformen und zum Download bei bandcamp.

Im August 2024 erschien mit „Was für eine Zeit“ eine erste Sammlung von 20 Songs, die sich aber mit fast noch ernsthaft klingender Schlagerlyrik über Alice mokierten. Das hätte vielleicht für die Teilnahme am ESC gereicht. Aber die Musikstile gingen hier noch wahllos durcheinander. Bei „Fck die Afd“ wurde in üblicher Demoparolenhaftigkeit gehiphopt, dass man die Ironie dahinter schon richtig hart suchen musste.

Musikalisch ähnlich durcheinander ging es beim zweiten Album „Sicher gibt es bessere Zeiten, doch diese können wir ändern“, das schon im September rauskam. Seither sind über 20 Alben, EPs und Singles neu erschienen. Eine hieß, „Du kannst nicht Kanzler! Ein Song für Friedrich Merz.“ Ein anderer Song widmete sich Donald Trump.

Doch erst mit dem Anfang Mai rausgeballerten Album „FcKAfD Dance-Party“ fand das Kommando Internet zu seiner eigentlichen Stärke: Konzeptalben gegen Nazis. Die von Ultrafans liebevoll „FDP“ genannte Platte enthält eigentlich nur einen Song mit endlos wiederholten Zeilen: „Die AfD ist rechtsextrem / Rechtsextrem, rechtsextrem / Jetzt können es alle seh’n / Diese Nachricht ist echt schön / Wir woll’n sie bald verboten seh’n / Und niemand sollte Nazis wähl’n“.

Nur zwei Tage nachdem der Bundesverfassungsschutz zu dieser naheliegenden Erkenntnis gekommen war, veröffentlichte das Kommando Internet seine 16 Songs mit den immer gleichen Zeilen – aber in 16 Varianten. Mal als „Sing mit Mix“ vom HardChor der Vielfalt. Mal als „DiscoPop“ von DJ Bassbunt. Aber auch – man ist ja weltoffen – als „Truppenmarsch“ der Partisanenkapelle Widerstand oder ganz wunderbar geblasen als „Berg-Polka“ von Wadlbeißer & die Weltoffenen.

Das nun nur drei Wochen später erschienene Album „Malle Antifa“ schließt da nahtlos an. Auch wenn das Konzept hier umgedreht wurde. Diesmal geht es musikalisch in einem Stampf durch, dafür werden auf der Textebene alle möglichen Varianten antifaschistischer Ballermannlyrik durchgespült.

Recht aufgeregte rechte Ecke

Das ist ein echter Aufreger. „Es ist so unfassbar lustig, wie dieser Antifa-Malle-Unsinn die Blauzis triggert“, schreibt Aktivistmuss auf Facebook. Die Kommentare dort sind tatsächlich einschlägig. Die Mu­si­ke­r:in­nen werden als „Feiglinge und Weicheier“ beschimpft, weil sie auf dem Cover vermummt sind. Sie seien „ein erbärmlicher Haufen“, „gestört und scheisse“ und der Ruf nach „sofort ab ins Arbeitslager“ fehlt natürlich auch nicht, wenn Rechte sich extrem auf den Schlips getreten fühlen.

Alles, was linksgrünvergnügt ist, kann sich aber jetzt schon auf die Stampfbeats aus den Megaboxen bei der nächsten Antifa-Demo freuen.

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14 Kommentare

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  • Die 'Malle-Musi' ist so gar nicht nach meinem Geschmack, aber zur Freiheit der Kunst gehört es auch, mit Saufschlagern der rechtsextremen AfD und anderen Gleichgesinnten ans Bein zu pissen.

  • Die Idee ist schon älter... Aber immer noch richtig :)

    youtu.be/Mvlw_tZpa...i=aL8pvUkOqoeGM6iE

  • Genau so muss man's machen! Super! Uropa Gramsci wäre begeistert und ich auch. Teilen, teilen, teilen!

  • DAS ist sehr lustig!



    Schön, dass es Menschen gibt, die sich mal was Neues einfallen lassen!



    Normalerweise höre ich bei Ballermann Hits gerne weg, doch jetzt ist das anders.



    Ich glaube sowieso an die Kraft von Spaß und Ironie.



    Es ist weniger wahrscheinlich, Jugendliche durch langatmige Vorträge zu überzeugen, als durch Partymusik.



    Ich hatte schon im vergangenen Sommer auf eine adäquate musikalische Antwort gegen rechte Rhythmen gehofft.



    Es ist nicht sehr zielorientiert, derartigen Entwicklungen mit moralisierenden Ermahnungen zu begegnen.



    Sommer, Sonne, Antifa ist hingegen die richtige Antwort !



    Danke, Kommando Internet!



    Und - ja eine derartige Performance auf dem ESC wäre auch eine Bereicherung 😉!

  • Ich fasse mal schnell die Kommentare zusammen: Linke dürfen keinen Spaß haben, sondern müssen sich im nächsten Plenum mit der Hegel-Exegese beschäftigen.



    Ach, und der Hans heißt Hanns - soviel Pedanterie muss dann schon sein.

