Malis Wahl geht in die zweite Runde: Fragwürdige Wahlergebnisse
Nach einer sehr geringen Wahlbeteiligung steht in Mali eine Stichwahl an. Die Opposition bezweifelt die Echtheit der Ergebnisse.
taz | Soumaïla Cissé lässt auf sich warten. Eine Stunde zu spät tritt Malis Oppositionsführer am Freitagmittag auf die für ihn aufgebaute Bühne im Stadtteil ACI2000 in Malis Hauptstadt Bamako. Der Versuch, vor etwas über 100 Anhängern Stimmung zu machen, misslingt. Am Vorabend ist bekannt geworden, dass der 68-jährige Oppositionsführer zwar am 12. August in eine Stichwahl gegen Präsident Ibrahim Boubacar Keïta (IBK) geht. Doch hat Cissé bloß 17,8 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang letzten Sonntag erhalten.
IBK kam auf 41,42 Prozent. Bei gut 1,3 Millionen Stimmen hat aber auch der Amtsinhaber rein rechnerisch weniger als 8 Prozent aller Einwohner Malis hinter sich. Die Wahlbeteiligung lag lediglich bei 43 Prozent.
Verkündet wurden diese Ergebnisse sehr überraschend am Donnerstagabend. In Mali gingen alle von Freitag aus. Doch plötzlich hieß es: Um 20 Uhr werden sie über das Staatsfernsehen verkündet. Kaum jemand war vorbereitet. Vor Cissés Wahlkampfzentrale standen nur ein paar Dutzend fassungslose Anhänger.
Als die Musik aus ist, gibt Cissé von der Bühne in Bamako seine Erklärung ab. „Die Regierung hat alles getan, um die Entscheidungsfreiheit der Menschen zu unterbinden. Die Ergebnisse sind weder glaubhaft, noch entsprechen sie dem Willen der Bevölkerung. Es sind die Ergebnisse von Fälschungen. Wir akzeptieren sie nicht.“
Obwohl Beobachter den ersten Wahlgang positiv beurteilt haben, mehren sich nicht nur unter Oppositionspolitikern die Manipulationsvorwürfe. In Bamako heißt es, dass am Abend vor der Wahl in Dörfern viel Geld verteilt wurde: Stimmenkauf. Handfeste Belege gibt es nicht. Die Skepsis bleibt aber auch deshalb groß, weil Detailergebnisse – etwa eine Aufschlüsselung nach Wahlbüro – fehlen.
„Das Lager derjenigen, die den Wechsel wollen, hat noch immer die Mehrheit“, sagt Cissé. Kraftvoll klingt das nicht.
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