Macrons Rentenarchitekt tritt zurück: Unvermeidlicher Rücktritt
Jean-Paul Delevoye muss gehen, weil er Nebeneinkünfte verschwieg. Das ist eine moralische Niederlage.
Der Aufstand gegen Macrons Rentenreform ist gewaltig Foto: Rafael Yaghobzadeh/ap/dpa
Wie immer in Frankreich müssen Köpfe rollen (zum Glück heutzutage bloß noch symbolisch), wenn nichts mehr geht und sich keine Lösung abzeichnet. Der Rücktritt von Jean-Paul Delevoye aus der französischen Regierung ist darum keine Überraschung. Er wurde erwartet, nachdem bekannt geworden war, dass Macrons Rentenexperte es mit seiner Pflicht zur totalen Transparenz nicht so genau genommen hatte. Er hatte offenbar diverse Nebentätigkeiten und Mandate nicht offiziell angegeben.
Delevoye selbst wollte dies zuerst als kleines „Versäumnis“ entschuldigen, rang sich aber nach mehreren Tagen und neuen Medienenthüllungen durch, eine „sträfliche Leichtfertigkeit“ einzuräumen. Mit seinem Schritt, so sagte er, wolle er vermeiden, dass der Wirbel um seine Person, die Regierung im Streit um die Rentenreform, die er selber demnächst vor dem Parlament verteidigen sollte, belasten würde.
In der französischen Politik heißt es in solchen Fällen, da sei „eine Sicherung durchgebrannt“, wenn ein Politiker geopfert wird, um den ganzen Rest vor einem Kurzschluss oder einem Brand zu bewahren. Katastrophal ist dieser unvermeidlich gewordene Rücktritt für die Staatsführung in der gegenwärtigen Entscheidungsphase des Konflikts mit den Gewerkschaften trotzdem.
Zwar können die DemonstrantInnen am nationalen Aktionstag nun nicht mehr rufen „Delevoye – Démission!“, denn seinen „Kopf“ können sie bereits als Trophäe betrachten. Doch mit dem peinlichen Abgang des „Monsieur Rentenreform“ fehlt der Regierung der Mann, der das Dossier besser als alle kannte und der auch von den Gewerkschaften bisher als Chefunterhändler anerkannt und als Gegner respektiert worden war.
Im Seilziehen mit den ReformgegnerInnen muss die Regierung nun eine moralische Niederlage einstecken, die ihre Position nur schwächen kann. Denn letztlich wird der Kampf in der öffentlichen Meinung entschieden. Wer kann es den Gewerkschaften da vorwerfen, wenn sie Delevoyes „Vergesslichkeit“ nun auszuschlachten wollen, um dessen Rentenform in den Mülleimer der Geschichte zu kippen?
Macrons Rentenarchitekt tritt zurück: Unvermeidlicher Rücktritt
Jean-Paul Delevoye muss gehen, weil er Nebeneinkünfte verschwieg. Das ist eine moralische Niederlage.
Der Aufstand gegen Macrons Rentenreform ist gewaltig Foto: Rafael Yaghobzadeh/ap/dpa
Wie immer in Frankreich müssen Köpfe rollen (zum Glück heutzutage bloß noch symbolisch), wenn nichts mehr geht und sich keine Lösung abzeichnet. Der Rücktritt von Jean-Paul Delevoye aus der französischen Regierung ist darum keine Überraschung. Er wurde erwartet, nachdem bekannt geworden war, dass Macrons Rentenexperte es mit seiner Pflicht zur totalen Transparenz nicht so genau genommen hatte. Er hatte offenbar diverse Nebentätigkeiten und Mandate nicht offiziell angegeben.
Delevoye selbst wollte dies zuerst als kleines „Versäumnis“ entschuldigen, rang sich aber nach mehreren Tagen und neuen Medienenthüllungen durch, eine „sträfliche Leichtfertigkeit“ einzuräumen. Mit seinem Schritt, so sagte er, wolle er vermeiden, dass der Wirbel um seine Person, die Regierung im Streit um die Rentenreform, die er selber demnächst vor dem Parlament verteidigen sollte, belasten würde.
In der französischen Politik heißt es in solchen Fällen, da sei „eine Sicherung durchgebrannt“, wenn ein Politiker geopfert wird, um den ganzen Rest vor einem Kurzschluss oder einem Brand zu bewahren. Katastrophal ist dieser unvermeidlich gewordene Rücktritt für die Staatsführung in der gegenwärtigen Entscheidungsphase des Konflikts mit den Gewerkschaften trotzdem.
Zwar können die DemonstrantInnen am nationalen Aktionstag nun nicht mehr rufen „Delevoye – Démission!“, denn seinen „Kopf“ können sie bereits als Trophäe betrachten. Doch mit dem peinlichen Abgang des „Monsieur Rentenreform“ fehlt der Regierung der Mann, der das Dossier besser als alle kannte und der auch von den Gewerkschaften bisher als Chefunterhändler anerkannt und als Gegner respektiert worden war.
Im Seilziehen mit den ReformgegnerInnen muss die Regierung nun eine moralische Niederlage einstecken, die ihre Position nur schwächen kann. Denn letztlich wird der Kampf in der öffentlichen Meinung entschieden. Wer kann es den Gewerkschaften da vorwerfen, wenn sie Delevoyes „Vergesslichkeit“ nun auszuschlachten wollen, um dessen Rentenform in den Mülleimer der Geschichte zu kippen?
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Schwerpunkt Emmanuel Macron
Kommentar von
Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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