  • Weiß jetzt nicht, was ich davon halten soll.

    Malle Antifa schön und gut, aber wird Malle nicht für Sauftourismus genutzt? Und wer links ist, der will nicht feiern oder sein Leben genießen, weil das immer zu Lasten der einheimischen Bevölkerung oder zu Lasten des Klimas geht (nach Malle fliegen), sondern verpflichtet sich zu verzichten und zu schützen. Da passt das Konzept Malle einfach nicht.

  • Na. Wers mag. Wie gut, dass es unterschiedliche geschmäcker gibt.

  • Und auf Malle soll die AfD bekämpft werden? Dann lieber den linksradikalen Schlager der Missglückten Welt, da darf Liedtext ein bisschen Inhalt haben statt KIgeneriert..

    • @TV:

      Swiss und die andern sind weder linksradikal, noch haben sie Inhalt. Genauso wie diese Kommando Internet Aktion.



      Da geht's darum, vor allem jungen, Punks das Geld aus der Tasche zu ziehen.

      • @Piratenpunk:

        Das Zielpublikum ist pubertierend, streamt das und hat nun potenziell etwas für die Party-Playliste, das genauso grottenschlecht, nicht aber dazu auch noch strunzdumm oder reaktionär ist.

        Dass auch kritische Leute doch tatsächlich Geld brauchen, um im Kritisierten Obdach, Nahrung und KV zu haben ist auch so ein gerne hingeworfenes Null-Argument. Wer im Erbärmlichen nicht das Ideale lebt, kann ja nur ein Imposter sein, deswegen umarmen rechtse Kerle dann konsequent das Erbärmliche als wäre es Naturgesetz. Da muss man auch nicht groß denken, um sich zu Widersprüchen zu verhalten. Die existieren einfach parallel und sind alle gleichzeitig gültig. Wie schön. Einen Eimer Sangria, bitte. Mit Einfüllstutzen..

  • Ernsthaft? Die Idee, das sich mit Hilfe von Pop-Musik mit linken Texten linke Inhalte ins herrschende Bewusstsein schmuggeln lassen könnte, war doch schon Reinfall genug.

    Aber immerhin wurde dabei zumeist auf Pop-Musik zurück gegriffen, deren Aufbau und Instrumentierung weder zur Bierzelt-Schunkelei noch zur Pogrombegleitung geeignet sind. So lassen sich auch bemüht politische, und daher musikalisch eher unpassende Texte rezipieren, ohne dass man das Kotzen kriegt. Wenn man sich nun aber nicht einmal mehr der Tricks der kulturindustriellen Differenzproduktion bedient, sondern sich direkt die Identitätsgesten des Schlagers aneignet ,entfällt auch noch das.

    Und nein, das bedeutet nicht, dass man demnächst auf jedem Schützenfest Antifa-Schlager gröhlen wird. Auch hier wird die Volksseele wie auch beim Wählen in der Lage sein, Original und Fälschung zu unterscheiden. Von der Sorte Ästhetisierung der Einfalt gibt es schon viel zu viel, als das die DJs gezwungen sein könnten, auf die Antifa-Variante zurück zu greifen.

  • Echt jetzt? "Swizz und die anderen" warfen 2021 ihren "linksradikalen Schlager" in die Welt, der immerhin bissig ist und von Mutter Erde bis zur Kriegswende in Stalingrad den Bildungskanon tanzbar abklappert. Aber das hier? Ich bemüh mich frei nach Adorno in anderen Malleschlagern ja noch was emanzipatorisches zu finden, aber diese braven, biederen Stimmen der Ikea-Antifa laden eher ein, der nächsten Demo fernzubleiben. Ansteigende Masse wird nach Hegel irgend zur neue Qualität, was soll das werden, wenn das garantiert gewaltfreie Barrikadenbauen zum Trend wird?

    "Sie haben uns ein Denkmal gebaut und jeder Vollidiot weiss, dass das die Liebe versaut" hielten "Wir sind Helden" mal dagegen. Schade, dass aus der Enkelgeneration von Hans Eisler, Hannes Wader u.v.a. so ein Absturz kommt. Ich war nie auf dem Ballermann und würde auch nicht in die Bar von Holger Apfel wollen, aber wieso sollte der Ballermann politisiert werden? Klingt wie die Politisierung der Hobbykeller, und ist irgendwie auch nicht so organisch. Kerstin Ott macht bestimmt mehr für die Leute, vor allem sieht sie bestimmt noch Individuen, statt dieser Antifas die nur Gruppenzugehörigkeit predigen. Schade!

  • Gerade mal reingehört: ist genau der gleiche lieblose Rotz wie jedes andere Ballermann/Schlager-Lied auch. Nur weil Antifa drauf steht und ein paar Seitenhiebe gegen rechts dabei sind macht es das nicht besser. Es ist Musik zum besoffen rumgröhlen, nicht mehr und nicht weniger. Dass sich die Antifa auf Ballermann-Niveau herablässt, naja, ich weiß nicht was ich davon halten soll.

  • Bitte die Worte neu sortieren. Der Song heißt "Sommer, Sonne, Antifa."